Hamburg. Der Frahmredder wird zur Veloroute – sehr zum Ärger von Anwohnern, die Staus befürchten und fehlende Bürgerbeteiligung beklagen.

Am Frahmredder in Sasel formiert sich der Widerstand der Anwohner gegen den geplanten Umbau der Straße zur Veloroute. Größter Kritikpunkt: Zwischen Saseler Chaussee und Stadtbahnstraße sollen laut den Planungen sämtliche Parkplätze für die neuen Radwege entfallen.

Adolf Strohm sagt: „Post und Paketdienstleister müssen künftig alle auf der Straße parken. Wenn dann ein Bus kommt, staut sich der Verkehr. Und wenn man einen Handwerker braucht, wo soll er denn mit seinem Auto hin?“ Ihn ärgere am meisten, dass die Behörden die Anwohner nicht zu den Plänen befragt hätten.

Der Frahmredder ist nicht die einzige Straße, wo es Unmut gibt, auch in der Julius-Leber-Straße in Altona und an der Max-Brauer-Allee sind viele Anwohner empört, weil dort ebenfalls viele Parkplätze wegfallen und sich die Menschen nicht ausreichend informiert fühlen.

Verkehr Hamburg: Sieben Bäume für neue Radwege geopfert

Das Bezirksamt Wandsbek plant die Umgestaltung des Frahmredders zwischen der Saseler Chaussee und dem Stormarnplatz, weil dort die Veloroute ausgebaut werden soll. Ziel sei der Ausbau attraktiver Radverkehrsanlagen sowie Verbesserung der Verkehrssituation für Fußgänger unter angemessener Berücksichtigung des vorhandenen Baumbestands, heißt es in den Plänen. Laut Claudia Petschallies, Sprecherin des Bezirks Wandsbek, müssen allerdings sieben Bäume gefällt werden.

Die Fahrbahn und die Nebenflächen sollen neu gestaltet und die Radverkehrsführung optimiert werden. Zwischen der Saseler Chaussee und der Stadtbahnstraße ist beidseitig die Einrichtung von Schutzstreifen vorgesehen. Durch die vorgesehene Einrichtung eines verkehrsberuhigten Geschäftsbereichs zwischen der Stadtbahnstraße und dem Stormarnplatz zur Förderung des Rad- und Fußverkehrs werde die Aufenthaltsqualität des Geschäftsbereichs gesteigert, so der Bezirk.

Die Bushaltestellen sollen barrierefrei ausgebaut und durch eine zusätzliche Bushaltestelle ergänzt werden. Im Rahmen einer abschnittsweise erforderlichen Grundinstandsetzung soll die Straßenentwässerung neu geordnet werden. Der voraussichtliche Baubeginn ist März 2023. Die Bauzeit ist laut Bezirkssprecherin mit rund 18 Monaten angesetzt. Die Gesamtkosten betragen laut Kostenberechnung 7,47 Millionen Euro.

Anwohner kämpfen um ihre Parkplätze

Marcus Finnern, der seit 55 Jahren am Frahmredder lebt, ärgert sich maßlos über die Pläne: „Die Straße ist gut so, wie sie ist. Die Parkplätze werden dringend gebraucht.“ Doch laut Petschallies werden nur „23 Parkstände neu hergestellt, das sind 43 weniger als im Bestand.“ Auf die Frage, wo es künftig noch Parkplätze für Anwohner der Straße geben wird, sagt sie: „In erster Linie wird es Parkplätze auf Privatgrund geben.“ Und Handwerker und Paketdienste müssten künftig in den Ladezonen im nördlichen Abschnitt parken, ansonsten auf Privatgrund.

CDU-Fraktionschef Dennis Thering kritisierte jüngst, die von SPD und Grünen propagierte Verkehrswende passe mit der Lebenswirklichkeit vieler Menschen nicht zusammen.“ Im Alstertal und in den Walddörfern steigt die Zahl der zugelassenen Autos kontinuierlich an.

Die Kritiker der Umbaupläne am Frahmredder sind sich einig, dass Tempo 30 zwischen der Stadtbahnstraße und dem S-Bahnhof Poppenbüttel Abhilfe schaffen könnte, um den bestehenden Durchgangsverkehr zu bekämpfen. Tatsächlich herrscht am Frahmredder tagsüber reger Autoverkehr, und auch der Metrobus rauscht regelmäßig durch. Wenn sich zwei Busse begegnen, müssen sie ihr Tempo drosseln, weil die Straße nicht viel Platz bietet, wenn sich große Fahrzeuge begegnen. „Die fahren dann mit Tempo 10 oder 20“, sagt Marcus Finnern.

Neue Radwege: Anwohner wittern Verschwörung

Auch deshalb parkten alle Anwohner ausschließlich auf der einen Straßenseite, obwohl es auch in Richtung Stormarnplatz nicht verboten wäre, sagt die Anwohnerin Birgitt Strohm. „Aber dann wäre hier totales Chaos.“ Niemand in der Nachbarschaft sei grundsätzlich gegen einen Radweg, aber gerade auf der Saseler Chaussee sei dieser neu gemacht worden, sagen die Kritiker der Veloroute.

„Eine Veloroute ist offenbar eine Prestigesache für die Grünen“, vermutet Wolfgang Menck, der einen kleinen Installateurbetrieb am Frahmredder hat. Eine Verengung der Straße würde dazu führen, dass künftig der fließende Verkehr ständig gestört würde. Damit seine Mitarbeiter künftig noch parken können, müsse er wohl seinen Vorgarten zupflastern, sagt der Handwerker, dessen Familie seit 1932 hier lebt – das sei doch auch nicht im Sinne der Grünen.

Alle Parkplätze entfallen: Und die Paketboten?

Peter Althaus wiederum wohnt erst seit ein paar Jahren in einem neuen Mehrfamilienhaus mit 31 Wohneinheiten. Zu fast jeder Wohnung gehöre ein Stellplatz, sagt Althaus, aber viele der jungen Familien in seinem Haus hätten nun mal zwei Autos. Die wüssten künftig nicht, wohin mit ihren Fahrzeugen, „und wenn da mal die Oma kommen will oder Besuch, das geht dann nicht mehr.“

Auch für Paketzusteller sieht er Probleme: „Bei uns ins Haus kommen jeden Tag viele Zusteller. Aber auch wenn das Müllauto kommt – das führt zum Chaos. Das sollten die Planer bedenken.“ Die Ladezonen beim Stormarnplatz seien viel zu weit weg. Althaus befürwortet wie seine Nachbarn Tempo 30 und das Beibehalten der Parkplätze. Eine Geschwindigkeitsreduzierung würde wenigstens dazu führen, dass jene Autofahrer, die derzeit den Frahmredder als Abkürzung benutzen, davon abgehalten würden, ist er überzeugt.

Nach Ansicht der Anlieger sind es oft „Fremdparker“, die hier ihre Autos abstellen und dann mit der S-Bahn weiter zur Arbeit fahren. „Seit der P&R-Parkplatz Geld kostet, ist das noch viel mehr geworden“, hat Kirstin Kostritza beobachtet. Vom Wegfall der Parkplätze wären aber auch sie und ihre Besucher betroffen, sagen die Anlieger. Laut Bezirkssprecherin Petschallies sind die geplanten Parkplätze zwischen der Stadtbahnstraße und dem Stormarnplatz auf eine Höchstparkdauer von zwei Stunden beschränkt, dadurch solle temporäres Parken vermehrt möglich sein, heißt es vom Bezirk.

Mangelnde Transparenz für Saseler Pläne?

Ansgar Wimmer, ein weiterer Anwohner, beklagt vor allem die mangelnde Information der Anlieger. Er hatte einen langen Fragenkatalog an den Bezirk geschickt und die Vernichtung der Parkplätze beklagt, aber auch Details zum Lieferverkehr nachgefragt.

Der Bezirk antwortete auf Wimmers Kritik: „Planungsalternativen mit einem Parkstandserhalt (z. B. Einrichtung einer Tempo-30-Zone) sind aufgrund der mit einer Geschwindigkeitsreduzierung und den erforderlichen baulichen Geschwindigkeitsdämpfern einhergehenden Einschränkungen für den vorhandenen Linienbusverkehr und den dadurch zu erwartenden Nachteilen für den Radverkehr (steigender Überholdrang) auch vor dem Hintergrund der Streckenlänge (längere Strecke 500 Meter) leider nicht realisierbar.“

Petschallies verwies zudem auf die Ladezone zwischen Stadtbahnstraße und Stormarnplatz.

Verkehr Hamburg: Wo Anwohner demnächst parken sollen

Grundsätzlich sei bei allem immer der begrenzt zur Verfügung stehende öffentliche Raum bei gleichzeitig hoher Beanspruchung desselben durch sehr unterschiedliche Bedarfe zu beachten und zu berücksichtigen.

Und zur Verdichtung in dem Quartier heißt es vom Bezirk: „Inwieweit auf Privatgrund Stellflächen für Fahrzeuge vorgehalten werden oder nicht, kann nicht Thema der Straßenplanung sein, sondern muss im Rahmen des Wohnungsbaus entwickelt werden. Die Wohnungsbaunachverdichtung vor Ort hat somit keinen Einfluss auf die vorliegende Planung.“

Petschallies macht den Anliegern wenig Hoffnung, dass sie noch Änderungen erwirken können. Grundsätzlich könnten Bürger ihre Bedenken über den verkehrspolitischen Ausschuss vorbringen. „Aufgrund der nahenden Bauausführung sind Änderungen jedoch nur noch schwerlich umsetzbar, da auch der Abwägungsprozess bereits abgeschlossen ist.“ Am Montag ist der Frahmredder noch einmal Thema bei der Sitzung des Hauptausschusses.