Ahrensburg. Zahl sinkt von Ahrensburg über Elmenhorst bis Jersbek stark. Anders sieht es in der Gemeinde Großhansdorf aus.
Die Zahl der Beschwerden aus dem Kreis Stormarn über Fluglärm ist im vergangenen Jahr erneut stark zurückgegangen. 48 Einwohner meldeten der Fluglärmschutzbeauftragten Gudrun Pieroh-Joußen in der Hamburger Umweltbehörde genau 3980 Beanstandungen. Im Rekordjahr 2016 waren es fast 52.000 Beschwerden von 162 Einwohnern. Beobachter sprachen damals von einem „Klick-Krieg“ unter Bürgerinitiativen. Diese wollten mit dem fleißigen Ausfüllen der Online-Formulare offenbar beweisen, dass in ihrem Ort die Situation besonders schlimm sei.
Allein aus dem kleinen Elmenhorst kamen damals mehr als 28.000 Beschwerden (jetzt 51 von neun Bürgern). Die Ahrensburger übertrafen 2017 die Marke von 25.000 (jetzt 58/zwölf Bürger), und auch das Dorf Jersbek erreichte mit rund 2700 (jetzt 84/weniger als fünf Bürger) einen Höchststand. Neun Bargteheider waren 2019 mit gut 16.700 Beschwerden (jetzt 410/sechs Bürger) außerordentlich engagiert, ebenso drei Großhansdorfer mit fast 9200 (jetzt 3300/weniger als fünf Bürger).
Großhansdorfer Messstelle erkannte im Vorjahr 415 Überflüge
Vergangenes Jahr füllte jeder der 48 namentlich erfassten Stormarner im Schnitt 83 Formulare aus – wobei einzelne auf mehr als 1000 Fälle kommen, wie die 3300 Beschwerden aus Großhansdorf zeigen. Wie viele es in der Waldgemeinde genau sind, lässt sich nicht sagen. Die Umweltbehörde führt weniger als fünf Beschwerdeführer nicht explizit auf. Damit soll verhindert werden, dass diese Menschen unter Umständen identifiziert werden können.
Erstaunlich: Obwohl die Großhansdorfer Messstelle des Vereins Deutscher Fluglärmdienst (DFLD) im Vorjahr lediglich 415 Überflüge erkannte, kamen die mit Abstand meisten Stormarner Beschwerden aus der 9500-Einwohner-Gemeinde. Die liegt nicht einmal direkt an der Einflugschneise. Deshalb fliegen die Jets in mehr als 1000 Metern Höhe. Bürgermeister Janhinnerk Voß hat mehrfach betont, dass für die große Mehrzahl der Einwohner die Laubentsorgung ein wichtigeres Thema sei als der Fluglärm.
- Wie der Airport umweltfreundlicher werden soll
- Die Bilanz am Airport: Mehr Nachtflüge, weniger Beschwerden
Über Jersbek wurden fast 6200 Flugzeuge registriert
In Jersbek registrierte die Messstation vom DFLD im Vorjahr fast 6200 Überflüge, davon knapp 1000 im Ferienmonat Juli. Im Ort liegt der Zehn-Nautische-Meilen-Punkt (18,5 Kilometer zum Flughafen) des geraden Leitpfads für die Landebahn 23 (aus Richtung Langenhorn/Walddörfer). Die Flughöhe beträgt etwa 900 Meter.
Dass die Gesamtzahl der Beschwerden aus dem Kreis Stormarn in fünf Jahren um 92 Prozent gesunken ist, bedeutet keineswegs, dass sich die Lage am Himmel wesentlich verändert hat. Nach wie vor erfolgen die meisten Landungen auf dem Hamburger Flughafen aus Richtung Osten. Einzig die Corona-Pandemie hat zuletzt dafür gesorgt, dass es nur noch 45 Prozent der rund 155.000 Flugbewegungen aus dem Jahr 2019 gab, was rund 69.500 Starts und Landungen entspricht. Die Passagierzahl ging im selben Zeitraum um 69 Prozent auf 5,3 Millionen zurück.
Hauptgrund war die Häufigkeit der Flugbewegungen
Die Gesamtzahl der Fluglärmbeschwerden verringerte sich von rund 75.500 auf gut 22.200. Etwa 10.300 der rund 17.300 namentlichen Beschwerden kamen aus Hamburg, der Rest aus dem Umland (Kreis Pinneberg 2038 von 69 Anwohnern, Kreis Segeberg 669 von 68 Anwohnern). Hauptgründe waren „Häufigkeit der Flugbewegungen“, „Flugzeuge im Einzelfall“, „Sonstige Lärmereignisse“ und „Flugroutenabweichungen“.
Die Zahl der verspäteten Nachtflüge nach 23 Uhr stieg von 65 auf 116. Im Jahr 2019 waren es 678. „Bei gleichen Dauerschallpegeln hat Fluglärm wegen der Belastungsspitzen aus Sicht der Betroffenen eine deutlich größere Belästigungswirkung als der Lärm von Straße und Schiene“, sagt eine Sprecherin der Umweltbehörde. Der Flughafen Hamburg betont, dass Lärmschutz auch in ruhigeren Phasen höchste Priorität habe.
Flughafen hofft auf mehr Flüge und Passagiere ab Ostern
„Die Statistik zeigt, dass die Beschwerden deutlich zurückgegangen sind und dass eine große Diskrepanz zwischen anlassbezogenen Individual-Beschwerden und einer Masse an regelmäßigen Beschwerden besteht“, sagt Airportsprecherin Katja Bromm. Der Flughafen setze weiter auf Dialog, wie er unter anderem in der Allianz für Fluglärmschutz mit den Betroffenen und Initiativ-Vertretern geführt werde.
Für dieses Jahr hofft der Flughafen auf eine beschleunigte Erholung ab Ostern und ein gesteigertes Verkehrsaufkommen von rund 93.000 Flügen. Bei einer Lockerung der Reiserestriktionen könnten bis zu elf Millionen Passagiere erreicht werden.
Initiativensprecher sieht Hamburger Senat in der Verantwortung
Für die Bürgerinitiative BAW Hamburg/Schleswig-Holstein ist das genau die falsche Richtung. Auch aus Klimaschutzgründen dürfe es nach der Corona-Krise kein Zurück zur Vielfliegerei im Geschäfts- und Privatbereich geben. „Da ist der Hamburger Senat als Mehrheitsgesellschafter in der Verantwortung, diese Entwicklung zu stoppen“, sagt der Stormarner BAW-Sprecher René Schwartz aus Ahrensburg.
Die Initiative kritisiert die Auswertung der Hamburger Fluglärmschutzbeauftragten scharf. „Nicht die Menschen, die sich über den Luftverkehr beschweren, stellen das Problem dar, sondern die weiterhin unzureichende Einhaltung der rechtskräftig festgeschriebenen Schutzbestimmungen für die Bevölkerung“, sagt Schwartz. So würden die Bahnbenutzungsregeln und die Nachtflugbeschränkung weiterhin missachtet.
Die Entwicklung bei den Verspätungen sei alarmierend. Schwartz: „Während die Zahl an Flügen am Hamburger Flughafen von 2020 auf 2021 um fünf Prozent zugenommen hat, ist die Zahl an Starts und Landungen nach 23 Uhr – das heißt außerhalb der offiziellen Betriebszeit – um 80 Prozent gestiegen.“
Online-Beschwerdeformular: www.hamburg.de/fluglaerm/