Hamburg. Mauern bröckeln, Dachpfannen fallen herunter. Anwohner ärgern sich über den Verfall. Doch nun könnte Bewegung in die Sache kommen.
Auf den ersten Blick könnte man fast übersehen, dass hier etwas nicht stimmt. Der Glanz der umliegenden Villen lässt das Haus aus dem Blickfeld geraten. Doch wer genauer hinschaut, der wird bemerken, dass es hier und da aus den Mauern bröckelt, dass Moos an Stellen wächst, wo es in Gegenden wie dieser eher unüblich ist, dass der Rasen schon längere Zeit nicht mehr gemäht wurde – und das Gras nicht nur im Garten sprießt, sondern auch auf der Treppe, die zur Eingangstür führt. Und auch sonst deutet nichts darauf hin, dass sich hier noch irgendjemand kümmert, dass hier noch irgendjemand wohnt.
Die Rede ist von der Villa am Harvestehuder Weg 69. Nach Abendblatt-Recherche handelt es sich um ein weiteres Objekt, das sich einreihen kann in die Liste der Leerstände in Hamburgs Toplagen an der Alster. Wer sich in der Gegend umhört, der erfährt jedenfalls schnell, dass die dreigeschossige Villa bereits seit Jahren leer stehen soll.
Hamburger über Leerstand der Alstervilla in Sorge
Und das sorgt für Unmut. Das Haus verfalle inzwischen zusehends, und das habe inzwischen sogar Auswirkungen auf den denkmalgeschützten Wohnkomplex auf dem Nachbargrundstück.
Das Problem: Ein schmaler Durchgang auf diesem besagtem Nachbargrundstück führt direkt an der Fassade der Nummer 69 entlang und wird von Bewohnern und Gartenarbeitern genutzt. Und wie Anwohner berichten, würden sich inzwischen Bauteile und Dachpfannen von dem leer stehenden Haus lösen und in diesen Durchgang fallen.
Hamburger Behörde wendet sich an Eigentümer
Auf Nachfrage beim zuständigen Bezirksamt Eimsbüttel bestätigt sich der Verdacht, dass sich hier offenbar schon seit Jahren niemand mehr verantwortlich fühlt. Dort heißt es: „Die erste Meldung über leer stehende Wohnungen erhielten wir im Dezember 2017. Im Juli 2018 erfolgte das erste Anschreiben an den Eigentümer“, so eine Sprecherin. Doch offenbar ohne Erfolg. Denn geschehen ist nach Angaben von Anwohnern bisher nichts.
Doch nun könnte Bewegung in die Sache kommen: Die Bauprüfabteilung des Bezirksamtes hat sich vor wenigen Tagen an den Eigentümer, einen bekannten Unternehmer aus Düsseldorf, gewandt und ihn zum Handeln aufgefordert. In einem behördlichen Schreiben, das auch dem Abendblatt vorliegt, wird dieser aufgefordert, durch „geeignete Maßnahmen die gefahrlose Nutzung des Durchgangs auf dem Nachbargrundstück Harvestehuder Weg 67 (…) bis zum Abschluss der Instandsetzungsarbeiten“ sicherzustellen.
Schutz durch Abspannen der Fassaden
Dies könne etwa durch das Aufstellen eines Schutzdaches oder Abspannen der Fassaden und Dachbereiche durch Sicherheitsnetze erfolgen.
Diese Sofortmaßnahmen müssten bis zum gestrigen Freitag durchgeführt werden. Zur Begründung wird angeführt: „Es besteht ein besonderes öffentlich-rechtliches Interesse daran, unmittelbar bevorstehende Gefahren für Leib und Leben sofort abzuwehren. Insbesondere sind Gefahren auszuschließen, die sich aus einer baulichen Anlage ergeben, die nicht betriebssicher ist. Dies ist hier der Fall.“
Eigentümer von Hamburger Villa droht Bußgeld
Klar ist: Sollte der Eigentümer nicht handeln, droht ihm gemäß dem Schreiben ein Bußgeld von 5000 Euro. Gegenüber dem Abendblatt wollte sich der Eigentümer zu den Vorwürfen nicht äußern. Auch die Frage, welche Pläne er für die Immobilie habe, ließ er unbeantwortet. Vielleicht auch deswegen, weil nach Angaben des Bezirksamtes bereits seit 2018 ein Verfahren wegen Leerstand gegen den Eigentümer läuft.
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Weitere Details werden derzeit mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht bekannt gegeben. Fakt ist: In Hamburg erfüllt das Leerstehenlassen von Wohnraum über „einen Zeitraum von länger als vier Monaten ohne Genehmigung den Tatbestand der Zweckentfremdung (…).“
Nun ist es nach dem aktuellen Kenntnisstand aber so, dass die Villa seit mindestens drei Jahren leer steht. Und das wirft Fragen auf. Auch vor dem Hintergrund, dass auf der anderen Alsterseite, die zum Bezirk Nord gehört, das Problem des spekulativen Leerstandes bereits seit Jahren bekannt ist. Das Abendblatt berichtete mehrfach über derartige Fälle.
Eimsbüttel nicht von starkem Leerstand betroffen
Hat das Phänomen nun auch die andere Alsterseite erreicht? „Nein“, sagt Gabor Gottlieb, Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion Eimsbüttel. „Das Problem eines strukturellen Leerstandes gibt es aus meiner Sicht in Eimsbüttel nicht.“
Grundsätzlich sei das Problem, dass es durch bestimmte Umstände auch zu legitimen Leerständen kommen könne – etwa bei Sanierung und Renovierung. Und nicht immer sei ganz klar, wie der Fall genauer gelagert ist.
Villa am Harvestehuder Weg steht ungewöhnlich lange leer
In Bezug auf die Villa am Harvestehuder Weg 69 aber betont Gottlieb: „Dies hier ist nicht mehr die übliche private Bauverzögerung beim Kauf und Sanierung einer Wohnung zur Eigennutzung. Von jemandem, der ein Mehrfamilienhaus in bester Alsterlage erwirbt, darf professionelles Agieren erwartet werden.“
Schließlich lasse niemand sein Multimillioneninvestment einfach verfallen. „Entweder wird hier zulasten der Stadt spekuliert, oder es handelt sich um einen schlechten Hobbybauherrn, der dem baulichen Projekt nicht gewachsen ist“, sagt Gottlieb. „In beiden Fällen ist es richtig, wenn von öffentlicher Seite ordnungsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden, wenn hier unverantwortlich gehandelt wird.“