Hamburg. 78-Jähriger und seine Stieftochter wurden misshandelt und mit dem Tod bedroht. Einer der mutmaßlichen Räuber wurde nun verurteilt.

Der Mann erhielt einen Schlag mit einer Waffe auf den Kopf. Er musste miterleben, wie ihm angedroht wurde, erschossen zu werden. Der 78-Jährige hörte, wie einer der Räuber einen tödlichen Countdown begann und ankündigte, dass das Opfer bei „Null“ sterben sollte.

Der Mann erlitt Todesangst — ebenso wie seine mit ihm in den Heizungskeller verschleppte Stieftochter. Angesichts der Rücksichtslosigkeit und Rohheit ihrer Peiniger hatte die 33-Jährige bereits in Gedanken mit dem Leben abgeschlossen.

"Erschütternd" brutaler Raub in Hamburg: Fast elf Jahre Haft

„Es war ein Raub, der einem den Atem stocken lässt“, bilanzierte der Vorsitzende Richter im Prozess vor dem Landgericht über das Verbrechen, das einem wohlhabenden Mann und dessen Stieftochter am 13. August vergangenen Jahres angetan wurde. Es sei mit einer Brutalität vorgegangen worden, die selbst in Verfahren beim Landgericht eine Ausnahme sei und „erschüttert“, sagte Richter Torsten Schwarz.

Zehn Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe wegen besonders schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verhängte die Kammer über den Angeklagten Maurice D., der nach ihrer Überzeugung zweifelsfrei an dem ruchlosen Verbrechen beteiligt war. Mit dem Strafmaß blieb die Kammer nur wenig unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die elf Jahre Haft gefordert hatte. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Der Urteilsbegründung lauschte der Angeklagte, ein Mann mit Locken und Kinnbart, ohne sichtbare Regung. Der wegen Raubes vorbestrafte 23-Jährige hatte sich in dem Verfahren nicht zu den Vorwürfen geäußert.

78 Jahre altes Opfer lebt seit dem Raubüberfall in Angst

Den 78-Jährigen, der in seinem Haus im Südosten Hamburgs überfallen wurde, bezeichnete der Vorsitzende als einen Mann, der sein Leben lang hart gearbeitet hat und dem die Entwicklung eines speziellen, für viele Menschen sehr hilfreichen Medikamentes gelungen sei. Damit habe der Hamburger gutes Geld verdient und sich ein schönes Zuhause eingerichtet, in dem er sich sehr wohlgefühlt habe — bis zu jenem dramatischen Tag im August vergangenen Jahres.

Seitdem lebt der Mann in Angst und hat sich, so der Vorsitzende Richter, sein Haus „zu einer Art Sicherheitspalast ausgebaut“, um dort überhaupt noch wohnen zu können. Und die Stieftochter des 78-Jährigen hatte im Prozess über den Raubüberfall gesagt: „Ich dachte, ich werde hier und jetzt sterben.“

Einer der Räuber soll tödlichen Countdown begonnen haben

Das Leben des Mannes und der Stieftochter sei so sehr entscheidend verändert worden, „weil Sie nicht akzeptieren wollen, dass es sein Geld ist“, sagte der Richter an die Adresse des Angeklagten. Gemeinsam mit einem noch nicht ermittelten weiteren Täter schlug Maurice D. nach Überzeugung der Kammer nachts eine Scheibe des Hauses ein, drang so in das Gebäude ein und wollte dann insbesondere den Safe plündern.

Dort, so hatten es die Verbrecher offenbar gehört, seien eine Million Euro gelagert. Also wollten sie ihr Opfer zwingen, den Tresor zu öffnen. Sie verschleppten den Mann, ebenso wie dessen Stieftochter, in den Heizungskeller, schlugen dem Hausbesitzer den Pistolenknauf an den Kopf, setzten ihm die Waffe an die Stirn und forderten ihn auf, den Schlüssel für den Safe auszuhändigen.

Als sich der schockierte, verängstigte Mann nicht sofort erinnern konnte, wo er den Schlüssel aufbewahrte, begann der Countdown. 10, 9, 8… Bei Null, so drohte einer der Räuber, wären der Hausbesitzer und seine Angehörige tot. „Gottseidank ist ihm noch einfallen, wo der Schlüssel liegt“, sagte der Richter.

Raub in Hamburg: Täter haben 2390 Euro erbeutet

Erbeutet haben die Täter 2390 Euro in unterschiedlichen Währungen sowie den Fahrzeugschein zu einem Jaguar, EC- und Kreditkarten, iPads und diverse Schlüssel, die das Opfer den Verbrechern aus Angst ausgehändigt hatte. Den Wagen konnten die Männer nicht mitnehmen, weil sich das Garagentor nicht öffnen ließ. Und die angebliche Million im Safe? Das Geld, so sagte es der Mann, sei in der Firma.

Maurice D. sei wegen zahlreicher Indizien eindeutig als Täter überführt, betonte der Vorsitzende, der in diesem Zusammenhang die Ermittlungsarbeit der Polizei ausdrücklich lobte. Auf die Beteiligung des 23-Jährigen deute unter anderem die Auswertung seines Handys hin, weiterhin, dass er gezielt nach Pressemeldungen über das Verbrechen gegoogelt hatte und dass seine Mutter in abgehörten Telefonaten

Brutaler Raubüberfall in Hamburg: Mutter belastete Angeklagten

So hatte die Mutter in einem Gespräch über Maurice D. gesagt: „Er war dabei. Sein Blut ist gefunden worden, weil er sich beim Einschlagen die Hand verletzt hat.“ Diese Kenntnisse könne die Frau nur vom Täter selber haben, führte der Richter aus. Außerdem sei DNA sichergestellt worden, in der sämtliche Merkmale auftauchen, die auf den Angeklagten zutreffen.

Bei dem Überfall war Maurice D. als der weniger aggressive Täter aufgetreten. Es war insbesondere sein Komplize, der die Opfer mit der Pistole bedrohte und den Countdown runterzählte. Doch bei der gemeinsamen Tat müsse sich der 23-Jährige auch diese Brutalität mit zurechnen lassen, betonte der Kammervorsitzende an den Angeklagten gewandt. Wie schlimm sich das Verbrechen nach wie vor auf sie auswirke, hatte die Stieftochter des Hausbesitzers so formuliert: Sie stehe bis heute unter Schock und sei „noch nicht einmal in der Lage zu weinen“.