Hamburg. Zwei Männer schlugen einem Senior (78) und seine Stieftochter zu Boden und raubten sie aus. Angeklagter schweigt am ersten Prozesstag.

Vor einem Jahr schockierte dieser blutige, nächtliche Überfall ganz Hamburg: Ein Rentner (78) und seine Stieftochter waren in einem Einfamilienhaus von zwei Männern brutal überfallen und ausgeraubt worden. Am Montag hat nun der Prozess gegen einen der beiden mutmaßlichen Täter vor dem Hamburger Landgericht begonnen.

Der 23-Jährige muss sich wegen schweren Raubs, gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung verantworten. Bis zum voraussichtlichen Urteilsspruch am 18. November sind zwölf Prozesstage vorgesehen.

Überfall Bergedorf: Der erste Prozesstag ist schnell vorbei

Der Auftakt in Saal 390 dauert nicht einmal 20 Minuten. Der Beschuldigte Maurice Mamadou D. aus Hamburg lernt zumindest ein paar Minuten lang die Atmosphäre einer Hauptverhandlung kennen. Dabei lässt sich der bärtige junge Mann mit der weißen Häkelmütze von einem Ersatz-Rechtsanwalt vertreten, weil seine eigentliche Verteidigerin erkrankt ist.

Den Hauptteil von Tag eins nimmt die Verlesung der Anklageschrift in Anspruch – und die hat es auf Basis der Ereignisse aus der Nacht des 13. August 2021 in sich.

Die Täter schlugen den Senior brutal zu Boden

Es ist 1.40 Uhr in jener Nacht, als der Nettelnburger S. zu Bett gehen möchte. In dem Haus des 78-Jährigen am Hackmackbogen hält sich außerdem Stieftochter T. (32) auf, als das Grauen seinen Lauf nimmt: Zwei Männer, einer davon mutmaßlich Maurice D., klettern über das Gartentor, zerschlagen nacheinander die Glasscheiben des Wintergartens und die Wohnzimmertür.

Augenblicke später steht ein unbekannter Mann in S.s Schlafzimmer, bedroht den Rentner mit einem Revolver und fordert die Herausgabe des Tresorschlüssels. Als der 78-Jährige nicht reagiert, schlägt der Eindringling hart mit dem Knauf der Waffe auf den Kopf seines Opfers. S. erleidet ein Schädelhirntrauma, bricht mit blutender Kopfplatzwunde zusammen.

Die Steiftochter versucht sich zu wehren -– jedoch ohne Erfolg

Im Erdgeschoss soll wiederum Maurice D. Stieftochter T. aufgespürt haben, die sich zunächst in ihrem Zimmer einschließen will, gegen den kräftigen 23-Jährigen aber nichts ausrichten kann. Der Eindringling drückt die Zimmertür auf und wirft die wehrlose Frau aufs Bett, bevor er sie dann in den Heizungsraum im Keller zerrt.

Dann soll es besonders grausam geworden sein: Abwechselnd soll D.s Partner die Überfallopfer mit der Waffe bedroht und damit gedroht haben, eines der beiden zu erschießen, sollte der Ort des Tresorschlüssels nicht preisgegeben werden, bis er bis zehn heruntergezählt habe. Plötzlich erinnert sich der Hausherr, geht mit dem Komplizen hinauf, um den Tresor zu öffnen. Maurice D. hält derweilen mit dem Revolver die Stieftochter im Keller weiter in Schach.

Mit einem gestohlenen Auto fliehen die Männer vom Tatort

Mit Silbermünzen (Wert 100 Euro) und philippinischem Geld (200 Euro), des Weiteren 1000 Euro in bar, mehreren Kreditkarten, zwei iPads und dem Jaguar (100.000 Euro) von S. bleiben die Einbrecher deutlich unter dem, was sie sich möglicherweise von dem Beutezug bei dem wohlsituierten S. erwartet haben, und wollen mit dem Sportwagen verschwinden. Jedoch bekommen sie das Garagentor nicht auf, müssen stattdessen ein anderes Auto aufbrechen, um wegzufahren. Zuvor haben sie ihre Opfer mit Krawatten an ein Bett gefesselt und schockiert zurückgelassen. Nachbarn können sie später befreien und die Polizei verständigen.

Der Vorsitzende Richter versucht, nach der Verlesung der Anklage dem Angeklagten ins Gewissen zu reden: „Ein frühzeitiges Geständnis kann sich haftmildernd auswirken“, sagt der Richter. Doch D. will am ersten Verhandlungstag nichts sagen.

Bei Schuldspruch drohen mehr als zehn Jahre ins Gefängnis

Das könnte sich an einem der nächsten Verhandlungstage ändern: Am 23. September steht die Befragung D.s auf dem Programm. Vier Tage später, am 27. September, soll dann die überfallene Stieftochter vor dem Landgericht aussagen. Bisher treten sie und ihr Stiefvater noch nicht als Nebenkläger in dem Verfahren auf, so ein Gerichtssprecher gegenüber der unserer Redaktion. Das könne sich aber noch ändern.

Wenn Maurice D. schuldig gesprochen werden sollte, drohen ihm mehr als zehn Jahre Haft. Weiterhin fahnden die Behörden nach seinem Mittäter. D. sitzt wegen dringendem Tatverdacht bereits seit März diesen Jahres in Untersuchungshaft.