Damit reagiert die Kassenärztliche Vereinigung auf die heftige Krankheitswelle. Wird die Praxis Kinderärzte entlasten?
- Wegen der Krankheitswelle sind Kinderärzte in Hamburg völlig überlastet
- Nun öffnet eine neue Infektpraxis speziell für Kinder
- Bei lebensbedrohlichen Erkrankungen soll aber immer die 112 gewählt werden
Als weitere Konsequenz aus dem Krisengipfel von Hamburgs niedergelassenen Ärzten, den Krankenhäusern und der Sozialbehörde richtet die Kassenärztliche Vereinigung (KV) eine eigene Infektpraxis für Kinder ein. Sie soll vom 2. Januar an an der bestehenden Notfallpraxis an der Stresemannstraße 54 auf St. Pauli von montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr kleine Patienten mit Atemwegserkrankungen und akuten Infekten behandeln.
„Wenn ein Kind akut erkrankt ist und zeitnah ärztliche Hilfe benötigt, dann bieten wir ab sofort eine zusätzliche Anlaufstelle“, sagte der KV-Vorstandsvorsitzende John Afful.
Mit diesem zusätzlichen Angebot (zunächst auf einige Monate zeitlich befristet) sollen die derzeit überlasteten Praxen der Kinderärzte und die kinderärztlichen Notfallangebote in den Krankenhäusern entlastet werden. Afful betonte, dass die neue Praxis nur für Krankheiten gedacht sei, mit denen man normalerweise zum Kinderarzt gehe: „Bei lebensbedrohlichen Erkrankungen bitte immer gleich die 112 rufen.“
Kinderärzte in Hamburg aus Ruhestand und Elternzeit aktiviert
Für die Abendstunden und das Wochenende stehe der kinderärztliche Notdienst im Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK), in der Asklepios Klinik Nord-Heidberg, im Kinderkrankenhaus Wilhelmstift (Rahlstedt) und in der Helios Mariahilf Klinik (Harburg) zur Verfügung.
An den Krankenhäusern wurden die Notdienste aufgrund des großen „Patientenanfalls“ ebenfalls ausgebaut, um der Grippewelle und der vielen Infektionen mit RS-Viren (Respiratorisches Synzytialvirus) sowie anhaltender Corona-Infektionen Herr zu werden.
Versorgt werden die Patienten von Kinderärzten. Der KV ist es offenbar gelungen, Mediziner in Teilzeit, in Elternzeit oder im Ruhestand für den Job in der Virenwelle zu aktivieren.
Die Infektpraxis ist Teil des Arztrufs Hamburg 116 117. Unter dieser Nummer gibt es eine ärztliche Beratung, einen Termin beim Facharzt oder schnelle Hilfe beim Hausbesuch sowie im dringenden Fall eine direkte Weiterleitung zum Notruf 112. Es gibt außerdem Überlegungen, beide Nummern zusammenzulegen, um die Patientenströme noch genauer zu steuern.
Stark erhöhter Krankenstand unter Kindern im Dezember
In vielen Hamburger Kinderarztpraxen werden in den Tagen zwischen den Jahren fast ausschließlich Infekte behandelt. Die Sprecherin des Verbandes der Kinder- und Jugendärzte, Dr. Charlotte Schulz, sagte dem Abendblatt: Es könne sein, dass die in diesem Jahr so früh gestartete Grippewelle schon wieder abflaue. Oder aber sie halte noch bis Ende Januar an. „Das wissen wir etwas verlässlicher erst, wenn die Schule wieder begonnen hat.“
Kinder hatten ihre Eltern angesteckt, sowohl mit der Influenza als auch mit RSV. Das hatte schon vor Weihnachten zu einem stark erhöhten Krankenstand in Hamburg geführt. Viele Firmen und der öffentliche Nahverkehr sowie das Gesundheitswesen selbst sind betroffen.
Grippeimpfung für Kinder ergibt keinen Sinn mehr
Die Grippewelle kam in den vergangenen Jahren zumeist erst zu Beginn eines Jahres in den Norden. Corona hat diesen „Fahrplan“ durcheinandergebracht. Der Expertenrat der Bundesregierung hatte früh darauf hingewiesen, dass eine Überlastung der Praxen und Notaufnahmen drohe.
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Eine Grippeimpfung für Kinder macht für die laufende Welle vermutlich keinen Sinn mehr, sagen Experten. Jedoch sollte man rechtzeitig im kommenden Jahr darüber nachdenken, möglicherweise auch manche Kinder und noch mehr Risikogruppen gegen die Influenza zu impfen. Mit den Krankenkassen, die das für Kinder nicht bezahlen, müssen darüber Gespräche geführt werden.