Hamburg. Corona, Grippe oder bloß erkältet? Hamburger Hausärzte fürchten eine “Twindemie“, eine Kinderärztin sieht eine “Infektwelle“.
Eine außergewöhnlich starke Welle von Erkältungskrankheiten, Corona-Infektionen und auch Grippe-Fällen hat Hamburg im Griff. Da sich die Symptome wie Fieber, Kopf- und Halsschmerzen sowie Husten ähneln, raten Experten zum Arztbesuch und zu PCR-Tests. Nur diese Laboruntersuchungen können mit größtmöglicher Gewissheit zeigen, ob es sich um eine Corona-Infektion handelt.
„Es gibt einen sehr deutlichen Anstieg der Zahlen“, sagte der Vizevorsitzende des Hausärzteverbandes, Dr. Björn Parey, dem Abendblatt. In seiner Praxis in Volksdorf seien sechs von zehn Fällen nachgewiesenermaßen Corona. „Auch wenn die Schnelltests negativ waren und die Patienten fest überzeugt sind, sie hätten eine Erkältung“, so Parey. Der Allgemeinmediziner warnt: „Wenn die Leute krank zur Arbeit gehen, werden die Zahlen explosionsartig zunehmen.“ Schon bei ersten Symptomen solle man zu Hause bleiben.
Corona- und Grippewelle: Twindemie 2022 befürchtet
Dr. Charlotte Schulz, Sprecherin des Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte, sagte dem Abendblatt: „Da rollt eine Infektwelle über uns hinweg.“ Es seien RS-Viren (Respiratorische Synzytialviren) oder Adenoviren (können auch den Magen-Darmtrakt befallen), die die Kleinsten quälen – und nach wie vor ein Anteil Corona. Kinder sind durch den Corona-Lockdown und konsequentes Masketragen nicht mehr „infekttrainiert“.
Mehrere Krankenkassen berichteten zuletzt von einem ungewöhnlich hohen Krankenstand. Die DAK notierte für den Zeitraum von Juli bis September ein Drittel mehr an Atemwegserkrankungen. Aus Australien, wo die Grippesaison zumeist einen Vorgeschmack auf die kommende europäische gibt, wird ein neues Phänomen gemeldet: Es heißt „Twindemic“. Grippe- und Coronawelle vereinigen sich zu einer Zwillingspandemie. Hausarzt Parey empfiehlt nach den Vorgaben der Ständigen Impfkommission eine rechtzeitige Impfung gegen beides, vor allem für über 60-Jährige und Risikopatienten.
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Laborarzt Dr. Jens Heidrich sagte, er könne verstehen, wenn die Menschen corona-müde seien. Doch man müsse bei Verdacht nach wie vor PCR-Tests machen. Nur so habe man bei einer gewaltigen Dunkelziffer einen Überblick über das Infektionsgeschehen und kann mögliche neue Mutanten entdecken. Heidrich: „Die Corona-Epidemie ist und bleibt die tödlichste aller Infektionskrankheiten, zumindest in den letzten 100 Jahren.“