Hamburg. Wer nicht privat versichert ist, bekommt nur noch Margarine – aus Kostengründen. Auch andere Krankenhäuser in Hamburg sparen.
Wer als Patient im Krankenhaus liegt, erwartet optimale medizinische Versorgung, aber keine kulinarischen Höhepunkte bei den Mahlzeiten am Bett. Zum Mindeststandard gehörte allerdings bislang die „gute Butter“ beim Frühstück und Abendbrot.
Doch damit ist jetzt bei den Hamburger Kliniken des Krankenhaus-Unternehmens Asklepios Schluss: Aus Kostengründen streicht der Konzern den Kassenpatienten die Butter und lässt stattdessen seit Dezember pflanzliches Streichfett, also Margarine, servieren. Privatpatienten können dagegen weiterhin Butter genießen.
Asklepios spart bei Kassenpatienten: Butter derzeit zu teuer
Was auf den ersten Blick eine Geschmacksfrage ist, hat einen ernsten Hintergrund. Die hohe Inflationsrate von knapp acht Prozent im vergangenen Jahr trifft auch die Hamburger Krankenhäuser mit aller Wucht. Asklepios zieht die ersten Konsequenzen und nimmt ein beliebtes Produkt vom Tablett, dessen Konsum gerade bei älteren Menschen auch ein Wohlstandssymbol ist.
„Angesichts gestiegener Einkaufs-, Logistik- und Personalkosten in der für die Speisenversorgung zuständigen Tochtergesellschaft sind Einsparungen unvermeidlich. Da geht es uns nicht besser als anderen Branchen oder auch Privathaushalten“, sagte Asklepios-Sprecher Mathias Eberenz am Montag dem Abendblatt.
Asklepios spart 330.000 Euro pro Jahr durch Umstieg auf Margarine
Eine der Maßnahmen ist die Anfang Dezember erfolgte Umstellung von Joghurt-Butter (bisheriger Standard) auf Margarine für die Speisenversorgung der Patientinnen und Patienten in den Hamburger Kliniken. Die Kostenersparnis angesichts eines mehr als verdoppelten Einkaufspreises für Joghurt-Butter beträgt den Angaben zufolge rund 330.000 Euro pro Jahr.
Asklepios kann offenbar die zusätzlichen Ausgaben in Höhe von jährlich 2,6 Millionen Euro nur annähernd ausgleichen, die durch die gestiegenen Einkaufs-, Transport- und Energiekosten in der Speisenversorgung entstehen. Irgendwo müsse an der Kostenschraube gedreht werden, hieß es. Denn die Qualität der medizinischen Versorgung bleibe davon unberührt.
Asklepios-Sprecher: „Butter bleibt eine Geschmackssache"
Anders als Einzelhändler oder andere Dienstleister könnten Kliniken die höheren Kosten nicht an ihre Kunden, also Patienten, weitergeben. „Wir müssen trotz erheblich gestiegener Ausgaben mit den vorhandenen Pauschalen auskommen, erhalten bislang auch keinen Inflationsausgleich“, betont Mathias Eberenz. „Butter“, fügt er hinzu, „bleibt eine Geschmackssache. Sie ist für den medizinischen Behandlungsprozess und den Genesungserfolg nicht von Relevanz.“
Man könne sogar argumentieren, dass pflanzliches Streichfett gegenüber tierischen Fetten wie Butter oder Joghurt-Butter reicher an gesunden, ungesättigten Fettsäuren ist. Zudem habe Asklepios die Menüauswahl und das Informationsangebot der Speisenangebote im Sommer 2022 nochmals verbessert. Täglich gebe es jetzt eine Auswahl an 21 Mittagessen; zum Frühstück und Abendbrot könne aus zehn Varianten ausgewählt werden.
Dass Asklepios den Kassenpatienten die Butter vom Brot nimmt, stößt gerade bei älteren Menschen auf Kritik. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte der Genuss der „guten Butter“ zum Wohlstand. Doch wegen der steigenden Preise setzen die Deutschen jetzt vermehrt auf Alternativen. Wie die „Lebensmittel-Zeitung“ berichtet, kaufen auch Kunden zunehmend Margarine statt Butter.
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Gestiegene Kosten treffen auch weitere Hamburger Kliniken
Die hohen Kosten in allen Lebensbereichen treffen auch weitere Hamburger Kliniken. Die Krankenhäuser mussten in den vergangenen zwölf Monaten bei der Lebensmittelbeschaffung besonders starke Preisanstiege von teilweise bis zu 20 Prozent verkraften, sagte eine Insider dem Abendblatt. Eine angemessene Gegenfinanzierung sei bislang nicht erfolgt.
Während die Inflationsrate auf die Speisenversorgung der Patienten im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) den Angaben zufolge derzeit keine Auswirkungen hat, sehen andere Kliniken die Entwicklung mit akuter Sorge. „Wir haben deshalb versucht, Kosten vor allem durch die Optimierung von Prozessen zu reduzieren“, sagt etwa Fabian Peterson, Sprecher der Immanuel Albertinen Diakonie. Zu diesem Konzern gehört unter anderem das Evangelische Amalie Sieveking Krankenhaus in Volksdorf.
Asklepios spart bei der Butter, andere Kliniken beim Fleisch
So wurden Lebensmittelabfälle gezielt reduziert, die Bedarfsplanung verbessert und der Einkauf von Lebensmitteln optimiert. „Ebenso haben wir das Produktportfolio gestrafft sowie den Anteil an fleischlosen Gerichten (vegetarisch und vegan) erhöht, womit auch ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird“, so der Konzernsprecher. „Trotz all dieser Maßnahmen verbleibt aber ein Großteil der Mehrkosten bei uns.“ Die Verpflegung im Wahlleistungsbereich erfolge jedoch auf einer anderen Basis und sei deshalb von den eingeleiteten Maßnahmen bislang nicht betroffen. Das bedeutet: Privatpatienten dürfen gehobenen Komfort in Anspruch nehmen.
Ob es nun keine Butter oder weniger Fleisch auf den Tellern am Krankenbett gibt – die Ernährungssituation in den deutschen Kliniken bleibt ohnehin verbesserungsbedürftig. „Maßnahmen zur Optimierung der Ernährungsversorgung in deutschen Kliniken und Pflegeheimen sind dringend erforderlich, um der Entwicklung von Mangelernährung vorzubeugen und bestehende Ernährungsprobleme angemessen zu behandeln“, sagt Professorin Dorothee Volkert vom Institut für Biomedizin des Alterns der Universität Erlangen-Nürnberg.
Eine Studie im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Ernährung hatte herausgefunden, dass bis zu 30 Prozent der Patienten in deutschen Kliniken mangelernährt sind. Das wird sich mit Margarine kaum verbessern lassen.