Hamburg. Restaurant-Chef reagierte zügig. Laut Hamburgs Datenschutzbeauftragtem drohen empfindliche Strafen. Was Wirte dürfen und was nicht.
Das Restaurant ist gut besucht, wie so oft. Der Gast hat sich gerade die Vorspeise schmecken lassen, als sein Blick nach oben schweift — und er überrascht innehält. Ist das da eine Video-Kamera, die an der Zimmerdecke installiert ist? Der Besucher ist alarmiert und empört. Er fürchtet, gefilmt zu werden auf einem Terrain, auf dem er überhaupt keine Überwachung dulden möchte: in seiner Freizeit, bei einem Besuch im Restaurant. Der Gast erstattet Anzeige bei der Polizei, weil er sich „ausgespäht fühlt“.
Dieser Vorfall aus einer Lokalität in den Walddörfern hat nicht nur umgehend die Polizei, sondern schließlich auch die Datenschutzbehörde auf den Plan gerufen. Die Mitarbeiter machten sich ein Bild vor Ort, stellten fest, dass tatsächlich zwei Videokameras im Gastraum des Restaurants installiert waren, und wandten sich mahnend an den Betreiber. Denn dieser, so erklärten die Datenschützer, hatte mit der Installation der Kameras gegen die entsprechende Verordnung verstoßen. Der Restaurant-Chef reagierte zügig: Er ließ die Kameras abschalten.
Hamburger Datenschutzbeauftragter: "Videoüberwachung des Gastraums ist in der Regel unzulässig“
Videoüberwachung: Wer als Kunde einen Supermarkt oder einen Drogeriemarkt besucht, muss damit rechnen, dass in den Geschäftsräumen Kameras den Einkauf filmen. Möglicherweise ist auch noch ein Ladendetektiv unterwegs. Die Erlaubnis für eine solche Überwachung ergibt sich aus dem Datenschutzgesetz, nach dem Inhaber ihre Geschäftsräume zur Vermeidung von Schäden durch Diebstahl und Vandalismus auf diese Weise schützen dürfen.
Doch in Restaurants ist die Rechtslage diffiziler. „Eine Videoüberwachung des Gastraums ist in der Regel unzulässig“, erklärt der Hamburger Datenschutzbeauftragte Thomas Fuchs auf Anfrage. Hier habe die Persönlichkeitssphäre des Gastes Vorrang. Grundsätzlich müsse es dafür, dass ein Restaurantbesitzer überhaupt Kameras aufstellt, einen konkreten Grund geben, so Fuchs. Das könne beispielsweise der Umstand sein, dass häufiger Diebstähle vorgekommen sind, oder dass nach dem Ausspruch eines Hausverbots sichergestellt werden solle, dass derjenige nicht wieder kommt. In so einem Fall könne unter Umständen zulässig sein, dass zwar nicht der eigentliche Gastraum, aber der Eingangsbereich und die Zuwegung mit Kameras überwacht werden. „In diesen Bereichen ist das Schutzinteresse des Gastes nicht so hoch.“
Überwachung in der Garderobe ist in Ordnung
In jedem Fall sei es jedoch für den Betreiber einer Lokalität notwendig, den Bedarf einer solchen Überwachung selber zu dokumentieren. Etwa in dem Sinn, dass zuletzt mehrfach in der Garderobe Mäntel gestohlen wurden. „Wenn die Dokumentation schlüssig ist, nur in der Garderobe eine Kamera hängt und nicht im Gastraum, das Material jeden Abend gelöscht wird“, erklärt Fuchs, sei das datenschutzrechtlich in Ordnung. Allerdings müsse der Gast außerdem auf eine Überwachung hingewiesen werden. Eine solche Beschilderung müsse auffällig genug sein, „dass man das auch wahrnimmt“.
Ein „großes Thema“ ist laut Datenschutzbeauftragtem der Bereich der Küche und der Lagerräume: Beschäftigte dürften nicht dauerhaft überwacht werden. Aber bei einem Verdacht beispielsweise auf Veruntreuung oder Diebstahl sei es erlaubt, im Bereich der Kasse oder im Warenraum Kameras aufzuhängen.
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"Kamera im Gastraum einer Lokalität schlicht unzulässig“
„Allerdings ist eine Kamera im Gastraum einer Lokalität schlicht unzulässig“, stellt der Experte klar. Auch ein Schild, das auf eine Überwachung hinweist, würde daran nichts ändern. Nur im absoluten Ausnahmefall sei eine Situation denkbar, in der es doch möglich sei: etwa, wenn das Restaurant schon mehrfach von Gangs überfallen wurde.
Stellt ein Gast eines Restaurants einen Verstoß gegen die Datenschutzbestimmungen fest, kann er sich bei der Polizei oder der zuständigen Behörde beschweren. In der Folge würden Mitarbeiter des Datenschutzbeauftragten sich die Situation und könnten im Falle eines tatsächlichen Verstoßes Bußgelder verhängen. „Die können bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes betragen“, erläutert Fuchs. Außerdem könne dem Betreiber auch auferlegt werden, die Kameras abzubauen. Ob dies dann auch wirklich geschieht, werde schließlich von den Datenschützern kontrolliert. Außerdem habe ein Gast, der gefilmt wurde, unter Umständen einen Schmerzensgeldanspruch, weil durch die Aufnahmen sein Recht auf Privatsphäre verletzt wurde.
Gast entdeckt Videokamera in Hamburger Lokal: "Unverschämtheit"
So empfand es jener Mann, der in dem Lokal in den Walddörfern Essen gegangen war und die Videokamera bemerkt hatte. Der Hamburger, von Beruf Anwalt, nennt den Vorgang gegenüber dem Abendblatt „eine Unverschämtheit, dass da gefilmt wurde“. Wer als Gast dort hinkomme, sei dort unter Umständen mit Geschäftspartnern, der Familie oder der heimlichen Freundin. „Da will man doch nicht gefilmt werden!“ Er halte es für eine „Zumutung gegenüber den Menschen, die dort in Ruhe sitzen wollen“.
Vom Abendblatt mit den Vorwürfen konfrontiert, berichtet der Gastronom aus besagtem Lokal im Nordosten Hamburgs, dass es im vergangenen Jahr mehrfach in seinem Betrieb Einbrüche gegeben habe. Dabei seien Kassen gestohlen worden und außerdem Küchenutensilien. Daraufhin habe er von einer Firma ein Kamerasystem installieren lassen.
Drei Kameras seien auf die Ausgänge gerichtet, zwei in den Gastraum, dort aber überwiegend auf den Bereich der Kassen. Auf die Kameras weise darüber hinaus gut sichtbar eine Beschilderung hin – was aus der Datenschutzbehörde bestätigt wird. „Wir nutzen die Kameras nicht um zu sehen, wer da sitzt“, betont der Gastronom. Es sei ihm darum gegangen, sich gegen weitere Einbrüche zu schützen.
Nach Beschwerden: Hamburger Gastronom deaktiviert Kameras
Nachdem jedoch ein unzufriedener Gast sich offenbar bei der Polizei beschwert habe, erzählt der Gastwirt weiter, seien Mitarbeiter der Datenschutzbehörde gekommen, hätten sein Restaurant in Augenschein genommen und ihm mitgeteilt, dass die Videoüberwachung in dieser Form nicht zulässig sei. „Wir sollten die Kameras deaktivieren. Das haben wir auch umgehend getan.“
Jetzt habe er sich an einen kundigen Rechtsbeistand gewandt, um herauszufinden, ob – und falls ja, unter welchen Umständen – er die Kameras wieder einsetzen könne. Diese Entscheidung werde er selbstverständlich abwarten und dann entsprechend handeln. „Unser Fehler war: Wir hätten uns mit dem Thema Datenschutz vorher noch intensiver beschäftigen müssen.“