Hamburg. Falk Schnabel will die Ermittler bei der Bekämpfung der Kinderpornografie entlasten. Wie es am Hansaplatz weitergeht.
Die Bilder sind entsetzlich. Männer, die Mädchen vergewaltigen, Frauen, die sich an kleinen Jungen vergehen. Durch Tausende solcher widerwärtigen Aufnahmen müssen sich Fahnder der Polizei quälen, wenn es ihnen gelungen ist, wieder einen Pädophilenring zu sprengen. Das belastet die Ermittler stark und ist zugleich allein durch die Menge an Daten extrem zeitintensiv. Hamburgs Polizeipräsident Falk Schnabel plant, die Fahnder durch den Einsatz künstlicher Intelligenz zu entlasten. Der 55-Jährige im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt.
Im Moment ist oft die Rede davon, wie der Einsatz von künstlicher Intelligenz unser Leben verändern wird. Wie ist es denn mit der Arbeit der Polizei. Wo ist hier der Einsatz von KI denkbar?
Im Bereich Cybercrime und insbesondere dort, wo wir große Datenmengen auswerten müssen, kann die Unterstützung durch KI sinnvoll sein. Beispielsweise im Bereich der Kinderpornografie. Die Kolleginnen und Kollegen müssen teilweise unglaubliche Mengen an Bildern sichten und auswerten. Das ist höchst belastend und auch nicht jedem dauerhaft zumutbar.
KI wird uns keine Entscheidung abnehmen, aber sie kann uns perspektivisch die Arbeit erleichtern, indem sie etwa eine Vorprüfung auf bereits bekanntes Material vornimmt. Die Entscheidung, ob es sich um ein kinderpornografisches Bild handelt oder ein normales Foto aus dem Urlaub wird aber auch zukünftig immer noch ein Mensch treffen müssen.
Kinderpornografie-Täter sind oft untereinander vernetzt, stellen Fotos und Filme selbst her und tauschen sie aus. In diesen Ermittlungsverfahren ist besonders wichtig, dass möglichst schnell klar ist, ob die sichergestellten Bilder schon in anderen Verfahren aufgetaucht sind oder ob sie neu sind und ein Kind möglicherweise aktuell Opfer andauernder sexueller Gewalt ist. Da müssen wir schnell sein. Dabei erhoffe ich mir von der KI Unterstützung.
Polizei Hamburg: KI für intelligente Videobeobachtung am Hansaplatz
Die Bekämpfung der Kinderpornografie war ein Beispiel. Wo kann der Einsatz von künstlicher Intelligenz noch sinnvoll sein?
Ein anderes Beispiel für den Einsatz von zukunftsfähiger IT ist die intelligente Videobeobachtung am Hansaplatz in St. Georg. Sie kann beitragen, zielgerichtet kritische Situationen zu erkennen und die Kolleginnen und Kollegen darauf aufmerksam zu machen. Auch hier wird aber die Bewertung am Ende immer nur ein Mensch vornehmen können. Die Ergebnisse unserer Erprobung zeigen jedenfalls großes Potenzial dieser Technologie.
Das getestete System funktionierte für die Struktur des Hansaplatzes und hat während der Testphase elf polizeilich relevante Sachverhalte detektiert, auf die Einsatzkräfte unmittelbar reagieren konnten. In einem Fall ereignete sich beispielsweise eine gefährliche Körperverletzung durch einen Tritt gegen den Kopf. Obwohl sich die Tat zur Tageszeit ereignete und auf dem Hansaplatz reger Publikumsverkehr herrschte, wurde die Polizei nicht mittels Notruf informiert, sondern lediglich durch die intelligente Videobeobachtung auf den Vorfall aufmerksam gemacht.
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Der Mehrwert, nämlich die frühzeitige Erkennung von Gefahrensituationen inklusive schneller polizeilicher Intervention, kann nach Abschluss des Testbetriebs als gegeben angesehen werden. Wir wollen die Technologie nun gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut weiterentwickeln und prüfen mögliche weitere Einsatzorte.