Itzehoe. Augenzeugen der Tat beschreiben Ibrahim A. als „emotionslos“ und „ferngesteuert“. Verteidiger stellt Schuldfähigkeit in Frage.
Im Prozess um die tödliche Messerattacke im Regionalzug von Kiel nach Hamburg haben am Dienstag weitere Augenzeugen ausgesagt. Sie beschrieben den mutmaßlichen Doppelmörder Ibrahim A. zum Tatzeitpunkt als „emotionslos“, „wie unter Drogen“, „ferngesteuert“ und „wie ein Zombie“.
Die Schilderungen der Zeugen vor dem Itzehoer Landgericht zeigten nach Angaben des Verteidigers Björn Seelbach zugleich deutlich, wie unterschiedlich in den Details das schreckliche Geschehen im Bahnhof Brokstedt wahrgenommen wurde.
Brokstedt: Augenzeigen schildern schrecklicken Angriff von Ibrahim A.
So habe etwa ein älterer Fahrgast ausgesagt, dass er zunächst seinen Trolley-Koffer auf den Angeklagten warf, um damit dessen letzten Messerangriff zu stoppen. Als dies ohne die erhoffte Wirkung blieb, habe der Mann demnach noch mit seiner Laptoptasche etliche Male auf den damals 33 Jahre alten staatenlosen Palästinenser eingeschlagen. Erst dann habe der das Messer fallengelassen und aufgegeben.
Ein durch die Attacke schwer verletzter junger Mann hatte am Prozesstag zuvor berichtet, er habe beide Arme des heftig auf ihn einstechenden Angeklagten mit seinen Händen so lange festgehalten, bis der Angreifer das Messer verlor.
„Dies zeigt, wie individuell unterschiedlich Zeugen das Geschehen wahrnehmen und erinnern“, sagte Seelbach. Das Gericht will noch rund 100 Zeugen zum Geschehen und aus dem Umfeld des Angeklagten hören, um sich ein eigenes Bild machen zu können.
Brokstedt: Ibrahim A. tötete junge Menschen im Zug
Ibrahim A. muss sich wegen zweifachen Mordes und vierfachen Mordversuchs verantworten. Ihm wird vorgeworfen, am 25. Januar dieses Jahres im Regionalzug mit einem Küchenmesser zwei Menschen im Alter von 17 und 19 Jahren getötet und vier weitere Menschen schwer verletzt zu haben.
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Der Verteidiger geht davon aus, dass der mutmaßlich psychisch kranke Angeklagte zum Tatzeitpunkt einen psychotischen Schub erlitt, und stellt dessen Schuldfähigkeit in Frage. Er will die vorläufige Unterbringung des Angeklagten in der Psychiatrie statt in der Untersuchungshaft erreichen. Das Gericht lehnt das bisher ab.