Hamburg. Start-ups präsentieren beim Food Innovation Camp Gastro-Neuheiten – und Ralf Dümmel ist auch dabei. Die wichtigsten Trends.

Um nicht weniger als „die Zukunft der Ernährung“ ging es auf dem Food Innovation Camp in Hamburg. Das zumindest meint Sina Gritzuhn, Initiatorin und Geschäftsführerin der Start-up-Messe. Hier präsentierte die deutsche Start-up-Gastronomieszene die neuesten Foodtrends und stellte ihre kulinarischen Innovationen zur Diskussion. Das lockt auch prominente Vertreter aus Fernsehen, Politik und Wirtschaft in die Handelskammer. Vorneweg die Ur-Grüne und frühere Landwirtschaftsministerin, die Bundestagsabgeordnete Renate Künast, sowie TV-Investor und Multimillionär Ralf Dümmel.

Gastronomie Hamburg: Ein Hauch von „Höhle der Löwen“ in der Handelskammer

Für Ralf Dümmel ist die Messe ein Heimspiel. Mit Handschlag begrüßt der Juror in der Investorenshow „Die Höhle der Löwen“ an jedem zweiten Stand Gründer, die er mit Vornamen kennt – und sie kennen ihn. Von links kommt eine junge Gründerin und fragt, ob er Zeit für einen kurzen „Pitch“ habe, von rechts drängen zwei junge Männer mit der Bitte um ein Selfie mit Dümmel. Beides bejaht er.

Während sich Ex-Ernährungsministerin Renate Künast (Grüne) brav durch die Ausstellungshalle führen lässt, taucht der TV-Investor immer wieder an einzelnen Ständen ab – ein Handschlag hier, eine Kostprobe da und „Hey, wir reden später noch mal.“

Bei 90 teilnehmenden Start-ups kommt man da kaum zur Ruhe. Die Bandbreite reicht von absoluten Neugründungen bis hin zu mittlerweile bereits etablierten Unternehmen im Bereich Ernährung. Die Organisatoren haben sich in der fünften Auflage der Messe mächtig ins Zeug gelegt, um den Fachbesuchern, Ausstellern und Wirtschaftsvertretern ausreichend Platz zum Werben und Austauschen zu bieten.

Gründer von Food-Start-ups bekommen direktes Feedback von Expertinnen

Neben den Ausstellungshallen und Diskussionspanels bietet die Messe eine „Pitch“-Bühne, wo Gründer ein direktes Feedback von Experten aus der Start-up-Welt erhalten sowie ein „Matchmaking“, bei dem Gründer und Entscheider aus der Wirtschaft zueinanderfinden sollen. Auf der Dachterrasse zeigen Sterneköche, was sich aus den Produkten der Gründer zubereiten lässt.

Grünen-Politikerin Renate Künast informiert sich an einem Stand über vegane Produkte.
Grünen-Politikerin Renate Künast informiert sich an einem Stand über vegane Produkte. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Welche Produkte beeindrucken die beiden Promis am meisten? Renate Künast lässt sich von dem veganen Pancake-Rührpulver von „reoat“ überzeugen, insbesondere aber von den besonders jungen Gründerinnen zeigt sie sich beeindruckt. Derweil stimmt Ralf Dümmel mit den Füßen ab und begibt sich zu „Iss doch Wurscht“ einem Currywurst-Start-up, in das er bei „Die Höhle der Löwen“ selbst investiert hat.

Ein Currywurst-Stand trotzt dem Trend zum fleischlosen Essen

Der Currywurst-Stand ist allerdings ein seltener Anblick auf dem Food Innovation Camp, wo der Trend in diesem Jahr vor allem bei Fleisch- und Käseersatz-Produkten liegt. Eine Entwicklung, die sich schon in den vergangenen Jahren abzeichnete und sich verstärkt. Die Gründer müssen hierbei vor allem dem wählerischen Verbraucher gerecht werden, der immer höhere Anforderungen an die Ersatzprodukte stellt.

Der vegane Käse soll nämlich nicht nur nach Mozzarella schmecken, er soll auch genauso beim Backvorgang auf der Pizza zergehen, erzählt Fatoumata Camara von Monderella. Gleichzeitig verlangen die Kunden aber so wenig zusätzliche oder gar ungesunde Inhaltsstoffe wie möglich. Und bezahlbar soll das alles natürlich auch sein – es gleicht einem schwierigen Balanceakt.

„Bluu Seafood“ züchtet Fischfleisch im Bioreaktor

So nahe am Original sein wie nur möglich, das möchte auch „Bluu Seafood“. Das Start-up ist das erste Unternehmen, das sich auf die kommerzielle Herstellung von zellbasiertem Fisch spezialisiert hat (aus Fischzellen produziertes Fischfleisch, das im Bioreaktor gezüchtet wird) und soll gleichzeitig eine Antwort auf die enorme Überfischung der Weltmeere geben. Etwa 90 Prozent der Fischbestände gelten laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen als maximal befischt oder überfischt – und zellbasierter Fisch habe das Potenzial, einen großen Teil der Menschheit zu ernähren, erklären die Unternehmer, die im Paneltalk ihre Expertise zur Ernährungswende preisgeben.

Mit dabei in der Handelskammer: Jochen Vogel Geschäftsleitung Rewe-Nord, Veranstalterin Sina Gritzuhn, Renate Künast (Die Grünen), Matthias Rilling von Chefs Culinar, und Ralf Dümmel (v. l.).
Mit dabei in der Handelskammer: Jochen Vogel Geschäftsleitung Rewe-Nord, Veranstalterin Sina Gritzuhn, Renate Künast (Die Grünen), Matthias Rilling von Chefs Culinar, und Ralf Dümmel (v. l.). © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

In puncto Nachhaltigkeit wollen auch die Gründer von „grainmade“ mit einer veganen Bolognese-Sauce überzeugen. Das Besondere an dieser Sauce ist, dass sie auf Basis von Biertreber zubereitet wird, ein Nebenprodukt, das bei der Herstellung von Bier entsteht.

Gastronomie Hamburg: süße Riegel mit wenig Zucker

Für die Gründer ist die Messe vor allem Geschäft. Es gilt, auf dem schwer umkämpften Markt Einkäufer der großen Ketten zu überzeugen. In Anbetracht der 90 Aussteller ist die Konkurrenz denkbar groß. Eine junge Gründerin geht mit Kuchen im Schokoriegel-Format an den Start, die sich als Beilage in Cafés eignen. Die kleinen schokoladigen Riegel schmecken lecker und die Idee ist einleuchtend, doch das Produkt wird im Tiefkühlfach aufbewahrt – das überzeugt einige der Einkäufer nicht.

Mit süßer Kost wollen auch die Gründer von „ahead“ überzeugen und können sich mit ihren veganen und gesunden Schokoriegeln gute Chancen auf einen Deal ausrechnen. Ein normales Snickers beinhaltet etwa 27 Gramm Zucker, der Riegel von „ahead“ nur etwa 1,2 Gramm. Die selbstbewussten Unternehmer waren früher beim Militär und immer auf der Suche nach gesunder Kraftnahrung. „Während wir durch den Schlamm robbten, haben wir uns überlegt, wie toll so ein gesundes Snickers jetzt wäre“ scherzt einer der beiden.