Hamburg. Heimlicher Rückzug aus dem prominenten Aufsichtsgremium. Warburg-Bankier muss sich wegen Cum-Ex-Geschäften verantworten.
Es dürfte einer der exklusivsten Kreise sein, in die man in Hamburg berufen werden kann. Der Beirat der Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft mbH wacht über Hamburgs strahlendes Wahrzeichen am Hafenrand. Über die Finanzen, die Strategie, die großen Linien eines mittlerweile großen Konzerthauses.
Der Beirat der Elbphilharmonie mit Kultursenator Carsten Brosda (SPD) an der Spitze segnet die Bilanz ab und navigierte das Haus durch die Corona-Pandemie. Da waren Krisen-Managerinnen und -Manager gefragt. Leute mit Sachverstand in Finanzfragen, die sich schon im Auf und Ab ihrer Branchen als resilient erwiesen haben.
Elbphilharmonie: Warburg-Bankier Christian Olearius ausgeschieden
Dass auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie keine Konzerte stattfanden, die Pächter und das Hotel ihre Mieten nicht mehr in vereinbarter Höhe zahlen wollten – für den Beirat kein Grund durchzudrehen. Im ansonsten dramatischen Lagebericht für das Geschäftsjahr 2020/2021 unterschrieben die Kontrolleure diesen Satz: „Insgesamt besteht für die Gesellschaft und die Stadt Hamburg die Chance auf eine positive Wertentwicklung des Investments, da das Interesse an dem Gebäude ungebrochen ist.“
Was der prominente Beirat bislang nicht veröffentlicht hat: Brosdas Stellvertreter Dr. Christian Olearius (81) gehört dem Gremium offiziell schon seit Dezember 2021 nicht mehr an. Der Bankier (M.M.Warburg & CO) taucht ohne jede Vorwarnung oder öffentliche Erklärung nicht mehr in der letzten verfügbaren Bilanz der Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft auf.
Die Kulturbehörde erklärte dem Abendblatt auf Anfrage: „Herr Olearius hat Ende 2021 seine Mandate im Beirat der Elbphilharmonie Laeiszhalle Betriebsgesellschaft (ELBG) und im Aufsichtsrat der HamburgMusik niedergelegt.“ In diesen Aufsichtsrat sei er nicht von der Stadt Hamburg berufen worden, sondern von der Stiftung Elbphilharmonie. Die Behörde weist darauf hin, dass die Elbphilharmonie-Kontrolleure im Beirat vom Senat berufen werden, da „die Stadt alleinige Gesellschafterin der ELBG ist“. Olearius äußerte sich auf Nachfrage des Abendblatts nicht zu den Gründen seines Rückzugs.
Cum-Ex: Muss Christian Olearius vor Gericht erscheinen?
In allen aktuellen Berichten zu seinen Verstrickungen in die Cum-Ex-Affäre, die sein langjähriges Engagement für die Kultur in Hamburg thematisieren, fällt der Name Elbphilharmonie. Was den prominenten Beirat angeht, dürfte das nun Geschichte sein.
Das Landgericht Bonn hat vor einigen Wochen die Anklage der Staatsanwaltschaft Köln gegen Olearius zum Hauptverfahren zugelassen. Dem nicht mit Namen genannten Beschuldigten, einem „vormals persönlich haftenden Gesellschafter eines Kreditinstituts“ würden „15 Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung zwischen 2006 und Ende 2019 zur Last“ gelegt. Diese, so der Vorwurf der Ankläger, habe er „gemeinsam mit gesondert Verfolgten bzw. Verurteilten begangen“. Dabei seien zwei Fälle „im Versuchsstadium geblieben“.
Anklage in 14 Fällen vor dem Landgericht Bonn
Das Landgericht erklärte, es habe die Anklage in 14 Fällen zugelassen, Aktenzeichen 63 KLs 1/22. Wann tatsächlich ein Prozess beginnt, ist noch offen.
Der Steuerschaden, der durch die Cum-Ex-Geschäfte insgesamt entstanden sein soll, an denen Warburg-Bankier Olearius mutmaßlich beteiligt war, soll 280 Millionen Euro betragen, so das Landgericht. Olearius hat die Vorwürfe stets bestritten.
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Warburg Bank Sponsor der Elbphilharmonie
In Untersuchungsausschüssen im Bundestag und in der Hamburgischen Bürgerschaft ging und geht es auch um die Frage, ob Olearius in Gesprächen mit dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) auf ein Steuerverfahren in Hamburg Einfluss nehmen wollte und ob Scholz und der damalige Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) dem nachgegeben haben. Scholz und Tschentscher haben das von sich gewiesen. Olearius erwähnte Treffen mit Scholz in seinen Tagebüchern.
Die Warburg Bank gehört zu den großen Förderern der Elbphilharmonie. Wie die Berenberg Bank oder die Hamburg Commercial Bank (früher HSH Nordbank) zählt das 225 Jahre alte Traditionshaus an der Ferdinandstraße zu den Sponsoren. Olearius sitzt nach Auskunft der Stiftung Elbphilharmonie nach wie vor in deren Kuratorium. Im einflussreichen Beirat des Hauses war er bereits, als die Elbphilharmonie im Jahr 2017 feierlich eröffnet wurde. Auch Brosda, Unternehmer Nikolaus Broschek und Verleger Sven Murmann waren damals bereits an Bord.
Elbphilharmonie: Um Beirat wird seit Jahren kleines Geheimnis gemacht
Aus der Stiftung ist mittlerweile Vorständin Judith Steinhoff in den Beirat eingezogen, in dem seit Langem auch Julia Jäkel (früher Vorstandschefin von Gruner + Jahr) einen festen Platz hat. Um dieses prominente Gremium wird – obwohl die Elbphilharmonie der Stadt und damit ihren Bürgerinnen und Bürgern gehört – seit Jahren ein kleines Geheimnis gemacht. Veränderungen oder Entscheidungen werden nicht aktiv kommuniziert.
Man muss schon tiefer graben, um etwas zu erfahren. Wie der aktuelle Vergütungsbericht des Senats zeigt, ist offenbar auch der frühere NDR-Intendant Lutz Marmor nun Mitglied des Elbphilharmonie-Beirates. „Vergütungsbericht“ heißt in diesem Fall: „Die Mitglieder des Beirates erhalten von der Gesellschaft keine Bezüge.“