Hamburg. Feuersturm vor 80 Jahren: Die Alliierten legen Hamburg in Schutt und Asche. Eine neue Ausstellung zeigt die Folgen bis heute.

Fast die Hälfte der Hamburger Innenstadt wurde in Schutt und Asche gelegt, 90 Prozent der Kaischuppenflächen und fast 300.000 Wohnungen zerstört, 40.000 Menschen kamen ums Leben – der Hamburger Feuersturm von 1943 hat sich bis heute tief ins kollektive Gedächtnis gebrannt.

Von Montag, 8. Mai, an erinnert eine neue Ausstellung in der Bibliothek der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Wandsbek an die anglo-amerikanischen Luftangriffe auf die Hansestadt. Das Motto der Exposition: „Ausgebombt! Hamburgs Gomorrha 1943 und die Folgen”. Die Schau dokumentiert die Serie der Bombardements zwischen dem 25. Juli und 3. August 1943 und zeigt auch, wie rasant sich die Aufräum-, Reparatur- und Wiederaufbauarbeiten bereits in den ersten Nachkriegsjahren entwickelten.

Feuersturm: Ausstellung in der Helmut-Schmidt-Universität

Kurator der Ausstellung ist der Historiker und Privatdozent Helmut Stubbe da Luz. Er hat sich in Vorbereitung der Ausstellung unter anderem mit dem Thema „Trümmerbeseitigung und -verwertung“ befasst und dabei herausgefunden: „Die britische Zone, insbesondere Hamburg, wurde zur Hochburg der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung einschlägiger Verfahren.“ Das habe sich symbolhaft in der Interzonalen Ausstellung für Trümmerbeseitigung und Trümmerverwertung gezeigt, die 1947 in Planten un Blomen stattfand.

Bombenangriff: Das Leben geht danach weiter

Wie Stubbe da Luz dem Abendblatt sagte, sei ein wichtiges Ziel der Ausstellung, 80 Jahre nach der „Operation Gomorrha“ darauf hinzuweisen, dass das NS-Regime die eigene Bevölkerung nicht gegen die zu erwartenden militärischen Gegenschläge gewappnet und geschützt habe. Stattdessen sei die Zivilbevölkerung „zu erheblichen Teilen an eine Heimatfront“ gestellt worden.

Allerdings vermochten die staatlichen Stellen damals, Ruhe, Ordnung und Versorgung einigermaßen zu sichern und dem Alltagsleben einen Rahmen zu geben, „worin große Teile der verbliebenen Bevölkerung diszipliniert werden oder auch Halt finden konnten“.

Feuersturm – das dachten die Deutschen damals

Die Alliierten, betont Stubbe da Luz, hätten ihr ursprüngliches Ziel, Hamburg ganz und gar zu zerstören und die Bevölkerung zu demoralisieren, nicht zu Ende verfolgt.

„Die deutsche, speziell die Hamburger Bevölkerung hatte nach dem Sieg der Alliierten Anlass, die während der Gomorrha-Katastrophe erlittenen Opfer und Zerstörungen zwar als katastrophal hohen, aber doch letztlich angemessenen Preis dafür zu betrachten, dass ihr das mörderische NS-Regime vom Hals geschafft wurde“, sagt der promovierte Historiker.

Operation Gomorrha: Bei Räumungen KZ-Häftlinge eingesetzt

Heute, 80 Jahre danach, ist Gomorrha noch nicht in jeder Hinsicht bewältigt – seelisch und physisch. Blindgänger bilden eine riskante Altlast, so manches Trauma wirkt nach, und über die Beurteilung der Katastrophe wird immer noch diskutiert. Noch während des Krieges wurden zur Beseitigung nicht explodierter Abwurfmunition Strafgefangene und KZ-Häftlinge eingesetzt. Und in den ersten Jahren nach Wiederaufbauzeit in Zusammenarbeit mit Angehörigen genau jene Streitkräfte, welche die Bomben zuvor auf die Hansestadt abgeworfen hatten.

Vor dem Hintergrund der Zerstörungen stand die Hamburger Baubehörde mit der ganzen Bevölkerung vor einer gigantischen Aufgabe – den Wiederaufbau der Stadt. Zunächst wurde vielfach an städtebauliche Vorstellungen aus der Zeit vor 1945 angeknüpft, aber auch Neues gewagt. 1965 erklärte der Hamburger Senat den Aufbau für abgeschlossen.

Hamburg – wieder auferstanden aus Ruinen

Nicht alles am auferstandenen Stadtbild wurde und wird für gut befunden. Helmut Stubbe da Luz: „Kritik betrifft die Ost-West-Straße zwischen Stadt und Hafen und das von der Neuen Heimat erbaute Neu-Altona, wo zu viel abgerissen und zu viele historische Verbindungen zerstört wurden.“ Bemängelt werde aber auch der Abriss der Gängeviertel zugunsten des Unilever-Hochhauses und die übertriebene Anzahl von Zeilenbauten vor allem in den zuvor fast total zerstörten Stadtteilen.

Die Ausstellung thematisiert darüber hinaus den gegenwärtigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und ihre Bevölkerung und gibt zu bedenken, wie es mit dem Schutz der deutschen, speziell der Hamburger Bevölkerung gegen Attacken aller Art heutzutage aussieht.

Prominenter Historiker bei Ausstellungseröffnung

Zur Eröffnungsveranstaltung an diesem Montag (8. Mai, 18 Uhr), dem Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus, kann Jan-Jasper Fast, Direktor der Bibliothek der Helmut-Schmidt-Universität, den Potsdamer Militärhistoriker Prof. Sönke Neitzel begrüßen. Er wird über das Thema „Operation Gomorrha und Büchse der Pandora – Anmerkungen zur Radikalisierung des Luftkriegs“ sprechen. Ein Begleitprogramm zur Ausstellung ist bis Ende September geplant. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.