Hamburg. 150 verschiedene Kunstpostkarten sind dort zu sehen. Das Altonaer Museum zeigt die Ausstellung „Vista Points“ im Miniformat.
Sie trägt den Titel „Straßenszene mit Dame in Rot“ und hängt heute im Altonaer Museum: Die 1910 bemalte Postkarte war für den damals jungen Ernst Ludwig Kirchner nur eine Skizze. Drei Jahre später ergab sich aus dieser Vorlage das bekannte Gemälde „Berliner Straßenszene“.
Es ist nur eine von vielen Karten, die Besucherinnen und Besucher in der Ausstellung „Vista Points“ bewundern können. Insgesamt 150 verschiedene Kunstpostkarten sind hier ausgestellt. Die meisten stammen aus dem Expressionismus des frühen 20. Jahrhunderts, wurden mit Wasserfarben, Feder oder Tusche angefertigt. Für Künstler hatten sie damals eine besondere Funktion: Sie wurden genutzt, um Ideen für Gemälde festzuhalten und auszutauschen.
So machten es auch die Mitglieder der Künstlergruppen „Der Blaue Reiter“ und „Brücke“. Die „Brücke“ wurde 1905 von den vier Architekturstudenten und gleichzeitig Malern Ernst Ludwig Kirchner, Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff gegründet. „Für ihre Zeit waren die jungen Künstler sehr progressiv“, erklärt Kuratorin Nicole Tiedemann-Bischop. Sie übernahmen in ihre Kunst unter anderem die Gedanken der Nudistenbewegung Ende des 19. Jahrhunderts auf. Die Anhänger forderten eine soziale Revolution weg von den Industriestädten und hin zur Natur.
Ausstellung „Vista Points“ in Altona
Wer malte, schickte teilweise mehrere Postkarten pro Tag an Freunde und andere Künstler. „Die Post wurde damals drei- bis fünfmal täglich zugestellt“, sagt Tiedemann-Bischop. Auch an bekannte Kunsthistoriker versandten die Maler kunstvolle Skizzen, um ihr Talent zu offenbaren – und im besten Fall Förderung zu erhalten.
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Die wertvollste Karte der Altonaer Ausstellung trägt den Namen „Schweineherde unter einem Baum“. In blassen Farben zeigt sie – wie der Name schon verrät – sechs Wildschweine um einen dicken Baum versammelt. Andere Zeichnungen sind nur mit Bleistift angefertigt oder leuchten in kräftigen Farben.
Auch in die Bedeutung der Kunst während der Weltkriege gibt die Ausstellung Einblicke. So hängen hier zum Beispiel Karten des Künstlers George Grosz, der auf dem Motiv seiner eigenen Postkarten geschrieben hat. Dort klagt er immer wieder die Galerien an, die seine Werke unter den Nazis als „Entartete Kunst“ ausstellten. Er selbst emigrierte 1932 in die USA, das Atelier des politisch-kritischen Malers wurde direkt nach Hitlers Machtergreifung gestürmt. Die teilweise nicht zu entziffernden Texte auf den Karten können in einem Skript in der Ausstellung nachgelesen werden.
„Vista Points“ bis 29.05., Mo 10–17, Di geschlossen, Mi–Fr 10–17, Sa/So 10–18, Altonaer Museum (S Altona), Museumstraße 23, Karten 5,- bis 8,-, Kinder frei