Hamburg. Der Sänger, Bandleader und Entertainer Tom Gaebel erzählt von einer CD, die die sein ganzes musikalisches Leben verändert.

Zu gern hätten wir in unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ einmal Frank Sinatra zu Gast gehabt. Weil das leider nicht mehr geht, spricht Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider diesmal mit einem Mann, der Sinatra stimmlich und musikalisch sehr nahekommt: Tom Gaebel erzählt, wie er über eine CD mit Sinatras größten Hits erst zum Fan und dann zum Sänger geworden ist. Zu hören unter www.abendblatt.de/entscheider. Gaebel tritt mit Orchester am 29. Oktober in der Hamburger Laeiszhalle auf.

Das sagt Tom Gaebel (Jahrgang 1975) über…

… eine CD, die sein musikalisches Leben verändert hat:

„Ich habe erst Schlagzeug gespielt, und dann Posaune, und beides nach dem Abitur in Holland, in Hilversum und Amsterdam, studiert. Ich wusste gar nicht genau, was ich damit machen wollte, ich habe mich einfach nur für Musik, insbesondere für Jazz interessiert. Auf die Idee, mit dem Singen anzufangen, bin ich erst mit 19 gekommen. Damals bin ich erstmals bewusst auf Frank Sinatra gestoßen, als ich eine CD mit seinen größten Hits gekauft habe, von „New York, New York“ bis „My Way“. Es war mehr so ein Zufallskauf, nach dem Motto: Das ist ein großer Sänger, von dem muss man etwas haben.

Aber dann habe ich mich in diese Stimme verliebt und in die Musik, die so vieles von dem aufgreift, was ich liebe. Ich mag dieses Opulente, mit Orchestern und Streichern, und diesen genialen Mann davor. Ich habe in unserer Wohngemeinschaft angefangen, Sinatras Lieder vor mich hinzusingen, bis einer meiner Mitbewohner gesagt hat: Junge, das ist doch gar nicht so schlecht… Was dazu führte, dass ich mit Anfang/Mitte 20 noch einmal Gesang studiert habe.“

… das Geheimnis von Frank Sinatra:

„Sinatra schafft es auf eine ganz ehrliche Weise, seine Lieder zu singen, er ist immer er, authentisch wie niemand sonst. Ohne anderen Musikern zu nahe treten zu wollen, wirken die manchmal wie ihre eigene Imitation. Natürlich gibt es Leute, die größere Stimmen haben oder mehr Kraft, aber dann ist es manchmal zu kitschig, zu weit drüber. Bei Frank Sinatra denke ich dagegen immer: Das ist genau richtig, er singt die Lieder so, wie sie gesungen werden müssen. Man hat das Gefühl, dass er seine Seele öffnet und man selbst dort hineinschauen darf. Das berührt mich sehr.“

… die Ähnlichkeiten in der Stimme:

„Mein Vorteil ist, dass ich von der Stimmlage und der Art der Stimme Frank Sinatra sehr ähnlich bin. Und ich werde auch nicht müde, seine Lieder zu singen. Als wir vor 17 Jahren begannen, mein Orchester und ich, habe ich gedacht: Das ist doch ein Traum, dass du jetzt Konzerte geben und nur Frankies Lieder singen darfst. Wie genial ist das denn? Inzwischen habe ich viele eigenen Lieder geschrieben, die wir auch spielen, und dadurch ist eine gute Mischung entstanden.“

… sein Lieblingslied von Sinatra:

„Das ändert sich ständig. Ich liebe seine Version von „Ol‘ Man River“, und ich hoffe, dass nie jemand um die Ecke kommen und sagen wird, dass man dieses Lied nicht mehr singen darf. Ich mag nach wie vor auch „My Way“, auch wenn ich es schon sehr, sehr oft gesungen habe. Noch wichtiger ist aber, dass die Menschen es mögen. Und wer bin ich, dieses Lied dann nicht zu singen? Ich sehe mich in diesem Zusammenhang nicht nur als Künstler, sondern auch als Dienstleister.“

… Singen beim Spazierengehen:

„Ich singe auch privat sehr viel, vor allem, wenn ich durch die Stadt gehe. Da bin ich wie mein Vater, der früher immer leise irgendwelche Arien vor sich hingesungen hat, wenn er unterwegs war. So ist es bei mir heute auch, ich höre eigentlich nicht auf zu summen oder zu singen, bis meine Frau mir sagt, dass ich bitte aufhören soll.“

Der Fragebogen

Was wollten Sie als Kind werden und warum?

Tatsächlich war ich großer DagobertDuck-Fan und wollte Millionär werden – ohne natürlich ansatzweise zu wissen, was das bedeutet. Zwischenzeitlich bin ich dann von dem Wunsch abgekommen ...

Was war der beste Rat Ihrer Eltern?

Einfach das zu tun, auf das ich Lust hatte. Meine Eltern haben uns Kinder immer in allem unterstützt, wir konnten uns richtig ausprobieren und versuchen.

Wer war beziehungsweise ist Ihr Vorbild?

Frank Sinatra – aber nur als Sänger, man sollte sich keine Illusionen machen: Nicht jeder, den man bewundert, ist auch nur halb so angenehm, wie man sich erhofft.

Was haben Ihre Lehrer/Professoren über Sie gesagt?

Ich glaube, der Grundtenor war: talentiert, aber faul!

Wann und warum haben Sie sich für den Beruf entschieden, den Sie heute ausüben?

Da waren viele kleine Schritte und Entscheidungen, die mich zu dem gemacht haben, der ich jetzt bin. Und immer wieder glückliche, kleine Schubse. Ich hatte keinen Masterplan, auch wenn man das im milden Licht der Rückschau gern so sehen möchte.

Wer waren Ihre wichtigsten Förderer?

Meine Eltern, die haben alles ins Rollen gebracht und mich in dem gefördert, was mich auch immer interessiert hat

Auf wen hören Sie?

Fast immer auf meine Frau, und auch ansonsten habe ich eine Menge Beratung um mich herum, die dafür sorgen soll, dass ich nicht allzu viel Unsinn mache.

Was sind Eigenschaften, die Sie an Ihren Chefs bewundert haben?

Ich glaube, ich habe nie einen richtigen Chef gehabt, da muss ich kneifen.

Was sollte man als Chef auf keinen Fall tun?

Offensichtliche Fehler und Fehlentscheidungen nicht einzugestehen, das untergräbt die Autorität.

Was sind die Prinzipien Ihres Führungsstils?

Ich bezahle andere Leute, das für mich zu tun.

Wie wichtig war/ist Ihnen Geld?

Geld ist eine feine Sache, wenn man es hat. Und da ich es gerne ausgebe, scheint es mir doch eher wichtig zu sein!

Was erwarten Sie von Mitarbeitern?

Meine Mitarbeiter sind meine Musiker, und von denen erwarte ich, dass sie gut spielen, die Musik ernst nehmen und ansonsten nette Menschen sind. Bisher funktioniert das sehr gut!

Duzen oder siezen Sie?

In der Musikbranche wird fast nur geduzt, ansonsten halte ich mich aber an den althergebrachten Knigge.

Was sind Ihre größten Stärken?

Eine gewisse Grundkreativität und Spontaneität und ein sehr breites Interesse für fast alles.

Was sind Ihre größten Schwächen?

Ein Mangel an Disziplin und Konzentrationsfähigkeit.

Welchen anderen Entscheider würden Sie gern näher kennenlernen?

Jeden Künstler, der eine lange, erfolgreiche Karriere hingelegt hat, z. B. Sinatra.

Was würden Sie ihn fragen?

Ich würde fragen, wie viel er selber gelenkt hat und wie viel einfach Talent und Glück ausgemacht haben.

Wann haben Sie zuletzt einen Fehler gemacht?

Vermutlich heute kurz nach dem Auf­stehen.

Welche Entscheidung hat Ihnen auf Ihrem Karriereweg geholfen?

Die Posaune mit dem Mikrofon zu tauschen, war eine meiner besseren Entscheidungen.

Wie viele Stunden arbeiten Sie in der Woche?

Da viel meiner Arbeit auch privates Vergnügen ist, kann ich das gar nicht sinnvoll trennen. Ein lang gehegter Traum von mir ist es aber, das irgendwann besser hinzubekommen. Ich beneide manchmal die Leute, die einfach eine Tür hinter sich schließen können mit den Worten: so, Feierabend!

Wie viele Stunden schlafen Sie (pro Nacht)?

Sechs bis sieben.

Wie gehen Sie mit Stress um?

Ich kratze mich am Hinterkopf und laufe auf und ab – ansonsten reiße ich mich dann zusammen und erledige endlich das, was ich vor mir hergeschoben habe.

Wie kommunizieren Sie?

Gerne über das geschriebene Wort – Sprachnachrichten sind letztlich immer nur für den Verfasser hilfreich, da unkompliziert zu erstellen. Der Empfänger wiederum muss sich die evtl. wichtigen Infos mühsam zusammensuchen aus einem Wust von unwichtigen Nebengeplänkeln.

Wie viel Zeit verbringen Sie an Ihrem Schreibtisch?

Viel zu viel, da ich mich in allem möglichen Klein-Klein verliere, am kreativsten bin ich entweder am Instrument oder z. B. bei einem Spaziergang.

Wenn Sie anderen Menschen nur einen Rat für ihren beruflichen Werdegang geben dürften, welcher wäre das?

Versuche etwas zu tun, was dich am Sterbebett nicht jammern lässt: Meine Güte, was war das denn für ein unwichtiger Quatsch all die Jahre!

Und zum Schluss: Was wollten Sie immer schon mal sagen?

Leute, reißt euch zusammen und mault nicht so viel: Wer hat es wann und wo jemals so gut gehabt wie wir heute und hier?!?

„Tom Gaebel His Orchestra“ am 29.10. um 20 Uhr in der Laeiszhalle