Hamburg. Altug Ünlü wollte mehr Termine bekommen, doch die bleiben ihm verwehrt. Gericht begründet Abfuhr mit Anspruch des Hauses.
Der kleine Hamburger Konzertveranstalter Altug Ünlü (Festival Koinzidenz) hätte in der Elbphilharmonie gern etwas weiter vorne mitgespielt. Vor Gericht forderte er für seine Agentur ein größeres Kontingent an Klassik-Konzerten in Hamburgs Vorzeige-Konzerthaus und der Laeiszhalle. Ihm ging es da auch um eine Gleichbehandlung mit dem „Monopolisten“ (Ünlü), der Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette (ProArte). Sie ist seit Jahren der unangefochtene Primus für (hochkarätige) Klassik-Konzerte.
Mit einer Klage gegen die Betreibergesellschaft der beiden Konzerthäuser und die HamburgMusik gGmbH – sie teilen sich die Bewirtschaftung – wollte Ünlü das ändern. Jetzt ist er vor einer Hamburger Zivilkammer gescheitert: Eine „unbillige Behinderung“ oder auch „Diskriminierung“ von Ünlü hat das Landgericht verneint.
Erstaunlicherweise hadert Ünlü nicht mit der Pleite vor Gericht. So entschlossen er darum kämpfte, ein dickeres Stück vom Veranstaltungskuchen abzubekommen, so konziliant zeigt er sich jetzt. „Ich werde keine Berufung einlegen“, sagte Ünlü dem Abendblatt auf Anfrage. Die Frist dafür endet noch diese Woche. Er setze jetzt auf „Kooperation“ mit der Elbphilharmonie.
Elbphilharmonie: Veranstalter Ünlü bekommt Konzerttermine
Auch die Elbphilharmonie hat sich bewegt, trotz des Rechtsstreits. Erst einmal hat Ünlü ein Konzert im Kleinen Saal veranstaltet, das war im Juni 2019. Nun habe er drei Konzerte in der Elbphilharmonie für Anfang 2023 im Kleinen Saal vereinbart und dafür unter anderem das Duo Franziska Pietsch (Geige) und Josu de Solaun (Piano) verpflichten können. Perspektivisch, so Ünlü weiter, strebe er das ein oder andere Konzert im Großen Saal an. Bisher hat er dort nichts veranstaltet.
An früheren Veranstaltungsanfragen seinerseits mangelte es wohl nicht, so hatte Ünlü es im vergangenen November dem Abendblatt geschildert. Engagements, die der Professor für Musik der Elbphilharmonie vorschlug, seien jedoch ohne Begründung abgelehnt worden. Während der eine – Dr. Goette – praktisch alles bekomme, gehe der andere – er, Ünlü – praktisch leer aus. Die Beklagten behinderten ihn zudem kartellrechtswidrig, indem sie ihn vom Zugang zur Elbphilharmonie ausschlössen.
Vor Gericht wollte Ünlü das ändern und durchsetzen, dass beide verpflichtetet werden, ihn pro Saison für zehn Termine im Großen und Kleinen Saal der Elbphilharmonie sowie für vier Termine im Großen Saal der Laeiszhalle zuzulassen. Außerdem sollten sie mit ihm ein Kooperationsverhältnis eingehen, das es ihm ermögliche, wie Dr. Goette Abonnements und Veranstaltungsreihen in der Elbphilharmonie und der Laeiszhalle anzubieten. Fast ein Jahr nach Beginn des Rechtsstreits holte die Realität Ünlü ein.
Elbphilharmonie als Konzerthaus der Extraklasse
Im Urteil, verkündet am 2. September, stellt das Gericht fest, dass keine unbillige Behinderung oder kartellrechtswidrige Diskriminierung vorliege, zumal die Absagen von Veranstaltungen Ünlüs auf „sachlichen Erwägungen“ beruhten oder seine Anfragen schlicht nicht zum Nutzungskonzept der beiden Konzerthäuser passten.
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Das Konzept besage eindeutig, dass die Elbphilharmonie als Konzerthaus der Extraklasse etabliert werden soll – entsprechend hohe Anforderungen sei an die Qualität der Künstler zu stellen; die Auswahl und auch die Ablehnung von Veranstaltungen obliege der Intendanz, also den beiden Beklagten. Es sei ihr Recht, Veranstaltungen mit grundsätzlich geeigneten Klangkörpern oder Künstlern abzulehnen, wenn diese sich nicht sinnvoll ins Programm einzufügen vermögen.
Elbphilharmonie müsse strenge Anforderungen stellen
Mit der Konzertdirektion Dr. Goette, die das Urteil als Nichtprozessbeteiligte auf Abendblatt-Anfrage nicht kommentieren wollte, bestehe zwar eine Kooperationsvereinbarung. Sie Ünlü zu verwehren, sei aber nicht diskriminierend, sondern „sachlich gerechtfertigt“. So benenne das Nutzungskonzept nur Kooperationspartner mit jahrzehntelanger Erfahrung im klassischen Musikbereich – so wie Dr. Goette.
Es sei auch „ohne Weiteres“ nachvollziehbar, dass an die Vereinbarung von (weiteren) Kooperationen strenge Anforderungen gestellt werden müssten, wenn die Elbphilharmonie sich als eines der weltbesten Konzerthäuser etablieren wolle. Zumal Kooperationen und die einhergehende hohe Zahl von Konzerten „über mehrere Jahre das Ansehen der Elbphilharmonie entscheidend prägen“.