Hamburg. Voraussichtlich kein Notfallbetrieb und kaum Verstärkung bei S-Bahnen und Bussen. Damit müssen die Hamburger rechnen.

Nachdem die Gewerkschaft Ver.di alle 6300 Beschäftigten der Hochbahn für den heutigen Mittwoch zu einem 24-stündigen Warnstreik aufgerufen hat, rechnet die Hochbahn mit einem Totalausfall von Bussen und U-Bahnen: Man gehe nicht davon aus, zu Streikbeginn die Arbeit aufnehmen zu können.

„Inwieweit Betriebsleistungen während des Streiks überhaupt möglich sind, wird das Unternehmen situativ entscheiden“, heißt es in einer Mitteilung. Der Ausstand soll am Mittwoch um 3 Uhr früh beginnen und am Donnerstag um 3 Uhr enden, teilte Ver.di mit. So solle Druck für eine annehmbare Tariferhöhung gemacht werden.

HVV-Streik: Hamburger müssen mit "erheblichen Einschränkungen“ rechnen

Auch die Arbeitnehmerseite rechnet mit einer hohen Beteiligung am Ausstand: Hamburgerinnen und Hamburger müssten „mit erheblichen Einschränkungen“ im Fahrbetrieb rechnen, hatte Irene Hatzidimou, Verhandlungsführerin und stellvertretende Fachbereichsleiterin von Ver.di Hamburg, angekündigt.

Die Hochbahn rät daher allen, die auf den öffentlichen Nahverkehr im HVV angewiesen sind, „nach Möglichkeit auf die S-Bahn und die Buslinien der VHH“ umzusteigen. Diese werden nicht vom Streik betroffen sein. Wer könne, solle darüber hinaus im Homeoffice bleiben. „Das haben wir ja alle während der Pandemie gelernt“, so Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum.

S-Bahn Hamburg empfiehlt Hamburgern zu Hause zu bleiben

Denn auch die S-Bahn Hamburg bezweifelt, das Angebot der Hochbahn auch nur annähernd ausgleichen zu können: „Es gibt schlicht keine Waggons und kein Personal, die den Ausfall ausgleichen könnten“, so S-Bahn Sprecher Rainer Vohl. Deshalb rät auch die S-Bahn allen Hamburgerinnen und Hamburgern, denen es möglich ist, zu Hause zu bleiben oder auf alternative Verkehrsmittel auszuweichen.

Um aber zumindest den Wegfall der Linien U 1 und U 3 teilweise auszugleichen, setzt die S-Bahn die Verstärkerlinie S 11 am Mittwoch ganztägig – und nicht wie sonst nur zu den Hauptverkehrszeiten – zwischen Berliner Tor und Ohlsdorf ein. Auch die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) teilen mit, „aus Kapazitätsgründen keine weiteren Linien“ einzusetzen.

Streik: Voraussichtlich kein Notfallbetrieb in Hamburg

Dass es am Mittwoch seitens der Hochbahn voraussichtlich nicht einmal einen Notfallfahrplan für die Hamburgerinnen und Hamburger geben wird, begründet das Verkehrsunternehmen mit einem zu hohen „Sicherheitsrisiko, wenn sich Fahrgäste in der Hoffnung auf ein vermeintliches Verkehrsangebot in zu volle Fahrzeuge oder auf Bahnsteigen drängeln“.

Auch ein möglicher Notfallfahrplan würde daran nichts ändern, sondern eher die Risiken erhöhen. „Hier haben Planbarkeit und Sicherheit für die Fahrgäste Vorrang“, heißt es. Welche Linien während des Streiks überhaupt verkehren, erfahren Fahrgäste über die HVV-App und die Webseite des Verkehrsverbunds unter der Adres­se hvv.de.

Ver.di fordert für die am Donnerstag anstehenden Tarifverhandlungen eine „deutliche“ Bewegung von der Arbeitgeberseite, da die Vorstellungen über eine mögliche Einigung derzeit noch „sehr weit auseinanderliegen“. Die letzte Verhandlungsrunde am 26. Januar war ergebnisoffen ausgegangen, da das zuletzt angebrachte Angebot der Hochbahn lediglich ein verändertes, aber kein verbessertes sei, so Hatzidimou.

„Das geht so nicht. Für manche Beschäftigte würde sich mit dem vorgelegten Angebot über eine Erhöhung von 130 Euro ab 2024 sogar ihr Lohn verschlechtern.“ So etwa bei einem Bruttoeinkommen von 6000 Euro monatlich, das bei einer Erhöhung um drei Prozent – so wie es die Hochbahn für 2024 vorschlug – bereits um 180 Euro statt lediglich um die aktuell gebotenen 130 Euro steigt.

HVV: Hochbahn soll allen Beschäftigten 600 Euro mehr Lohn zahlen

Konkret fordert die Gewerkschaft bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten eine Erhöhung der monatlichen Tabellenentgelte um jeweils 600 Euro brutto, eine Erhöhung der monatlichen Ausbildungsvergütungen um jeweils 258 Euro brutto sowie ein kostenloses Profiticket für alle Auszubildenden.

Die Hochbahn hingegen betont, dass die Verhandlungen „in einem allgemein sehr schwierigen wirtschaftlichen Umfeld“ stattfänden. Angesichts der hohen Inflationsrate habe das Unternehmen bereits zur ersten Verhandlungsrunde Anfang Januar ein „attraktives Angebot“ vorgelegt und mit der Erhöhung auf 4,5 Prozent, mindestens aber um 150 Euro pro Monat und einer Inflationsausgleichs-Prämie in Höhe von 3000 Euro in der zweiten Runde eine „überproportionale Anhebung“ vorgeschlagen.

Im Gegensatz zu ihrem früheren Vorschlag, das Angebot auf 24 Monate anzusetzen, war die Hochbahn bei ihrem vergangenen Angebot auf 21 Monate zurückgegangen. Darüber hinaus bietet die Hochbahn ihren Beschäftigten ab 2024 eine weitere Erhöhung der Tabelle um 130 Euro an. In dem vorherigen Angebot waren es hingegen drei Prozent Erhöhung ab 2024.

Hochbahn hält Streik für nicht nachvollziehbar

Über die Auszubildendenvergütung wolle das Verkehrsunternehmen zudem erst sprechen, wenn die Erhöhung der anderen Entgeltgruppen geregelt sei.

Dass die Gewerkschaft nun so kurz vor der dritten Tarifrunde an diesem Donnerstag zum Streik aufrufe, könne die Hochbahn nicht nachvollziehen. Käme das Verkehrsunternehmen den Forderungen der Gewerkschaft über eine monatliche Erhöhung der Tarifentgelte um 600 Euro nach, würde dies eine durchschnittliche Erhöhung der Entgelte um 17 Prozent bedeuten.

HVV Streik: Hochbahn-Mitarbeiter fordern deutlich mehr Lohn

Doch die Gewerkschaft hält dagegen: „Auf das Rekordinflationsjahr 2022 mit einer durchschnittlichen Inflation von rund acht Prozent, in dem die Beschäftigten schon massive Reallohnverluste hinnehmen mussten, folgt nun ein weiteres Rekordinflationsjahr mit prognostizierten sechs bis sieben Prozent Preissteigerungen.“

Auf den ersten Blick würden die 3000 Euro Inflationsausgleichs-Prämie in 2023 die finanzielle Krise der Beschäftigten zwar etwas abfedern. In 2024 aber hätten sie weniger Geld in der Tasche als vor der Tarifrunde. Das könne Ver.di nicht akzeptieren, sagte die zuständige Gewerkschaftssekretärin Magdalene Waldeck.

Mit fast 120 Buslinien mit mehr als 1400 Haltestellen und vier U-Bahn-Linien auf einer Strecke von mehr als 100 Kilometern ist die Hochbahn das mit Abstand größte Unternehmen im HVV.