Hamburg. Kritische Debatte: CDU fragt, warum 77.000 Beschäftigte der Stadt kein Profi-Ticket erhalten. Eine Partei will den HVV zum Nulltarif.
Wenige Tage vor dem Start des 49-Euro-Tickets hat die Bürgerschaft noch einmal leidenschaftlich über die Vor- und Nachteile diese Umwälzung im Nahverkehr gestritten – bevor sie mit großer Mehrheit grünes Licht für die enormen Mehrausgaben gab.
Das Grundprinzip, dass vom 1. Mai an erstmals dauerhaft ein günstiges „Deutschland-Ticket“ zur Verfügung steht, das bundesweit im gesamten öffentlichen Nah- und Regionalverkehr gilt, wurde dabei zwar von allen Fraktionen außer der AfD begrüßt. Doch an den Details schieden sich die Geister.
49-Euro-Ticket: Kritik an Details, aber Zustimmung zur „Tarifrevolution“
Während SPD (Ole Thorben Buschhüter: „eine Tarifrevolution“) und Grüne (Eva Botzenhart: „ein Meilenstein, eine Revolution“) hervorhoben, wie stark alle Fahrgäste und insbesondere Schüler, Azubis, Bedürftige und Angestellte entlastet würden, und das bei gleichzeitig deutlich größerem Angebot, zeigte sich die Opposition weniger euphorisch.
So monierte die Linke, dass der Preis von 49 Euro pro Monat immer noch zu hoch sei. SPD und Grüne hätten früher immer betont, dass der Preis nicht wichtig sei für die Attraktivität des Nahverkehrs, so Verkehrspolitikerin Heike Sudmann. Der Erfolg des 9-Euro-Tickets, das 2022 für drei Monate zur finanziellen Entlastung der Bürger eingeführt worden war, habe hingegen gezeigt: „Der Preis ist doch wichtig. Wir brauchen letztlich einen kostenfreien, fahrscheinfreien HVV, das ist auch eine Frage der Daseinsvorsorge“, so Sudmann.
CDU kritisiert, dass 77.000 Beschäftigten der Stadt kein Profi-Ticket angeboten wird
Der AfD-Abgeordnete Marco Schulz kritisierte die enormen Subventionen für das Deutschland-Ticket und verwies darauf, dass die Hochbahn zuletzt schon mehr als 300 Millionen Euro Verlustausgleich im Jahr benötigt hätte. Außerdem sei es ungerecht, wenn künftig ein Azubi (29 Euro) mehr zahlen müsse als ein Angestellter und eine reine Monatskarte 69 Euro koste.
Die CDU arbeitete sich vor allem an der Frage ab, warum die Stadt ihren eigenen Beschäftigten kein Profi-Ticket anbietet. Wie berichtet, wirbt der Senat dafür, dass künftig schon Unternehmen ab einem Mitarbeiter (bislang: ab 20) ihren Beschäftigten einen Zuschuss zahlen können, sodass das Deutschland-Ticket für sie nur noch gut 25 Euro kostet. Den eigenen 77.000 Beschäftigten in Ämtern und Behörden, von denen knapp 20.000 bislang ein Profi-Ticket haben, bietet der Senat das jedoch nicht mehr an – was CDU-Fraktionschef Dennis Thering im Vorfeld als „schäbig“ bezeichnet hatte.
Finanzsenator Dressel: „Man kann nicht alles auf einmal machen“
Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) hatte das immer mit den Kosten begründet. „Man kann nicht alles auf einmal machen“, sagte er in der Debatte. Die Stadt beteilige sich bis 2025 bereits mit mehr als 500 Millionen Euro an den Ausgaben für das Deutschlandticket, zudem würden die städtischen Mitarbeiter auch so massiv sparen, da sie bislang zwischen 88 und 213 Euro für ihr HVV-Abo zahlen müssten. „Das als schäbig zu bezeichnen, ist einfach unanständig“, sagte er in Richtung CDU.
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Wie der Senat jetzt auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Sandro Kappe mitteilte, bieten die öffentlichen Unternehmen der Stadt ihren Mitarbeitern das Profi-Ticket dagegen sehr wohl an. 46 von 48 aufgeführten Firmen seien dabei, darunter große Betriebe wie die Saga, die Stadtreinigung oder das UKE mit vielen Tausend Beschäftigten.
Für öffentliche Unternehmen gelten andere Regeln als für Mitarbeiter in Behörden
„Sind Beschäftigte der Hamburger Verwaltung weniger Wert als die Beschäftigten der öffentlichen Unternehmen?“, fragte Kappe daraufhin. Es sei nicht verständlich, dass der Finanzsenator zwar sein Behördengebäude für mehr als 110 Millionen Euro zurückkaufen wolle, aber den Beschäftigten das Profi-Ticket vorenthalte: „Am Ende braucht sich Herr Dressel nicht zu wundern, wenn der aktuelle Personalfehlbestand der Hamburger Verwaltung von mehr als 4000 noch größer wird“, so Kappe.
CDU-Verkehrspolitiker Richard Seelmaecker fragte, ob es jetzt bei der Stadt Mitarbeiter erster und zweiter Klasse gebe und forderte die Einführung eines Profi-Tickets mit einem Arbeitgeberzuschuss für alle Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung.
Verkehr Hamburg: Profi-Ticket soll Thema bei Tarifverhandlungen sein
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) lobte nicht nur das 49-Euro-Ticket als „größte Tarifrevolution in der Geschichte des HVV“, sondern sprang auch dem Finanzsenator zur Seite. Der habe schließlich angekündigt, dass er als Vorsitzender der Tarifgemeinschaft der Länder das Thema Profi-Ticket bei den Tarifverhandlungen für die Länder-Beschäftigten im Herbst ansprechen wolle.
„Wir wollen eine möglichst gute Gleichbehandlung“, sagte Tjarks und betonte, dass in Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Teile beider Länder gehören zum HVV-Gebiet – die gleichen Bedingungen für das Profi-Ticket gelten sollten wie in Hamburg.