Hamburg. Der Bauantrag hätte schon längst eingereicht werden können. Doch eine Aussage der Bayerischen Hausbau lässt aufhorchen.
„Täglich grüßt das Murmeltier. Es ist nicht mehr nachvollziehbar, warum bei diesem hoch politischen und wichtigen Bauprojekt kein Fortschritt erzielt werden kann“, kritisiert Tobias Piekatz gegenüber dem Abendblatt. Der SPD-Abgeordnete der Bezirksversammlung Mitte und Vorsitzende des Bauausschusses führt weiter aus. „Man fragt sich, ob der Eigentümerin jemals bewusst war, was sie sich vorgenommen hat.“
Die Rede ist vom geplanten Paloma-Viertel am Spielbudenplatz auf St. Pauli, eines der spektakulärsten Projektentwicklungen in Hamburg. Geplant sind rund 200 Wohnungen, davon mehr als 60 Prozent öffentlich gefördert, ein Hotel und Flächen für Gewerbe sowie den Musikclub Molotow. Doch es gibt ein gravierendes Problem: Es herrscht weiterhin Stillstand. Die Bayerische Hausbau hat nach Abendblatt-Informationen immer noch keine Bauanträge beim Bezirksamt Mitte für das Paloma-Viertel eingereicht.
Neue Wohnungen? Beim Paloma-Viertel herrscht Stillstand
Aber der Reihe nach: Im Mai 2023 befindet sich das 6100 Quadratmeter große Areal bereits seit 14 Jahren im Eigentum der Bayerischen Hausbau, die das Grundstück 2009 von Jürgen Schütze erworben hatte. Die legendären Esso-Hochhäuser auf dem Gelände wurden 2014 abgerissen und die Kulttankstelle abgebrochen. Seitdem ist die Fläche eine Brache.
Im Oktober vergangenen Jahres sah es dann so aus, als wenn das Bauvorhaben endlich Fahrt aufnimmt. Damals hatte Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer (SPD) den vorhabenbezogenen Bebauungsplan St. Pauli 45 unterschrieben und damit offiziell festgestellt (wir berichteten). Damit war die letzte Hürde für das Projekt genommen. Was allerdings immer noch fehlte, waren die Bauanträge.
Warum wurden die Bauanträge noch nicht eingereicht?
Paradox, diese hätte die Bayerische Hausbau auch schon im November 2021 einreichen können, nachdem die Bezirksversammlung die Vorweggenehmigungsreife für das Bauvorhaben beschlossen hatte. Im Mai 2022 hatte der Bayerische-Hausbau-Niederlassungsleiter Matthias Reuner noch angekündigt, dass die Bauanträge im Sommer eingereicht werden sollten.
Daraus wurde nichts, und im Oktober vergangenen Jahres kündigte das Unternehmen mit Hauptsitz in München per Pressemitteilung an: „Das Bezirksamt Mitte und die Bayerische Hausbau streben nun kurzfristig abschließende Gespräch zur Vorbereitung der erforderlichen Bauanträge an.“
Das war vor mehr als drei Monaten. Und noch immer sind keine Bauanträge in Sicht. „Bislang gibt es noch keinen neuen Stand, den wir vermelden könnten“, sagte eine Sprecherin der Bayerischen Hausbau auf Abendblatt-Anfrage.
Bezirk Mitte: „Es handelt sich um ein sehr komplexes Vorhaben“
Aus dem Bezirksamt Mitte heißt es: „Sowohl der Bayerischen Hausbau als auch uns ist daran gelegen, dass das Projekt weiter vorangeht, es handelt sich hier jedoch um ein sehr komplexes Vorhaben, das vielerlei Herausforderungen mit sich bringt, wie beispielsweise die Rückkehr des Molotow, das Baufeld für genossenschaftliches Wohnen oder auch die Dachflächen, die vielseitig für die Öffentlichkeit bespielt werden sollen.“
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Aber auch im Bezirksamt weiß man dem Vernehmen nach nicht, ob und wann die Bayerische Hausbau die Bauanträge einreicht. Ein weiteres denkbares Szenario wäre, dass sich das Unternehmen komplett zurückzieht und das Grundstück veräußert. Nach Abendblatt-Informationen wurde hinter den Kulissen bereits mit potenziellen Käufern gesprochen.
Bayerische Hausbau: „Finale Entscheidung noch nicht gefallen“
Allerdings ist es kein Geheimnis, dass aufgrund der gestiegenen Baukosten und dem Mangel an bauausführenden Firmen der Markt für Projektentwickler schwieriger geworden ist. Die Sprecherin der Bayerischen Hausbau antwortet auf die Frage nach einem möglichen Verkauf: „Dass für uns alle Optionen denkbar sind, ist grundsätzlich unser Geschäftsgebaren. Wir prüfen dies bei all unseren Projekten und Objekten. Hier ist die finale Entscheidung noch nicht gefallen.“ Auch noch keine Entscheidung gibt es darüber, welche Kette das geplante Themenhotel mit 150 Zimmern im Paloma-Viertel betreiben wird.
Unterdessen sieht auch Manuel Muja, Fraktionschef der Grünen in der Bezirksversammlung Mitte, dringenden Handlungsbedarf. „Der notwendige Bebauungsplan ist inzwischen in Kraft getreten, nun muss noch die Bayerische Hausbau die Bauanträge stellen, damit endlich mit dem Bau begonnen werden kann. Wir Grüne hoffen, dass dies zeitnah passiert.“
Nach Abendblatt-Informationen soll es Anfang Februar ein Gespräch zwischen der Bayerischen Hausbau und der Stadt geben – darum hatte das Unternehmen gebeten.