Altona. Leitung hat Angst, Mitarbeiter zu verlieren. Kommt Sonderregelung für Menschen im Schichtdienst? Behörde will Klage nicht kommentieren.

Das Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK) hat Klage gegen die Regelung zum Anwohnerparken rund um die Klinik eingereicht. Das sagte der ärztliche Direktor des Hauses, Prof. Philippe Stock im Gespräch mit dem Abendblatt. „Wir sehen keine andere Möglichkeit, um gegen die Regelung, die unsere Situation vollkommen außer Acht lässt, vorzugehen“, sagte er. Das Krankenhaus sei eine kritische Infrastruktureinrichtung, die mitten in einem eng bebauten Wohngebiet liege: „Und dieser Sondersituation wurde bisher in keinster Weise Rechnung getragen.“

Der Klage geht ein monatelanger Streit zwischen Verkehrsbehörde und Klinik voraus. Seit Ende März gilt in den Straßen rund um das Kinderkrankenhaus die Anwohnerparkregelung. Nun gibt es hier überall eine Parkscheinpflicht (drei Euro je Stunde) mit einer Höchstparkdauer von drei Stunden.

Parken Hamburg: Tagesticket kostet zehn Euro

In angrenzenden Straßen, dem Friesenweg, der Bülowstraße und Teilen der Grünebergstraße sowie der Bleickenallee besteht die Möglichkeit, ein Tagesticket zu erhalten (maximal zehn Euro pro Tag). Bei einer Fünf-Tage-Woche, rechnet das Krankenhaus vor, würde das eine Belastung von 200 Euro pro Monat zusätzlich für die Mitarbeiter bedeuten. Eine Summe, die die Kollegen der Klinik nicht aufbringen können.

Deshalb legte die Krankenhausleitung bereits kurze Zeit später Widerspruch gegen die Entscheidung ein. Außerdem wurden Gespräche geführt, wie die neue Situation für die Mitarbeiter entschärft werden könne. Doch bisher ohne Erfolg.

Rund 400 Mitarbeiter haben lange Anfahrtswege

Nun wurde vor wenigen Wochen der Widerspruch zurückgewiesen. „Daraufhin haben wir uns entschieden zu klagen“, so Stock. Er und seine Kollegen sehen die Sondersituation, in der sich die Klinik befinde, nicht ausreichend berücksichtigt. Viel mehr noch: Die Sorge in der Klinikleitung sei groß, so Stock, Mitarbeiter zu verlieren. „Zudem verschafft es uns einen massiven Nachteil bei Neueinstellungen. Und das ist angesichts des allgemeinen Pflegekräftemangels geradezu katastrophal für uns.“

Knapp 1000 Mitarbeiter arbeiten im AKK. Rund 400 davon, so ergab eine interne Umfrage, haben eine weiten Anfahrtsweg und eine schlechte ÖPNV-Anbindung. „Sie sind deshalb zwingend auf ihren PKW angewiesen“, sagt Stock. 83 Mitarbeiterparkplätze hat die Klinik, alle sind dreifach vergaben, so der Kinderarzt weiter. „Mehr können wir derzeit auf der engen Fläche, die uns zur Verfügung steht, einfach nicht schaffen.“

Dennoch reiche der Platz vorne und hinten nicht. So würden bereits seit Jahren einige Mitarbeiter in den Straßen rund herum parken. „Und die müssen nun viel Geld aufbringen – was sie nicht können. Oder sie parken weit weg und nehmen lange Fußwege in Kauf.“ Das sei aber Kollegen, die morgens um sechs ihre Schicht beginnen würden, einfach nicht zuzumuten. Bei einigen von ihnen würde der Tagesablauf mit der Familie nun komplett über den Haufen geworfen.

Antrag zum Bau eines Parkhauses wird in Kürze gestellt

Stock ist sauer: „Diesen Kollegen können wir auch nicht ernsthaft eine Moia-Fahrt anbieten. Oder E-Bikes. Das bringt jemandem, der aus Buxtehude anreist und seine kleinen Kinder in der Kita absetzen muss, rein gar nichts.“ Dabei habe das Krankenhaus schon viele alternative Angebote geschaffen. Es gebe inzwischen ein Fahrradleasingprogramm, eine extrem großzügige Bezuschussung zum HVV-Ticket, einen Moia-Standort direkt auf dem Krankenhausgelände, sichere Fahrradstellplätze. „Aber all das löst die Probleme der Kollegen nicht.“

Und Christiane Dienhold, Geschäftsführerin des Altonaer Kinderkrankenhauses, ergänzt: „In Kürze reichen wir den Antrag zum Bau eines Parkhauses für unsere Mitarbeiter ein. Wir hoffen, dass die zuständigen Behörden uns dabei unterstützen und ihre Genehmigung erteilen. Aber: Auch ein Parkhaus wird nicht über Nacht gebaut.“

Prof. Philippe Stock, ärztlicher Leiter des AKK, hat Angst, Mitarbeiter zu verlieren.
Prof. Philippe Stock, ärztlicher Leiter des AKK, hat Angst, Mitarbeiter zu verlieren. © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt

Der Kinderarzt Stock hofft auf weitere Gespräche zwischen Krankenhausleitung und Behörde. „Wir brauchen dringend eine Lösung, die eine Sonderregelung für unsere Kollegen beinhaltet“, sagt er. Jeden Tag beobachte er die Not der Pflegekräfte. „Und sie sind für uns so elementar wichtig, das ist wirklich dramatisch.“

Behörde: Parksituation durch Bewohnerparkgebiete verbessert

Die Verkehrsbehörde will sich zu der Klage nicht äußern. Sie verweist allerdings darauf, dass die Einführung der Parkgebiete ein Erfolg sei. Eine Umfrage in den vier Bewohnerparkgebieten der Stadt habe ergeben, dass sich die Parksituation deutlich verbessert habe.

„Die Auslastung der vorhandenen Parkplätze ist tagsüber von 96,8 vor Einführung des Bewohnerparkgebiets auf 89,6 Prozent zurückgegangen“, sagt Behördensprecher Dennis Heinert. „Durch die so entstehenden regulären Parklücken reduzieren sich gleichzeitig regelwidrige und verkehrsgefährdende Parkvorgänge. Das Bewohnerparken funktioniert hier also genau so, wie es soll.“

Anwohnerparken: Behörde prüft Sonderregelung für Menschen im Schichtdienst

Nun wolle die Behörde in einem weiteren Schritt prüfen, ob eine Erleichterung für Schichtarbeitende möglich sei, deren Schichten nachts beginnen oder enden. „Zwar kann auch in Bewohnerparkgebieten nach Bewirtschaftungszeitraum, in den meisten Gebieten ist das ab 20 Uhr, kostenlos geparkt werden. Die Nachtschichten haben aber häufig einen Beginn oder ein Ende, das über diesen Zeitraum hinausragt. Für diese Fälle werden gemeinsam mit den jeweiligen Betrieben weitere Möglichkeiten geprüft“, so Heinert.

Der Prozess hierzu laufe aktuell. Das Problem: Rechtlich sei durch die bundesweit geltende Straßenverkehrsordnung klar vorgegeben, dass Bewohnerparkausweise nur an Bewohner, die in den Gebieten gemeldet sind, vergeben werden dürfen, nicht an Unternehmen oder deren Mitarbeiter. Heinert: „Wir arbeiten daran, eine Möglichkeit zu finden für die Schichtarbeitenden, deren Schichten nachts beginnen oder enden.“