Hamburg. Die Hamburger Lukas Nimschek, Florian Sump und Markus Pauli formen eine der erfolgreichsten Kinder-Bands. Das hat viele Gründe.
Sie sind gerade auf Tournee durch Deutschland, spielen in der Sporthalle Hamburg vor fast 5000 Menschen, in Berlin sogar vor gut 8000. „Deine Freunde“ aus Hamburg sind nicht nur die mit Abstand erfolgreichste Kinder-Band, sondern machen eine Musik (deutscher Hip-Hop), die auch Erwachsene gern hören.
In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ sind Lukas Nimschek (34), der unter anderem als Moderator des „Tigerentenclubs“ bekannt wurde, und Florian Sump (41), ehemaliger Schlagzeuger der Teenie-Band Echt, zu Gast. Ein Gespräch über Konzerte, in der Kinder ihren eigenen Bereich haben, über extrem höfliche Fans – und natürlich über Rolf Zuckowski. Das komplette Gespräch ist zu hören unter www.abendblatt.de/entscheider
Das sagen Lukas Nimschek und Florian Sump über…
… ihre Konzerte, bei denen die Kinder in einem eigenen Bereich feiern können, in den die Eltern nicht dürfen
Lukas: „Wir wollen das erste richtige Konzerterlebnis für Kinder sein, es müssen alle springen und tanzen können, und es müssen alle etwas sehen. Deshalb haben wir einen Kinderbereich eingeführt, der direkt vor der Bühne ist. Die Kinder bekommen ein Bändchen ums Handgelenk, auf das die Eltern ihre Telefonnummer schreiben, und gehen damit in den Kinderbereich, in den die Eltern nicht dürfen. Die stehen im Halbkreis um ihre Kinder herum. Wir sind die einzige Band weltweit, bei deren großen Konzerten auch Erzieher und Pädagogen im Einsatz sind. Die sind nur dafür zuständig, dass Kinder und Eltern sich wohlfühlen.“
Florian: „Es gab übrigens auch schon Konzerte, bei denen mehr Eltern als Kinder waren. In der Regel ist das Verhältnis 50:50, und wir freuen uns sehr, dass die Eltern Lust haben, gemeinsam mit ihren Kindern uns zuzusehen. Und viele von denen kennen unsere Lieder auch auswendig.“
… die richtige Lautstärke bei Konzerten
Florian: „Wir versuchen genau den richtigen Weg zu finden. Für uns ist es wichtig, dass wir nicht zu laut sind, es sollen sich alle wohlfühlen. Aber es darf auch nicht zu leise sein. Wir machen Musik, die drücken muss, und die die Kinder auch spüren können.“
Lukas: „Es kommt immer einer mit einem Dezibel-Messgerät, bei uns natürlich mit besonderer Aufmerksamkeit, weil so viele Kinder im Publikum sind. Die übrigens, wenn sie alle gemeinsam schreien oder singen, jede Dezibel-Begrenzung sprengen.“
… der Start der Band Deine Freunde
Florian: „Ich habe zehn Jahre mit Kindern im pädagogischen Bereich zusammengearbeitet, und egal, wo ich war, gab es immer die vier, fünf gleichen CDs, die gehört wurden. Irgendwann habe ich deshalb angefangen, die Musik mitzubringen, die ich selbst gern höre, vor allem Hip-Hop. Wenn ich das angemacht habe, hat sich die Stimmung in der Kita positiv verändert, selbst beim Aufräumen. Durch ihre Reaktion haben mir die Kinder gezeigt, dass man diese Art der Musik eigentlich mal mit Inhalten für Kinder machen müsste. So haben wir angefangen. Und gleich bei unserem ersten Treffen ist „Schokolade“ entstanden, bis heute einer unserer größten Hits.“
… extrem höfliche Fans und ihr Büro neben einer Grundschule
Lukas: „Wir erleben die Vorteile des Musikgeschäfts, ohne die Nachteile zu haben. Wir haben eine Bekanntheit, die wirklich groß ist, wir können in sehr großen Hallen spielen, und wir können gleichzeitig unser ganz normales Leben weiterführen. Unsere Fans sind Kinder und deren Eltern, und beide sind immer wahnsinnig nett beziehungsweise süß, wenn sie einen von uns erkennen und ansprechen. Wir haben noch nie ein unangenehmes Erlebnis mit unseren Fans gehabt. Unser Büro und unser Studio liegen in Eimsbüttel übrigens direkt neben einer Grundschule. Es klingeln jeden Tag bestimmt zwei-, dreimal Kinder, die Autogramme wollen oder Vorschläge für Lieder haben.“
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… die Lieder, die sich nicht mehr nur um die Welt der Kinder drehen
Florian: „Unsere Fans haben uns dazu ermutigt, auch mal Sachen zu machen, die nicht immer nur im Interessenkosmos von Kindern stattfinden müssen. Zum Beispiel haben wir uns entschlossen, ein Lied über die Fontanelle zu machen, diese weiche Stelle am Kopf. Mittlerweile trauen wir uns auch Sachen zu machen, die gar nichts mehr mit Kindern zu tun haben, sondern die nur einen gewissen Humor von uns widerspiegeln. Auf dem neuen Album, das im Frühjahr 2023 erscheint, gibt es etwa einen Song mit dem Titel „Das schlechteste Lied seit Jahren“. Es muss gar nicht mehr immer um Kinder gehen, es reicht, wenn es lustig ist, dann passt das entsprechende Lied auf ein Album von Deine Freunde.“
… Rolf Zuckowski, der als einer der Ersten jedes neue Album von Deine Freunde hört und Ratschläge gibt
Lukas: „Bevor ein neues Album herauskommt, spielen wir es immer Rolf Zuckowski vor. Wir treffen uns im Studio, trinken etwas zusammen und hören dann in die einzelnen Lieder herein. Und dann sagt er etwas dazu.“
Florian: „Er hat uns sogar schon mal vor eine Zeile gewarnt. Sie lautete: ‚Schieb die Boxen in dein Kinderzimmer rein und dann schließ dich in dein Kinderzimmer ein.‘ Rolf hat dann gesagt, dass wir die Kinder auffordern, sich einzuschließen, und ob wir uns Gedanken darüber gemacht hätten, was passiert, wenn die das wirklich tun. Wir haben die Zeile wie folgt geändert: ‚Schieb die Boxen in dein Kinderzimmer rein und dann lade deine besten Freunde ein.“
Fragebogen: Die wichtigsten Förderer waren die Eltern
Was wollten Sie als Kind werden und warum?
Lukas: Ich wollte Lokführer werden – weil ich a) Lukas heiße und b) dachte, dass das ein sehr unstressiger Beruf sein muss. Weil man sich auf Schienen kaum verfahren kann.
Florian: Ich wollte schon immer Musik machen, hab aber als Kind gar nicht die Möglichkeit ins Auge gefasst, dass das tatsächlich mal mein Beruf werden könnte. Ich wusste nur, dass ich das Gefühl, das ich beim Musikmachen bekam, gerne so präsent wie möglich in meinen Leben haben wollte. Was wirklich mal mein Beruf werden soll, darüber hab ich als Kind eigentlich nie nachgedacht.
Was war der beste Rat Ihrer Eltern?
Lukas: Probier doch einfach mal. Die haben mich immer erst mal machen lassen.
Florian: Die größte Unterstützung meiner Eltern hab ich darin erfahren, dass ich ungebremst meinem Talent nachgehen durfte und mich nicht schlecht oder falsch dafür fühlen musste, dass es in der Schule nicht so gut lief. Das war damals sehr ungewöhnlich; und ich bin froh, dass mein Freizeitvergnügen Musik nicht gleichzeitig an gute Noten in der Schule gebunden wurde. Ist kein klassischer Rat, mehr eine Einstellung, aber dafür eine grundsätzliche, von der sehr viel für mich abhing und die bis heute mein Leben prägt.
Wer war beziehungsweise ist Ihr Vorbild?
Lukas: Meine Mama, weil sie wahnsinnig fleißig ist und später in ihrem Leben nochmals komplett den Beruf gewechselt hat.
Florian: Rolf Zuckowski (Freund), Thomas D. (hab ich als Fan getroffen als ich 16 war, und er war so nett und zugewandt, dass ich mich bis heute gerne daran zurückerinnere), Otto (grad erst kennengelernt) und viele mehr. Alles Leute, denen ich begegnet bin und die mich dadurch beeindruckt haben, dass sie trotz einer langen Karriere im Showbusiness nichts von ihrer Warmherzigkeit einbüßen mussten, offen und neugierig und irgendwie coole Typen geblieben sind. Rein musikalisch und künstlerisch könnte ich jetzt auch sehr, sehr viele Bands und Künstlerinnen aufzählen, Deichkind, Fettes Brot, Niels Frevert, Bernd Begemann, Danger Dan, Fatoni … ein klassisches einzelnes Vorbild habe ich nicht, aber viele Leute, die ich toll finde.
Was haben Ihre Lehrer/Professoren über Sie gesagt?
Lukas: Kommt drauf an, in welchen Fächern diese Frage gestellt wird. Mathe-, Bio-, Chemielehrer haben gesagt: stinkend fauler, uninteressierter Typ, der ständig schwänzt. Deutsch-, Englisch- und Musiklehrer mochten mich, glaube ich.
Florian: Sehr kreativ, beliebt bei Mitschülern, zu oft abgelenkt, zu wenig bei der Sache, zu unkonzentriert, Versetzung stark gefährdet.
Wann und warum haben Sie sich für den Beruf entschieden, den Sie heute ausüben?
Lukas: Das ist zufällig gewachsen. Ich habe einfach immer Jobs im Kulturbereich gemacht: Set-Assistenz beim TV, Büroarbeit in einem Theater, Pressetexte schreiben, Regieassistenz – irgendwann kam dann nebenbei die Arbeit mit Deine Freunde als Spaßprojekt dazu und ist plötzlich zum Hauptberuf gewachsen.
Florian: Das klingt vielleicht romantisiert, aber ich habe mich nicht dafür entschieden, mein Beruf ist zu mir gekommen.
Wer waren Ihre wichtigsten Förderer?
Lukas: Meine Eltern.
Florian: Meine Eltern.
Auf wen hören Sie?
Lukas: Auf den Rat derer, die schon lange im Business sind und jüngeren Kolleginnen und Kollegen ihren Erfolg trotzdem gönnen können – das ist in unserer Branche leider selten. Da gibt es nur wenige Ausnahmen: Rolf Zuckowski ist so eine.
Florian: Auf gute Freunde, meine Familie, Jeden, der etwas überraschend Wahres sagt, und meinen Steuerberater.
Was sind Ihre größten Stärken?
Lukas: Ich bin schnell motiviert, anpassungsfähig und sehr zielstrebig.
Florian: Sich in andere Menschen zu versetzen, sie dadurch zu verstehen und meine eigene Perspektive auch mal ablegen zu können.
Was sind Ihre größten Schwächen?
Lukas: Ich bin schnell gelangweilt, höre manchmal nicht richtig zu, und mir geht alles zu langsam.
Florian: Mich in andere Menschen zu versetzen und dadurch mein eigenes Gefühl zu verlieren bzw. mich nicht so sehr auf mich selbst verlassen zu können, wie ich es eigentlich sollte.
Welche Entscheidung hat Ihnen auf Ihrem Karriereweg geholfen?
Lukas: Nicht an die Uni zu gehen.
Florian: Die Erkenntnis darüber, nicht den größtmöglichen Erfolg, sondern das bestmögliche Lebensgefühl zu jagen.
Wie viele Stunden arbeiten Sie in der Woche?
Lukas: Ganz unterschiedlich – ich zähle nicht, würde aber denken, es sind so 50.
Florian: Manchmal 80, manchmal 3. Im Durchschnitt tun mir 4 konzentrierte Arbeitsstunden am Tag gut. Da kommt am meisten Brauchbares bei raus.
Wie gehen Sie mit Stress um?
Lukas: Leider bemerke ich ihn immer erst, wenn es schon zu spät ist und ich bis zum Hals in zu vielen Projekten stecke. Daran muss ich arbeiten.
Florian: Ich bin seit zwei Jahren begeisterter Wim-Hof-Fan. Atemübungen, kalte Duschen, Eisbäder, Meditation. Ein Reststress bleibt zwar immer, aber mit dem komme ich dann auch besser klar.
Wenn Sie anderen Menschen nur einen Rat für ihren beruflichen Werdegang geben dürften, welcher wäre das?
Lukas: Schafft euch gute Softskills an, sonst glaubt euch niemand, dass ihr wirklich was könnt. Dazu gehören: einwandfreie Schriftsprache, eine professionelle Website führen, Präsentationen vorbereiten und Ideen so formulieren zu können, dass jeder Mensch sie versteht.
Florian: Mein berufliches Leben war zu unstet und chaotisch, um in diesem Bereich gute Tipps zu geben.