Hamburg. Abgeordnete Christa Möller-Metzger sieht in den Checks eine Gefahr. Was die Grünen-Politikerin stattdessen vorschlägt.
Sollten ältere Menschen zu Checks verpflichtet werden, um ihre Fahreignung festzustellen? Dieser Überlegung, die aktuell in Hamburg diskutiert wird, erteilt Christa Möller-Metzger, die „senior*innenpolitische Sprecherin“ der Grünen, eine klare Absage. „Ich bin gegen verpflichtende Fahrtests für Senioren“, betonte die Hamburger Politikerin.
Wenn man zu dem Schluss komme, dass Autofahren zu viele Gefahren berge, müsse es vielmehr Tests für alle Altersstufen geben — beispielsweise alle fünf Jahre, so Möller-Metzger. „Wenn wir uns aber eine Gruppe raussuchen, die laut Statistik nicht zu den größten Unfallverursachern gehört, dann sind das Altersbilder, die nicht zu rechtfertigen sind. Wir dürfen Altersdiskriminierung nicht zulassen!“
Unfälle in Hamburg: Grüne gegen Fahrtests für Senioren
Möller-Metzgers Parteikollegin Stefanie von Berg hatte jüngst die Debatte um Verkehrstauglichkeits-Checks für ältere Autofahrerinnen und Autofahrer angestoßen. „Wann kommt endlich die Fahrtüchtigkeitsprüfung für Senior/-innen?“, hatte von Berg gefragt. Unterstützung hatte die Altonaer Bezirksamtschefin vom Rechtsmediziner Prof. Klaus Püschel erhalten.
„Ich bin unbedingt für verbindliche Richtlinien, nach denen ab einem bestimmten Alter, zum Beispiel ab 70 oder 75 Jahren, die Verkehrseignung medizinisch und psychologisch überprüft wird“, so der Experte. Dies solle in einem „Abstand von zwei bis drei Jahren geschehen“. Der Sozialverband in Hamburg sprach sich indes gegen pauschale Eignungsprüfungen für Ältere aus.
Phänomen Waitzstraße dürfe nicht verallgemeinert werden
Die Frage möglicher Eignungstests für Senioren beschäftige sie schon lange, sagte die Grünen-Politikerin Möller-Metzger im Gespräch mit dem Abendblatt. Ebenso treibe sie um, wie zu erreichen sei, dass die Fähigkeiten am Steuer möglichst lange erhalten blieben. „Wir sind dabei, einen Vorschlag für die Bürgerschaft zu erarbeiten.“
Wichtig sei ihr jedoch klarzustellen, dass das Phänomen von der Waitzstraße, wo in den vergangenen Jahren immer wieder Senioren Verkehrsunglücke verursacht haben, nicht verallgemeinert werden dürfe. „Die größte Gruppe derer, die Unfälle verursachen, sind Männer zwischen 25 bis 35“, sagt Möller-Metzger. Internationale Studien belegten: „Allein das fortgeschrittene Alter bedeutet keine Steigerung des Unfallrisikos.“ Dieses hänge vielmehr ab von der individuellen Leistungsfähigkeit.
Möller-Metzger: Ärzte sollen auf Fahrtüchtigkeit achten
Möller-Metzger plädiert dafür, gezielt in einen Austausch mit der Ärztekammer zu treten. „Das Bestreben sollte sein, dass Mediziner bei ihren Patienten effektiver auf die Fahrtüchtigkeit achten. Ärzte können am besten einschätzen, wie es etwa um die Sehfähigkeit der Patienten bestellt ist und ob der Schulterblick noch funktioniert.“
Die medizinischen Experten könnten dann im Bedarfsfall – also wenn es Zweifel an der Fahrtüchtigkeit gebe — auch am besten darauf hinweisen, dass der jeweilige Patient sich Gedanken machen solle, „lieber das Auto in Zukunft ganz stehen zu lassen“, so Möller-Metzger.
Fahrtüchtigkeit im Alter: Wie lässt sie sich erhalten?
Sinnvoll seien zudem zielgerichtete Informationen für einen Erhalt der Fahrtüchtigkeit im Alter, „worauf man achten muss und wie man sich seine Fitness möglichst bewahren kann“. So sei es unter anderem sinnvoll, den Schulterblick zu trainieren. Darüber hinaus sollten entsprechende Broschüren entworfen werden, die für die Frage des Autofahrens im Alter sensibilisierten und Unterstützung anböten. Diese Informationsblätter sollten in den Praxen verteilt werden können.
„Ich setze immer auf Freiwilligkeit, auf eine freiwillig Einschätzung der Situation“, betonte die Grünen-Politikerin in Bezug auf die Frage, ob jemand noch Auto fährt. „Man muss genauer hinschauen: Wie komme ich zu einer bestimmten Beurteilung?“ Es müsse grundsätzlich die Individualität des Einzelnen anerkannt werden.
„Wir dürfen Älteren nicht gewisse Stereotypen zuschreiben, sondern brauchen Sensibilität für die Behandlung von älteren Menschen.“ Die Gesellschaft drifte ohnehin viel zu sehr auseinander, unter anderem befeuert durch die Corona-Pandemie, in der Senioren vielfach vor allem als „alt und gebrechlich“ wahrgenommen worden seien. „Altersdiskriminierung muss unbedingt vermieden werden.“ Dazu gehöre es, Bevormundung zu verhindern. „Wir sollten mit den Älteren gemeinsam nach Lösungen suchen“, meint Möller-Metzger.
Grünen-Politikerin: Statt Fahrtests für Senioren mehr Rufbusse
In Bezug auf den Verkehr sei es generell ihr Ziel, „dass grundsätzlich weniger mit dem Auto gefahren werden sollte“, sagt die Politikerin. Möller-Metzger verweist auf den Thinktank „Agora“, der festgestellt habe, „dass man für die Verkehrswende unbedingt die älteren Menschen mit einbeziehen muss.
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Das gelingt nur, wenn wir Bedingungen schaffen, dass die Leute lieber auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen.“ Hier plädiert die Hamburgerin unter anderem für einen Ausbau der „On-Demand-Mobilität“, also beispielsweise einen vermehrten Einsatz von sogenannten Rufbussen, mit denen die Menschen von der S- oder U-Bahn- oder Bushaltestelle „den letzten Kilometer nach Hause schaffen“.
Könnten Unfälle von Senioren durch „Age-friendly City“ umgangen werden?
Insgesamt sei ihr Ziel eine „Age-friendly City“, so die Grünen-Politikerin. Diese seniorenfreundliche Stadt sei ein „tolles Projekt der Weltgesundheitsorganisation“, in der viele Themen angestoßen würden. „Dem haben sich weltweit mehr als 1400 Städte und Gemeinden angeschlossen. Ich wünsche mir, dass Hamburg das ebenfalls tut.“
Generell könne viel getan werden, beispielsweise eine bessere ärztliche Versorgung, bessere Verkehrsanbindung sowie mehr Seniorentreffs. Sie wünsche sich auch mehr altersfreundliche Bänke mit Seiten- und Rückenlehnen, sagt Möller-Metzger. „Das motiviert die Menschen, mehr Wege zu Fuß zu erledigen. Das bringt außerdem ein Stück Selbstständigkeit und wäre darüber hinaus ein gutes Fitnesstraining.“