Hamburg. Der mit Alkohol und Drogen vollgepumpte Mann stach am Silvestermorgen 2020 einen Fremden nieder. Nun fiel das Urteil im Prozess.
Ohne erkennbaren Anlass ging Lukas S. am Silvestermorgen 2020 am Striepenweg (Neuwiedenthal) mit einem Cuttermesser auf einen 27-Jährigen los. Die beiden hatten sich nie zuvor gesehen. Der muskulöse, dem Angreifer körperlich deutlich überlegene Mann ahnte nichts, aber im entscheidenden Moment bewahrten ihn seine Reflexe vor Schlimmerem: Dem Stich des volltrunkenen und mit allerlei Drogen vollgepumpten Lukas S. wich er nach hinten aus; zurückgeblieben ist allerdings eine Narbe am Kinn, die er seither mit einem Bart kaschiert.
Prozess Hamburg: Mordversuch mit Cuttermesser – Freispruch
Die Staatsanwaltschaft hat Lukas S. einen heimtückischen Mordversuch zur Last gelegt und in dem Prozess eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten beantragt. Das Gericht jedoch sprach den 38 Jahre alten Familienvater am Montag von diesem Vorwurf frei, da er nicht ausschließbar zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war.
Ein psychiatrischer Sachverständiger hatte dazu in seiner Expertise ausgeführt, dass eine Mischintoxikation mit Marihuana, Alkohol, Crack und Freebase beim Angeklagten zu einer „paranoiden Verkennungssituation“ geführt habe.
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Darin gefangen habe sich Lukas S. vorgestellt, dass von seinen Kontrahenten etwas „Böses“ ausgehe. „Die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt lagen gleichwohl nicht vor“, sagte Gerichtssprecher Kai Wantzen nach der Urteilsverkündung, „denn es besteht bei dem nicht vorbestraften Angeklagten nicht die Erwartung, dass dieser weitere erhebliche rechtswidrige Taten begeht.“
Angeklagter erinnert sich an nicht viel
Die Staatsanwaltschaft war von einer zwar eingeschränkten, aber nicht aufgehobenen Schuldfähigkeit des Angeklagten ausgegangen. Die Verteidigung hatte statt auf versuchten Mord auf versuchten Totschlag im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit plädiert – und eine Strafe im noch bewährungsfähigen Bereich (bis maximal zwei Jahre) gefordert.
Wie das Abendblatt berichtete, hatte der Angeklagte zum Prozessauftakt betont, wie wenig er noch wisse vom fraglichen Abend. Zumindest waren die Szenen, auf die es im Prozess angekommen wäre, wie gelöscht.
Lukas S. hatte sich an jenem Abend massiv betrunken, dazu gekifft und gekokst, bevor er an einem Hochhaus am Striepenweg mit dem Cuttermesser auf eine Gruppe junger Männer stieß und den ihm völlig unbekannten 27-Jährigen unvermittelt angriff. „Wenn ich etwas getan haben sollte“, sagte der 38-Jährige Anfang November, „tut es mir leid.“