Hamburg. Dr. Hanna Storf behandelt im Agaplesion vorwiegend ältere Menschen. Sie benennt die Risikofaktoren und wie man vorbeugen kann
Wer nur mehr kurze Strecken gehen kann und sich immer öfter zwischendurch ausruhen muss, der landet möglicherweise wenig später bei Dr. Hannah Siu-Fa Storf. Die 37-Jährige ist Oberärztin in der Gefäßmedizin im Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg in Eimsbüttel und behandelt täglich arterielle Verschlüsse, also Verschlüsse der Schlagadern. „Das sind die Gefäße, die die Organe und die Extremitäten, also die Beine und Arme, mit Blut versorgen. Und die können sich verengen oder verschließen“, erklärt Storf im Podcast „Hamburger Klinikhelden“. Das sei meistens ein schleichender Prozess. „Es ist ähnlich wie eine Spülmaschine, die verkalkt, wenn man das so salopp vergleicht“, sagt Storf. Irgendwann sei es so ausgeprägt ist, dass das Blut nicht mehr schnell genug durchkomme und die Organe, Arme oder Beine zu wenig Blut bekommen.
Klassischerweise werde die Erkrankung in Stadien eingeteilt, sagt die Ärztin: „Das einfachste Stadium ist, dass die Patienten die typische Schaufenstererkrankung haben, das heißt, sie laufen eine gewisse Strecke, haben dann Schmerzen, bleiben stehen, dann geht es wieder, dann laufen sie wieder und merken über die Jahre, dass die Gehstrecke immer weniger wird“, erklärt Storf. Im nächsten Stadium hätten die Patienten auch Schmerzen in einer Ruheposition und könnten nachts deswegen zum Teil nicht mehr schlafen. Im fortgeschrittenen Stadium träten häufig Wunden auf, die nicht abheilen.
Jahrelang merken die Betroffenen nichts von ihrer Krankheit
Das sei das Gemeine, so Storf: Jahrelang ginge es noch relativ gut, weshalb das ganze Krankheitsbild unterschätzt werde. Erst wenn es sich nicht mehr ignorieren lässt, gingen die Patienten zum Arzt. Die Gefäßchirurgin spricht von einer Volkskrankheit, die aber meist ältere Menschen betrifft. Ab 70 Jahren steigt die Häufigkeit.
Doch man könne etwas tun, um diese Erkrankung zu verhindern oder zu verlangsamen, sagt die Ärztin. „Rauchen ist ein großer Risikofaktor. Diabetes, also die Zuckererkrankung, auch. Das impliziert eine gesunde mediterrane Ernährung, viel Bewegung.“ Man müsse zudem auch sämtliche Nebenerkrankungen, die das Gefäßsystem betreffen, wie etwa Bluthochdruck, immer gut im Blick haben.
Nicht immer muss sofort operiert werden
Laut Storf lassen sich viele Beschwerden, mit denen Patienten in ihrer Klinik vorstellig werden, ohne chirurgischen Eingriff behandeln. „Wir haben eine Sprechstunde, da lernen wir die Patientin erst einmal kennen. Man muss nicht sofort zum Messer greifen, sondern kann erst mal klinische Untersuchungen machen. Dann gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, zu behandeln. Man kann in dem Anfangsstadium noch relativ lange konservativ mit Medikamenten arbeiten.“ Ab einem gewissen Punkt behandle sie die Patienten minimalinvasiv mit sogenannten Katheteruntersuchungen. „Das ist ähnlich wie eine Herzkatheter-Untersuchung, nur dass man sich um die Beingefäße kümmert. Da kann man im Gefäß den Kalk entweder entfernen, oder man baut eine kleine Metallstütze, also Gefäßstütze, einen sogenannten Stent.“
„Dieser Kalk begleitet meine Patienten den Rest ihres Lebens“
Bei Patienten, deren Beine betroffen sind, müsse man eigentlich mit relativ großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass irgendwann auch das Herz, also die Herzgefäße, und auch die Halsgefäße betroffen sein werden. „Das ist nicht wie eine Blinddarmentzündung, wo man einmal den Blinddarm entfernt und dann ist gut“, sagt Storf. „Dieser Kalk begleitet meine Patienten den Rest ihres Lebens.“
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Es gelte daher zu versuchen, Risikofaktoren zu reduzieren. „Also man schaut, dass man den Blutdruck optimal einstellt. Man gibt den Patienten eine sogenannte Basismedikation. Dazu gehört ein Medikament, was das Blut etwas dünner macht, meistens ist das Aspirin. Und ein Medikament, das in den Fettstoffwechsel eingreift, weil das gefäßschützend ist.“ Das sei, salopp ausgedrückt, sozusagen das Äquivalent zum Kalkreiniger bei der Spülmaschine.
Viele Patienten nähmen ihre Gefäßerkrankung als Warnruf, um ihr Leben etwas gesünder zu führen, aber nicht alle, so die Erfahrung der Medizinerin„Ich glaube, die meisten Patientinnen und Patienten machen das schon in ihrem Rahmen.“ Häufig sei ihnen aber auch nicht klar, dass sie eine chronische Erkrankung haben, die sie den Rest ihres Lebens begleitet. Darüber müsse man sie noch besser aufklären. Ihr Team am Agaplesion biete jeden Tag eine Sprechstunde sowie eine spezialisierte Wundsprechstunde an.