Hamburg. Grund sind unter anderem eine Kita und ein Pflegeheim. 1500 solcher Einrichtungen werden schon durch Tempo-30-Strecken geschützt.

Schon seit mehreren Jahren richtet die Stadt vor immer mehr Kitas, Schulen, Kliniken, Senioren- und Pflegeheimen Tempo-30-Strecken ein. Nicht zuletzt durch eine 2018 erfolgte Änderung der Straßenverkehrsordnung (und einer dazugehörigen Verwaltungsvorschrift) wurde dieses Bestreben ständig ausgeweitet.

Mittlerweile wurden vor rund 1500 schützenswerten Institutionen Straßenabschnitte eingerichtet, auf denen eine reduzierte Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde gilt. Die Innenbehörde verweist darauf, dass damit 70 Prozent aller sozialen Einrichtungen durch ein Tempolimit geschützt sind. Betrachte man nur die allgemeinbildenden Schulen, seien es sogar 92 Prozent.

Tempo 30 war auf der Martinistraße lange nicht möglich

Doch ausgerechnet Kita, Schulen und Altenheime an großen Straßen hatten bislang das Nachsehen. Denn es galt: Verkehren vor den schützenswerten Einrichtungen in der Hauptverkehrszeit mehr als sechs Busse pro Richtung, kommt die Anordnung von Tempo 30 nicht infrage. Damit wollte der Senat vermeiden, dass es zu Beeinträchtigungen des Busverkehrs kommt – Stichwort: Busbeschleunigung.

Das war auch auf der Martinistraße so. Bereits mehrfach und wiederholt hatte die Bezirksversammlung Hamburg-Nord in den vergangenen Jahren eine Temporeduzierung auf der hochfrequentierten Durchgangsstraße gefordert, die von Autos, Radfahrern und drei Buslinien genutzt wird und an der zwei Kitas, die Seniorenwohnanlage Bethanien-Höfe, das Universitätskrankenhaus UKE, die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin und der Eppendorfer Park liegen.

Die Polizei hatte die Forderung nach einer Verkehrsberuhigung auf der Martinistraße abgelehnt – jeweils mit Verweis auf die Hamburger Richtlinien zur Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen (HRVV) sowie auf die viel genutzten Metrobuslinien 20 und 25 sowie der Expresslinie X35.

Tempo-30-Strecken: Richtlinien für Hamburg geändert

Im vergangenen Juli wurden die Richtlinien erneut geändert und die Belange des Busverkehrs neu bewertet. Bei einspuriger Verkehrsführung wird die Verträglichkeit zwischen dem Busverkehr des ÖPNV und einer Anordnung von Tempo-30-Strecken jetzt „grundsätzlich als gegeben“ eingestuft.

„Wir haben die Hamburger Verwaltungsvorschrift im Zuge der Fortschreibung jetzt noch einmal optimiert“, sagt Innensenator Andy Grote. „So konnten wir innerhalb der letzten Monate mehr als 50 weitere Tempo-30-Strecken vorwiegend vor Kitas anordnen. Das ist ein wichtiger Schritt für mehr Verkehrssicherheit in diesen Bereichen.“

52 neue Tempo-30-Strecken in Hamburg binnen weniger Monate

Die Änderung kommt jetzt auch der Martinistraße zugute, die auf fast einem Kilometer Länge verkehrsberuhigt wird. Gerade erst hatten SPD und Grüne dazu im Regionalausschuss erneut einen entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht – und angesichts der zahlreichen Institutionen entlang der Straße sowie auch des Eppendorfer Parks zum wiederholten Male die Einrichtung von Tempo 30 gefordert.

Tatsächlich gibt es für die Martinistraße bereits eine Anordnung der Polizei. Demnach soll auf dem Streckenabschnitt zwischen Tarpenbekstraße und Löwenstraße Tempo 30 gelten, um die Verkehrssicherheit im Umfeld der schützenswerten Einrichtungen zu erhöhen. Aufgeführt werden die Bethanienhöfe, das UKE und die Kita Martinistraße.

Auch an der Steilshooper Straße wurde kürzlich eine Tempo-30-Strecke vor einer Kita eingerichtet.
Auch an der Steilshooper Straße wurde kürzlich eine Tempo-30-Strecke vor einer Kita eingerichtet. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Neue Tempo-30-Strecke in Eppendorf ist nur eine von vielen

Die neue Tempo-30-Strecke in Eppendorf ist nur eine von vielen. Denn im Zuge der Neubewertung wurden insgesamt 56 soziale Institutionen geprüft. Bei 52 wurde die Einrichtung einer Tempo 30-Strecke positiv beschieden. Für die Martinistraße erfolgte die entsprechende Anordnung bereits Anfang Dezember.

Warum die entsprechenden Schilder noch nicht aufgestellt wurden, begründet das Bezirksamt Hamburg-Nord mit Bürokratie: Straßenverkehrsbehördliche Anordnungen müssten dem zuständigen Ausschuss zur Kenntnis und der Wegeaufsicht mit der Bitte um Umsetzung vorgelegt werden. „Sofern wir die Schilder auf Lager haben, wird die Umsetzung recht zeitnah erfolgen. Ansonsten richtet sich der Zeitpunkt nach der Lieferdauer des Materials.“

Grote: Auf Hauptstraßen in Hamburg muss weiter Tempo 50 gelten

Neben der Anordnung für die Martinistraße wurden laut Innenbehörde in den vergangenen Monaten Tempo-30-Strecken an der Osterstraße (Kita Schmusebacke), an der Steilshooper Straße (Kita Die kleinen Strolche und Tagespflege Barmbek) sowie an der Rahlstedter Straße (Kita Räuberhöhle Rahlstedt und der Parkresidenz Rahlstedt).

Geprüft werden aktuell noch die Bereiche vor dem Gymnasium Marienthal (Holstenhofweg) und dem Regionalen Bildungs- und Beratungszentrum (Schwarzenbergstraße). Die Behörde verweist darauf, dass im Umfeld dieser Einrichtungen eine verstärkte Geschwindigkeitsüberwachung stattfinde.

Laut Innensenator Andy Grote soll Tempo 30 in Hamburg noch ausgeweitet werden. „Das geht aber nur, wenn wir die Hauptverkehrsstraßen funktionsfähig halten und dort auch 50 gefahren werden kann“, betont er. „Nur wenn wir den Verkehr auf den großen Straßen bündeln, können wir an anderer Stelle Frequenz und Tempo herausnehmen.“

Übrigens: Die in Tempo-30-Zonen typische „rechts-vor-links-Regelung“ gilt auf Tempo-30-Strecken nicht.