Hamburg. Zwar wurden schon mehr als 250 Betretungsverbote verhängt, die Bearbeitung der Fälle stockt aber aufgrund des großen Aufwands.

Die Impfpflicht gegen das Coronavirus hat sich in Deutschland politisch nicht durchsetzen lassen. Doch die „Light-Variante“ gilt: eine einrichtungsbezogene Impfpflicht für Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten. Allerdings, so ist das bei Kompromissen, hat auch diese Pflicht zum Immunisieren ein vorläufiges Haltbarkeitsdatum. Sie läuft Ende des Jahres 2022 aus.

Was hat sie in Hamburg bislang gebracht? Im Juli gab es bereits 160 Betretungsverbote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Krankenhäusern, Praxen oder Pflegediensten und 140-mal Auflagen für ungeimpftes Personal – aus 4965 Fällen, die der Sozialbehörde gemeldet wurden. Mittlerweile waren es Mitte Oktober mehr als 250 Betretungsverbote. Gut 2500 Fälle wurden bis dahin – einzeln – überprüft. Und genau diesen Aufwand kritisiert die FDP im Bezirk Hamburg-Nord.

Corona Hamburg: Endet die Impfpflicht Ende des Jahres?

Eine Anfrage von Wieland Schinnenburg und Abgeordnetenkollegen dort hat ergeben, dass aus 60 abgearbeiteten Fällen viermal ein Betretungsverbot erlassen, 56-mal Auflagen gegen Ungeimpfte oder nicht vollständig Geimpfte (dreimal) verhängt wurden. 178 Meldungen wurden noch gar nicht final bearbeitet. Denn das kann dauern. Wie berichtet, müssen Stellungnahmen eingeholt werden, Fakten gecheckt, mögliche Atteste angeschaut.

„Erst macht der Staat enormen Druck auf Arztpraxen, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen“, schimpfte FDP-Mann Schinnenburg jetzt im Abendblatt. „Und dann arbeitet das Gesundheitsamt Hamburg-Nord (vermutlich ist es bei den anderen Gesundheitsämtern nicht anders) im Schneckentempo. Die öffentliche Verwaltung muss sich nicht wundern, wenn sie bei den fleißigen Menschen im Gesundheitswesen nur noch Kopfschütteln auslöst.“ Er beklagte den zeitlichen Druck, weil die Einrichtungen binnen drei Monaten (mutmaßlich) Ungeimpfte melden mussten, und die „erhebliche bürokratische Belastung in einer schon sehr angespannten Situation“. Es drohe zudem eine „Abwanderung von dringend benötigten Mitarbeitern, die sich nicht impfen lassen wollen“.

Hamburg: 250 Betretungsverbote

Sachsen, Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg und zuletzt Bremen haben sich für ein Ende beziehungsweise Auslaufen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zum Jahresende ausgesprochen. In Hamburg hat man sich offenbar noch zu keiner lauten Forderung oder einem stillen „Kann auslaufen“ durchgerungen. Mit Recht hat der Senat bisher darauf verwiesen, dass die Impfquote ja ohnehin hoch ist (anders als in Sachsen oder Thüringen zum Beispiel). Mit Bremen spricht sich nun ebenfalls ein Land mit hoher Durchimpfungsquote klar für ein Ende aus.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat offenbar noch keine Studie finden können, die ihm ein Argument an die Hand gäbe. Er hält sich ungewohnterweise wohl beide Optionen offen. Hamburg – obwohl oft im Corona-Team Vorsicht – hat Lauterbach bei dessen letzten Warnungen vor einem schweren Herbst und Vorstößen zu mehr Maskenpflcht in Innenräumen die kühle Schulter gezeigt. Das Infektionsgeschehen, ließ die Stadtregierung verlauten, sei „saisonal erwartbar“, Masken sinnvoll, aber eine Entscheidung „in eigener Verantwortung“. Die geltenden Verordnungen reichen – vorerst.

Corona Hamburg: Impfpflicht bleibt nur bei Verlängerung ein Thema

Sozialbehördensprecher Martin Helfrich sagte dem Abendblatt am Dienstag, über eine Verlängerung müsste ohnehin der Bund befinden. Das Ziel einer hohen Impfquote sei erreicht. Und wollte man die einrichtungsbezogene Impfpflicht vorzeitig beenden, dürfte der Gesetzgebungsprozess dazu länger dauern, als sie ohnehin läuft.

Schon beinahe lapidar klingt das auch in der Antwort auf die FDP-Anfrage an das Bezirksamt Nord wegen der Sanktionen in der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und der längst nicht komplett gelösten Fälle. Werden alle Fälle Ende 2022 abgearbeitet sein, fragt FDP-Mann Schinnenburg. Und wenn nicht, was dann? Wird dann in 2023 weiter ermittelt? Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz (Grüne) antwortet ihm: „Kommt nur zum Tragen, wenn die Einrichtungsbezogene Impfpflicht über den 31.12.2022 hinaus verlängert wird. Aktuell besteht kein Anhalt dafür.“