Hamburg. Das Kinderkrankenhaus wirft der Hamburger Verkehrsbehörde Falschinformation vor. Ärger auch bei Traditionsbäcker in Eimsbüttel.

Der Streit um das Anwohnerparken in Altona und die Folgen für das Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK) geht in die nächste Runde: Das AKK wirft der Verkehrsbehörde vor, die Auswirkungen der neuen Regelungen und die Maßnahmen dagegen nicht richtig dargestellt zu haben. „Einige Aussagen des Pressesprechers der Verkehrsbehörde entsprechen nicht der Realität“, sagt Christiane Dienhold, Geschäftsführerin des AKK, dem Abendblatt.

Zum einen gehe es um die Behauptung, Behörde und AKK stünden in engem Austausch, wie man es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klinik ermöglichen könne, zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen, wenn Parkplätze für eigene Pkw in der Nachbarschaft nicht mehr zur Verfügung stünden. „Die Aussage von Herrn Krämer, dem Sprecher der Verkehrsbehörde, dass man mit uns im engen Austausch steht, können wir nicht bestätigen. Das letzte Gespräch hat Anfang März, genau gesagt, am 7. März, stattgefunden“, so Dienhold.

Anwohnerparken: AKK trägt Miete für Stadtrad-Station selbst

Die Angaben zum Moia-Service, den das AKK-Personal nutzen könne, seien ebenfalls falsch. „Die Verkehrsbehörde hat sich bisher nicht an den Moia-Kosten beteiligt.“ Ein entsprechender Vorschlag habe zwar einmal im Raum gestanden, „wurde dann aber seitens der Verkehrsbehörde zurückgezogen“.

Auch beim Thema Stadtrad will das AKK klarstellen: „Die Aussagen zum Stadtrad erwecken den Eindruck, dass die Verkehrsbehörde eine neue Stadtrad-Station vor der Haustür des AKK geschaffen hätte.“ Das stimme nicht: „Das AKK hat selbst bereits 2017 direkt auf dem privaten Betriebsgelände des AKK eine Stadtrad-Station errichtet und trägt auch die monatliche Miete eigenständig.“ Ein Angebot in unmittelbarer Nähe des AKK sei dem Krankenhaus nicht bekannt.

„Eine Hamburger Sonderregelung wäre möglich"

Dienhold kommt auch auf die Verkehrssicherheit rund um das Krankenhaus zu sprechen. Krämer hatte berichtet, dass sie massiv gefährdet gewesen sei durch die vielen Fremdparker im Viertel, Krankenwagen und Feuerwehr seien nicht mehr durchgekommen. „Diese Aussage ist uns neu und hatte uns bisher nicht erreicht“, sagt die AKK-Geschäftsführerin.

Dienhold geht gegenüber dem Abendblatt zudem auf die sogenannte Berliner Sonderregelung ein. Sie ist überzeugt: „Eine Hamburger Sonderregelung wäre möglich und würde eine Ausnahme vom Bundesgesetz eröffnen.“ Dies sei nach Auffassung der Klinik eine Frage des Wollens und damit verbundenen Respekts im Umgang mit Menschen in systemrelevanten Berufen wie Krankenhaus, Feuerwehr und Polizei. „Warum dies hier nicht umsetzbar ist, bleibt unbegründet.“

Verkehrsbehörde widerspricht Anschuldigungen

In der Verkehrsbehörde wiederum widerspricht man den Darstellungen des AKK. „In mehreren Gesprächen und Terminen haben wir angeboten, bei der Einrichtung eines Moia-Shuttles temporär finanziell und bei der Antragstellung zu unterstützen“, sagt Sprecher Dennis Krämer. „Dies hätte auch impliziert, dass sich die Kosten pro Fahrt halbiert hätten.“

Man habe das AKK gebeten, eine Konzeption für ein innerbetriebliches Mobilitätsmanagement für die AKK-Mitarbeiter zu erarbeiten und vorzulegen, das dann einen solchen Moia-Shuttle-Service beinhaltet hätte. „Dies ist seitens des AKK nicht erfolgt.“ Das AKK habe sich dann dafür entschieden, den Rechtsweg einzuschlagen und Widerspruch bei der Polizei gegen die Anordnung des Bewohnerparkgebietes einzureichen.

„Laut dem LBV gab es engen Austausch mit dem AKK"

„Da nun ein Verfahren läuft und kein betriebliches Mobilitätskonzept beim Landesbetrieb Verkehr vorliegt, wurde das Moia-Angebot auf ,hold‘ gestellt. Dies ist bei einem laufenden, offenen Verfahren gängige Praxis“, so Krämer. LBV und die Behörde seien aber weiterhin offen für Gespräche „Die beinhalten das Angebot seitens der Stadt, AKK-Mitarbeitenden über die Park+Ride-Betriebsgesellschaft am Park+Ride-Standort S-Bahrenfeld 35 bis 40 Parkplätze zur Verfügung zu stellen.“

Auch den Austausch zwischen dem Krankenhaus und den Behörden beschreibt Krämer anders. „Laut dem LBV gab es engen und regelhaften Austausch mit dem AKK und Angebote, diverse alternative Mobilitätskonzepte zum Parken im öffentlichen Raum zu unterstützen“, sagt er. Am 5. April habe es zuletzt zwischen der Geschäftsführung des LBV und des AKK einen Kontakt gegeben.

Krämer grundsätzlich für Sonderregelungen offen

„Aber aufgrund des rechtlichen Widerspruchs des AKK und vor dem Hintergrund des laufenden Verfahrens finden derzeit keine Gespräche statt.“ Und zum Thema Stadtrad sagt Krämer: „Der laufende Betrieb, also die Wartung und der Service (zum Beispiel die App), laufen über die Stadt beziehungsweise deren Betriebspartner, die DB Connect (Deutsche Bahn).“

Krämer zeigte sich für gesonderte Regelungen für nachts Schichtarbeitende auch in Hamburg grundsätzlich offen. Der Berliner Senat habe im Mai angekündigt, eine Ausnahmeregelung für Schichtarbeitende im öffentlichen Dienst schaffen zu wollen. „Die konkreten Umsetzungspläne – die noch nicht vorliegen – werden wir uns genauer anschauen.“ Das Ziel der Entlastung teile die Behörde. Sie werde deshalb im Zusammenhang mit der Initiative zur Verbesserung für das Handwerk entsprechende Regeln auch für Hamburg prüfen.

Gymnasium Altona: „Manch einer überlegt einen Schulwechsel“

„Voraussetzung für eine Umsetzung wäre aber zum einen, dass sie für alle nachts Schichtarbeitenden und nicht etwa nur für den öffentlichen Dienst gelte, und zum anderen, dass sie rechtssicher im Rahmen von Ausnahmegenehmigungen nach § 46 StVO umsetzbar sind – oder eine zwischen Bund und Ländern gemeinsam getragene Anpassung der StVO erfolgt.“

Auch am benachbarten Gymnasium Altona ist das ein Thema. Parken sei schier unmöglich geworden rund um die Schule, berichtet eine Lehrerin. Das betreffe vor allem den Transport von Arbeitsmaterialien, aber auch die weite Anreise von Kolleginnen und Kollegen. „Manch einer überlegt sich, an eine andere Schule zu wechseln“, so die Lehrerin. Die Anreise sei oftmals nur mit enormem Zeitaufwand zu bewerkstelligen.

Anwohnerparken auch am Eppendorfer Weg

„Und selbst mit dem Parkticket für drei Stunden kommt man nicht weit, wenn man Unterricht von 7.45 bis 16 Uhr hat.“ Eine große Anzahl der mehr als 100 Beschäftigten komme seit langer Zeit mit dem Rad. „Der Fahrradstall für 22 Räder nimmt sich da beinahe belustigend aus.“ Der Belegschaft gehe es nicht darum, mit dem Auto kommen zu können, stellt die Lehrerin klar. „Sondern überwiegend um Transportschwierigkeiten, nicht nur bei schlechtem Wetter.“

Auch am Eppendorfer Weg herrscht Anwohnerparken. Und auch dort sorgt es für Schwierigkeiten. Wie beispielsweise in der Traditionsbäckerei Wulf. „Es gibt bei der Thematik zweierlei Problemstränge: das Mitarbeiterparken und die Ausnahmegenehmigung für betriebsnotwendige Fahrzeuge“, sagt Mitinhaber Heinrich Wulf-Raczak. Seine Mitarbeiter würden zwischen zwei und sechs Uhr zu arbeiten beginnen. „Sie müssen dann für ihre Parkplätze bezahlen. Das sind am Tag neun bis 12 Euro, in der Woche 45 bis 60 Euro. Das ist ein absurder jährlicher Betrag.“

Anwohnerparken: Mitarbeiter erhalten keine Genehmigung

Das andere Thema sei die Ausnahmegenehmigung für betriebsnotwendige Fahrzeuge. Die Bäckerei müsse Ware zu den Kunden befördern. „Naiverweise bin ich davon ausgegangen, dass die Genehmigung erteilt wird. Die Ausnahmegenehmigung ist aber abgelehnt worden“, so Raczak. Die Begründung der Ablehnung sei höchst dürr. „Nach den Betriebsfahrten haben wir außerdem keinen Stellplatz für die Fahrzeuge – und die Parkgebühren kann ich mir nicht leisten.“ Er empfindet die Situation als absurd. „Für uns ist das ein existenzielles Problem.“