Hamburg. Die Zahl der Spezialeinsätze im letzten Jahr sorgte für Rekorde im Polizei-Lagezentrum in Hamburg. Ein Einsatz dauerte vier Tage.
Im vergangenen Jahr wurde der Führungsstab der Polizei Hamburg, kurz FüSt-P, zu 31 Einsätzen aufgerufen. In den meisten Fällen waren es geplante Anlässe, bei der die höchste Einsatzleitung in Aktion trat. Mehrfach mussten im Jahr 2023 aber auch Ad-hoc-Lagen bewältigt werden. „Das Jahr 2023 war bislang das Jahr mit den meisten FüSt-P-Einsätzen“, so Polizeisprecherin Nina Kaluza. Um die 30 Beamte, darunter Experten wie Juristen oder Verbindungsleute zu anderen Behörden oder Institutionen, sind dann in dem großen Lageraum im Polizeipräsidium versammelt.
Es waren drei aktuelle Einsätze, deretwegen der Führungsstab der Polizei vergangenes Jahr zusammenkam. Als im März Amokläufer Philipp F. im Gemeindehaus der Zeugen Jehovas gezielt Mitglieder der Gemeinde tötete, wurde der Führungsstab ebenso zusammengerufen wie bei der Geiselnahme am Flughafen Anfang November, bei der ein psychisch gestörter Mann (35) seine vier Jahre alte Tochter entführte, auf das Vorfeld in Fuhlsbüttel raste und die Ausreise in die Türkei erzwingen wollte. Während der Geiselnahme koordinierte der Führungsstab den Einsatz von etwa 920 Beamten, darunter Bundespolizei oder Spezialeinheiten aus anderen Bundesländern, die, wie bei allen Großeinsätzen, in verschiedene Einsatzabschnitte aufgeteilt sind.
Polizei Hamburg: Amoklauf, Bedrohung an Schule und Geiselnahme als Ad-hoc-Einsätze
Ein paar Tage später, am 8. November, musste der Führungsstab erneut ungeplant zusammengerufen werden, als es an der Stadtteilschule Blankenese eine Bedrohungslage gab. Dort war eine Lehrerin vor versammelter Klasse mit einer Schusswaffe bedroht worden. Danach verbarrikadierten sich Schüler und Lehrer aller Klassen in den Räumen. Die Polizei durchsuchte das Gebäude nach den Tätern, die, wie sich später und nach einer vergleichbaren Tat noch am selben Tag in der Schule an der Frahmstraße herausstellte, mehrere Kinder und ein Jugendlicher waren. Der Einsatz von rund 400 Beamten wurde damals vom Führungsstab koordiniert.
Es müssen aber nicht unbedingt „Kriminalfälle“ sein, damit der Führungsstab zusammenkommt. Auch zum Tag der Deutschen Einheit, der 2023 zentral in Hamburg begangen wurde, zum Besuch von König Charles und während der deutsch-französischen Regierungskonsultationen wurde der dazugehörende Polizeieinsatz vom Führungsstab geleitet.
Sportliche Ereignisse, wie der Ironman-Triathlon oder die Cyclassics, waren ebenfalls „Fälle“ für den FüSt. Bei Fußballspielen tritt der Führungsstab immer dann zusammen, wenn es sich um besonders problematische Begegnungen, sogenannte Risikospiele, handelt, zu denen ein großes Polizeiaufgebot, in der Regel auch Hundertschaften aus anderen Bundesländern, eingesetzt wird.
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Die Zusammensetzung des Führungsstabes variiert dabei und ist dem Einsatz angepasst. Bei Demonstrationen oder möglichen spontanen Kundgebungen, wie während des Verbots von pro-palästinensischen Aktionen kurz nach Ausbruch des Gaza-Konfliktes, sind unter anderem Mitarbeiter der Versammlungsbehörde im Führungsstab vertreten. Regelmäßig ist auch ein Verbindungsbeamter zur Feuerwehr dabei, wenn es größere Einsätze gibt.
Ebenso regelmäßig sind Juristen der Polizei oder Mitarbeiter der Hochbahn „mit im Boot“. Beamte der Verkehrsdirektion sind ebenfalls regelmäßig im Führungsstab dabei, weil in der Regel große Einsätze auch mit umfangreicheren Verkehrsbeschränkungen in der Stadt verbunden sind.
Polizei Hamburg: Zusammensetzung des Führungsstabes variiert nach Anlass
Zum festen Bestandteil im Führungsstab gehören Polizisten, die die zahlreichen Aufnahmen von Kameras koordinieren, auch aus dem Polizeihubschrauber. Die Bilder werden auf den großen Bildschirmen im Führungsstab übertragen. Immer dabei ist auch ein Team, das das Verschieben von Einsatzkräften koordiniert. Gesetzt ist auch die Pressestelle, die bei Lagen des FüSt einen Beamten dort als Ansprechpartner für Medien in dem großen Lageraum hat.
Die meisten Einsätze des Führungsstabes sind innerhalb eines Tages bewältigt. In vier Fällen wurde der FüSt im vergangenen Jahr für mehrere Tage aufgerufen. Gleich vier Tage dauerte der FüSt-Einsatz anlässlich der Triathlon-WM vom 13. bis 16. Juli. Zwei Tage war der FüSt zum Tag der Deutschen Einheit Anfang Oktober, während der deutsch-französischen Regierungskonsultationen wenige Tage später und bei der Geiselnahme am Flughafen Hamburg am 4. und 5. November aufgerufen.
Erstmals übernahm der Führungsstab im vergangenen Jahr die Gesamteinsatzleitung auch zu Halloween. In den Jahren zuvor hatte sich das Kinderfest in Hamburg als Ereignis herauskristallisiert, das von einigen Krawallmachern genutzt wird, um Ausschreitungen zu begehen.