Hamburg. Dirk Albrecht hat einen renommierten Hamburger Rechtsanwalt eingeschaltet und äußert sich zu „falschen Verdächtigungen“.

Der Streit zwischen Hagenbeck-Geschäftsführer Dirk Albrecht und dem Betriebsrat des Tierparks erreicht eine neue Dimension. Nachdem die Staatsanwaltschaft am 10. Januar Anklage gegen Albrecht wegen Behinderung des Betriebsrates erhoben und damit auf eine Strafanzeige der Mitarbeitervertreter von Februar 2021 reagiert hatte, schießt Albrecht jetzt zurück.

Über seinen Verteidiger, den renommierten Hamburger Rechtsanwalt Otmar Kury, kündigte er am Freitag in einer Presseerklärung jetzt selber "strenge strafrechtliche Konsequenzen" für all diejenigen an, "die sich an den Strafanzeigen mit falschen Verdächtigungen beteiligen".

Hagenbeck: Tierpark-Chef Albrecht droht mit Konsequenzen

Der Vorwurf lautet, dass Albrecht dem Betriebsratsvorsitzenden im Dezember 2020 zu unrecht seinen Zugangsschlüssel zum Tierparkgelände abverlangt hatte. Kury verweist darauf, dass nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Albrecht den Betriebsratsvorsitzenden nicht hätte zur Herausgabe des Schlüssels auffordern dürfen.

Außer acht gelassen würde dabei aber der Aspekt, dass der Betriebsratsvorsitzende – gegen eine Weisung der Geschäftsführung sowie unter Missachtung der während der Corona-Pandemie geltenden Quarantäneregeln – betriebsfremden Dritten Zugang zu dem behördlich geschlossenen Tierpark gewährt habe. Damit wären „erhebliche Gefahren für die Mitarbeiter und den hochwertvollen, außergewöhnlichen Tierbestand“ geschaffen worden.

Hagenbeck: Strafanzeige laut Kury nicht nachvollziehbar

Der Betriebsratsvorsitzende habe damals wegen eines „vorläufigen Urteils“ des Arbeitsgerichts sowie einer Erklärung, zukünftig keine betriebsfremden Personen während der Quarantäne auf das Tierparkgelände zu lassen, den Schlüssel zurückerhalten. Die Entscheidung, dem Betriebsratsvorsitzenden den Schlüssel abzuverlangen, habe Albrecht damals ausschließlich aufgrund umfassender Beratung „herausragend kundiger“ Fachanwälte für Arbeitsrecht getroffen.

Nach Kurys Überzeugung sei die Anklage „weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht“ nachvollziehbar. Vielmehr habe die Staatsanwaltschaft vor ihrer Anklageerhebung darum ersucht, das Verfahren gegen eine „geringe Geldzahlung“ einstellen zu können – was er im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt und die klare Rechtslage abgelehnt habe. „Erst daraufhin kam es zur Anklage“, so Kury.

Der Betriebsrat überziehe Geschäftsführer Albrecht seit Jahren mit Strafanzeigen. „Von den vielen dahergeredeten Verdächtigungen hat die Staatsanwaltschaft jedoch nur einen einzigen Vorgang für relevant gehalten", teilte Kury mit.

Anwalt des Betriebsrats: „Erneuter Einschüchterungsversuch“

Für Arbeitsrechtler Andreas Kilian, der den Hagenbeck-Betriebsrat anwaltlich vertritt, ist Albrechts Presseerklärung ein „erneuter Einschüchterungsversuch“ gegen den Betriebsrat – und möglicherweise auch gegen ihn als Rechtsanwalt. „Ich sehe die Anschuldigungen gegen den Betriebsrat und mich sehr kritisch. Aber nach meiner Einschätzung können wir der Androhung strafrechtlicher Konsequenzen entspannt entgegensehen“, so der Jurist aus Hann. Münden.

Der Betriebsrat und er würden sich jetzt darüber beraten, ob man gegen die falschen Darstellungen Albrechts durch seinen Anwalt vorgehe. Denn: „Dadurch werden der Betriebsrat und sein Vorsitzender in schlechtes Licht gerückt.“ Auch Gewerkschaftssekretär Pascal Lechner von der für den Tierpark zuständigen IG BAU sagt: „Die Drohung von Herrn Albrecht ist hier völlig fehl am Platz. Letztendlich wird das Gericht entscheiden, wer mit welchen Konsequenzen zu rechnen hat.“

Hagenbeck-Betriebsrat strengt drei Verfahren gegen Albrecht an

Nach Abendblatt-Informationen hat der Betriebsrat mittlerweile drei Strafverfahren angestrengt, zwei richten sich gegen Albrecht als Geschäftsführer. Während es bei diesen zweien um die Behinderung der Betriebsratsarbeit geht, soll im Rahmen der dritten Strafanzeige geklärt werden, ob es im Zusammenhang mit dem pandemiebedingt gezahlten Kurzarbeitergeld zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist.

Als der Betriebsrat seinerzeit die vom Tierpark bei der Bundesagentur für Arbeit eingereichten Anträge habe einsehen wollen, wären diese „nur zögerlich im Verlauf von mehreren Wochen“ vorgelegt worden – und teilweise auch keine Erstanträge, sondern nur Korrekturanträge. Wäre das Kurzarbeitergeld aber nicht richtig beantragt worden, hätte der Tierpark den Mitarbeitern den vollen Lohn zahlen müssen

Hagenbeck: Kommende Woche stehen zwei Gerichtstermine an

Vor dem Arbeitsgericht stehen in der kommenden Woche gleich zwei Termine an: Am Dienstag entscheidet die Kammer darüber, ob es sich bei den Tätigkeiten von Mitarbeitern des Personalunternehmens Secura, die im Tierpark während der Pandemie einige damit verbundene Dienstleistungen (etwa Ordnertätigkeiten) übernommen hatten, um Leiharbeit oder Werksvertragsarbeit handelt.

Sollte das Gericht die Ansicht von Betriebsrat und Gewerkschaft teilen und die Secura-Mitarbeiter als in die Tierparkabläufe eingegliedert und damit als Leiharbeiter ansehen, müsste der Betriebsrat ihrer Einstellung zustimmen. Das habe er damals zwar für einen begrenzten Zeitraum getan, so Lechner. „Der Betriebsrat möchte aber eine Klarstellung des Gerichts erwirken, damit zukünftig durch die Beschäftigung der zeitlich sehr flexibel einsetzbaren Leiharbeitsbeschäftigen keine altgedienten Tierparkmitarbeitenden ausgetauscht werden können.“

Hagenbeck: Streit vor Gericht wegen eines angemieteten Raums

Beim zweiten Termin am Freitag geht es um die Anmietung eines externen Raumes für die Betriebsratsarbeit während der Pandemie. Da der Sitzungsraum im Tierpark selbst zu klein war, um darin die coronabedingten Abstandsregeln einzuhalten, hatte der Betriebsrat die Geschäftsführung um Ersatz gebeten, so schildert es Lechner. Albrecht habe ihm den Pausenraum angeboten.

IG BAU-Gewerkschaftssekretär Pascal Lechner am Mittwoch beim Streik vor dem Haupteingang des Tierparks Hagenbeck.
Pascal Lechner © Thorsten Ahlf / Funke Foto Services

„Betriebsratssitzungen müssen aber aus Datenschutzgründen unter Ausschuss der Öffentlichkeit stattfinden, was in dem Pausenraum nicht möglich war.“ Daraufhin mietete der Betriebsrat einen externen Raum. Die Rechnungen habe Albrecht bis heute nicht bezahlt, so Lechner. „Obwohl die Gerichtskosten mittlerweile höher sein dürften als die ausstehende Miete.“ Damit der Betriebsrat weiterhin tagen könne, habe ihm die Gewerkschaft mittlerweile einen geeigneten Raum zur Verfügung gestellt.