Hamburg. Ein Stadtteil und eine Umlandgemeinde fallen beim Beschwerdeverhalten besonders auf. Zahl der Flüge steigt, Zahl der Verspätungen auch.

Am Flughafen Hamburg steigt die Zahl der Flüge – besonders die derjenigen, die nach 23 Uhr starten oder landen. Beschwerden darüber kommen aber besonders aus dem Umland. Das geht aus der Jahresbilanz Fluglärm hervor, die die Hamburger Umweltbehörde am Freitag veröffentlichte.

Demnach ist die Zahl der Flugbewegungen im Vergleich zum Pandemiejahr 2021 um die Hälfte auf nun 109.589 angestiegen. Im Verhältnis zum letzten Vor-Corona-Jahr ist die Zahl der Starts und Landungen aber immer noch deutlich niedriger: 2019 waren 155.462 Starts und Landungen in Fuhlsbüttel gezählt worden.

Flughafen Hamburg: Zahl der Nachtflüge steigt überproprotional

Überproportional angestiegen ist hingegen die Zahl der verspäteten Flüge, die gegen das Nachtflugverbot verstießen: "Mit 873 wurde sogar das letzte Vor-Corona Jahr 2019 übertroffen, in dem 678 verspätete Flüge gezählt wurden, 2021 dagegen nur 116", so die Umweltbehörde.

In den Monaten Juni, September und Dezember lag die Zahl der Nachtflüge sogar über der des Rekordjahres 2018, als insgesamt 1174 Flüge nach 23 Uhr starteten oder landeten. Der Linken-Politiker Stephan Jersch sprach in einer ersten Reaktion davon, dass „alle kleinen Erfolge, die vor der Pandemie erreicht wurden“, nun wieder verloren gegangen seien.

BUND: Hamburg Airport erholt sich auf Kosten der Bevölkerung

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warf dem Airport vor, sich auf Kosten der Anwohner von den Corona-Jahren zu erholen. „Der Flughafen nimmt in seinem Streben nach Wachstum keine Rücksicht auf die gesundheitliche Belastung der Bevölkerung“, sagte Martin Mosel, 2. Vorsitzender des Landesverbands Hamburg. Rund 250.000 Menschen im Umfeld des Airports seien von dem Fluglärm betroffen.

BUND und Bürgerinitiativen hatten bereits im Sommer beklagt, dass die bisher geltende Verspätungsregel „überhaupt keine Wirkung mehr“ zeige, und sich für eine Verschärfung eingesetzt. Das spiegelt sich auch in der Zahl der Beschwerden über Fluglärm bei der Umweltbehörde wider, die auf 32.176 anstieg. Davon wurden zwei Drittel namentlich abgegeben, was Rückschlüsse über das Ausmaß des Ärgers über Fluglärm je nach Wohnort zulässt.

Beschwerden über Fluglärm kommen besonders häufig aus Poppenbüttel

14.309 der namentlichen Beschwerden wurden von Hamburgerinnen und Hamburgern abgegeben, die übrigen 7647 kommen aus dem Umland. Berücksichtigt man dazu, wie viele Beschwerden jede Person abgegeben hat, zeigen sich einige interessante Tendenzen: Auf den ersten Blick scheint das Umland individuell gesehen deutlich beschwerdefreudiger zu sein als die Stadt. Aus Hamburg kommen im Schnitt ein Dutzend Beschwerden pro Person, aus dem Umland mit 25 mehr als doppelt so viele.

Allerdings gibt es auch in Hamburg massive Unterschiede: Laut Umweltbehörde kommt fast die Hälte der namentlichen Beschwerden (6700) in der Stadt aus Poppenbüttel und verteilt sich dort auf nur 77 Personen. Diese haben sich also im Schnitt 87-mal pro Jahr über Fluglärm beschwert. Zum Vergleich: Mehr Beschwerdeführer*innen gab es nur in Barmbek-Süd (93) und Langenhorn (81) – aus beiden Stadtteilen zusammen gingen aber nur 785 namentliche Beschwerden ein.

Flughafen Hamburg: Großhansdorf, uneinholbar vorn bei Fluglärm-Beschwerden

Doch es geht noch empörter, noch viel, viel empörter: Aus Großhansdorf im Kreis Stormarn erreichten die Behörde 3122 namentliche Beschwerden, „die allerdings von weniger als fünf Personen abgegeben wurden“. Das heißt, jede einzelne hat sich mindestens 251-mal beschwert – durchschnittlich fünfmal die Woche. In Stormarn kommt es immer wieder einmal zu gehäuften Beschwerden von vergleichsweise wenigen Menschen.

Die Bilanz von Norderstedt, das als Hochburg der Fluglärmgegner gilt, fällt vergleichsweise zahm aus: „76 Personen gaben insgesamt 409 Beschwerden ab“. Also etwa fünf pro Person. Hauptgrund für Beschwerden über Fluglärm war die Störung der Nachtruhe, die insgesamt in jeder dritten Beschwerde als Grund genannt wurde.