Hamburg. Hochschulen, BNITM und Desy: Sie stehen vor großen Schwierigkeiten. Desy spricht über Auswege aus dem „drohenden Energieengpass“.
Die Energiekrise trifft auch Hamburgs Wissenschaft hart: Da die Preise für Strom und Gas erheblich steigen dürften, drohen massive Einschränkungen in Großforschungsanlagen und Laboren. Hochschulen und außeruniversitäre Einrichtungen blicken mit Sorge auf ihre Budgets und prüfen diverse Sparmaßnahmen, um notgedrungene Pausen zu vermeiden, wie sie auf Anfrage mitteilen.
Desy Hamburg: Energiepreise 2023 noch bezahlbar?
Das Deutsche Elektronen-Synchrotron (Desy) kauft zwar einen großen Teil seiner Energie mit Vorlauf. 80 Prozent des Bedarfs für 2023 sind schon beschafft, 60 Prozent für 2024 und 40 Prozent für 2025. Ob das Helmholtz-Forschungszentrum in Bahrenfeld sich die fehlenden 20 Prozent für 2023 wird leisten können, ist jedoch unklar.
Bei einem Gesamtjahresverbrauch von etwa 150 Gigawattstunden (GWh) Strom geht es um 30 GWh. Zum Vergleich: Eine große Windkraftanlage produziert pro Jahr zehn bis zwölf GWH.
Desy Hamburg: Röntgenmikroskop soll pausieren
Desy spreche mit dem Bundesforschungsministerium über Auswege aus dem „drohenden Energieengpass“ und untersuche, ob Einsparungen möglich sind etwa durch einen veränderten Betrieb der Teilchenbeschleuniger „ohne allzu gravierende Auswirkungen auf den Forschungsbetrieb“ und für die 3500 externen Nutzer pro Jahr von Unis, Forschungseinrichtungen und der Industrie, sagt Desy-Sprecher Thomas Zoufal.
Desys Röntgenmikroskop PETRA III soll planmäßig etwa zwei Monate lang von Dezember bis Februar pausieren. Zwar könnten diese und weitere nötige Betriebspausen verlängert werden. Das Abschalten von PETRA III würde Einsparungen von zwei bis drei GWh im Monat bringen.
„Hierdurch würden aber viele Forschungsprojekte betroffen, die während dieser Zeit an dem Beschleuniger vorgesehen sind“, sagt Zoufal. „Typische Messzeiten bei PETRA III liegen bei zwei bis vier Tagen, also 48 bis 96 Stunden pro Nutzergruppe, so dass etwa bereits eine Verlängerung der Betriebsunterbrechungen von einer Woche an unseren 25 PETRA III-Messstationen rund 50 bis 100 Forschungsprojekte verzögern würde.“
Zoufal: "Große Herausforderung für das kommende Jahr"
Auch die internationale Forschungseinrichtung European XFEL in Schenefeld, die etwa 92 GWh pro Jahr braucht, hat einen Teil ihres künftigen Energiebedarfs schon zu festen Preisen eingekauft, zwischen 80 und 40 Prozent für die kommenden drei Jahre. Für 2023 fehlen noch etwa 9 GWh. Das Forschungszentrum habe bereits Rücklagen für Preiszuwächse gebildet, sagt Sprecher Bernd Ebeling.
„Momentan rechnen wir mit einer Erhöhung des Budgets für Strom von etwa einer Million Euro.“ Die Mehrkosten müssten „derzeit aus dem laufenden Budget finanziert werden, das ist sicher eine große Herausforderung für das kommende Jahr.“ Bislang gehe European XFEL „dennoch davon aus, dass es keine Einschränkungen bei den geplanten Versuchen unserer externen Nutzer geben“ werde.
BNITM Hamburg: Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach?
Der Stromvertrag des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM) läuft zum Jahresende aus. Von 2023 an „vervielfacht“ sich der Strompreis für die Leibniz-Einrichtung. Details wollte das BNITM nicht nennen. Zurzeit versucht das Institut, nur einen seiner zwei Gaskessel zur Dampferzeugung für die Befeuchtung der Raumluft und für die Desinfektion zu nutzen, um Gas zu sparen.
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Geprüft wird außerdem, ob sich mehr Forschende als bisher Laborgeräte teilen können. Mit dem Denkmalschutzamt bespricht das BNITM, ob auf dem Dach Photovoltaik-Anlagen installiert werden dürfen.
Hochschulen in Hamburg wollen Lockdown verhindern
Hamburgs staatliche Hochschulen wollen im Wintersemester ihren Energieverbrauch um mindestens 15 Prozent reduzieren. Aber: „Ein weiterer Lockdown muss mit allen Mitteln vermieden werden, denn die Belastungen für Studierende in der Pandemie waren schon sehr groß“, sagt Andreas Timm-Giel, Präsident der Technischen Universität Hamburg und Vorsitzender der Landeshochschulkonferenz: