Hamburg. Frank Ulrich Montgomery und seine Frau verloren auf drei Lufthansa-Flügen ihr Gepäck. Jetzt hat die Airline den Kontakt abgebrochen.
Das Chaos um Koffer und anderes Reisegepäck, die nicht mit dem Flieger mitkommen, ärgert derzeit viele Passagiere in Deutschland. Aber was Frank Ulrich Montgomery erlebte, ist schon haarsträubend. Der Vorsitzende des Weltärztebundes und langjährige Vorsitzende der Hamburger Ärztekammer und der Bundesärztekammer büßte in den vergangenen zwei Monaten gleich mehrere Koffer ein, die teils erst nach zwei oder sogar drei Wochen nachgeliefert wurden. Die Folge: Er besuchte zusammen mit seiner Frau einen Ärztekongress ohne Anzug und machte Wanderurlaub ohne Wanderkleidung.
Das allein macht den Mediziner, der früher am Uniklinikum Eppendorf tätig war, sauer. Vollends wütend ist er aber über den Umgang der Fluggesellschaft, in diesem Fall die Lufthansa, mit seinen Bemühungen, die Koffer wieder- und seine Auslagen erstattet zu bekommen. „Ein Koffer kann mal verloren gehen, aber der Prozess, wie sie nachgeliefert werden und wie mit den Kunden umgegangen wird, ist eine Katastrophe“, sagt er dem Abendblatt. Das sei schlicht „arrogant, nachlässig und schlampig“.
Montgomerys Gepäck wird nicht wird nicht umgeladen
Aber der Reihe nach: Am 26. Juni machten sich Montgomery und seine Frau Annette Güntert mit der Lufthansa via Frankfurt auf den Weg nach England, um erst einen Ärztetag zu besuchen und im Anschluss einige Tage in Wales wandern zu gehen. Die Maschine musste wegen eines technischen Defekts nach Frankfurt zurückkehren; das Gepäck sollte auf den neuen Flug umgeladen werden.
Das wurde es aber nicht. Das Paar wartete mehrere Stunden am Flughafen vergeblich und fuhr dann zum Ärztekongress. Am folgenden Tag die frohe Botschaft: „Gute Nachrichten, Annette: Wir haben Ihr Gepäck gefunden.“ Was nicht kam, war aber der Koffer, und die ganze Woche lang wiederholten sich diese „guten Nachrichten“, die sich als Luftnummer entpuppten. Die Montgomerys kauften das Nötigste – immer in dem Glauben, die Koffer kämen jetzt jeden Tag.
Ärztekongress ohne Anzug, Wandern ohne Wanderausrüstung
Am 29. Juni kam das Paar auf seiner Reise in London vorbei und fuhr zum Flughafen Heathrow, um dort selbst in Sachen Koffer etwas auszurichten. Doch nach ihren Worten fanden sie am Flughafen keinen Lufthansa-Repräsentanten oder -Ansprechpartner. Eine Hotline erreichten sie nach 92 Minuten Warten – ohne weiterführende Nachricht. „Ich habe mir die Finger wundgewählt“, sagt Montgomery.
Er und seine Frau gingen also – so gut es möglich war – wandern ohne Wanderausrüstung. Der Urlaub sei vollständig zerstört gewesen, schrieb Annette Güntert in einer Beschwerde der Fluggesellschaft. Dann meldeten sie der Lufthansa, dass sie nun auf dem Weg nach Hause seien und das Gepäck dorthin geschickt werden sollte. Dort kam es dann auch an – nach zwei Wochen.
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Ende Juli machten sich die Montgomerys erneut auf den Weg, dieses Mal für zehn Tage in die USA. Dabei gingen die Koffer gleich zweimal verloren, auf dem Hin- und dem Rückflug. In Washington konnten die Deutschen ihr Gepäck nach dreieinhalb Tagen in Empfang nehmen. Auf dem Rückweg über New York hatten sie weniger Glück. Montgomerys Koffer kam erst nach zwei Wochen an, der seiner Frau sogar erst nach drei Wochen.
Immer wieder telefonierte der Mediziner herum, immer wieder wurde er auf die Hotline verwiesen, immer wieder hieß es, der Koffer komme am nächsten Tag, immer wieder aufs Neue warteten er und seine Frau auf den angekündigten Kurier. Und das immer vergeblich.
Montgomerys fordern Entschädigung, doch Lufthansa winkt ab
Auf sich beruhen lassen wollten die beiden das Ganze nicht. Sie beschwerten sich nicht nur bei der Lufthansa, sondern meldeten auch Ansprüche an. Auf Erstattung der Meilen, die für einen der Flüge genutzt worden waren. Und auf Erstattung ihrer Auslagen, weil sie sich jeweils das Nötige für den Alltag gekauft hatten. Von der Lufthansa erhielten sie zwar verständnisvolle, aber offenbar standardisierte Entschuldigungen. „Es tut uns sehr leid, dass Ihnen Unannehmlichkeiten auf der Reise entstanden sind“, hieß es etwa. „Dennoch würden wir uns freuen, sie beide bald wieder an Bord von Lufthansa und seinen Partnern begrüßen zu dürfen.“
Die Forderungen allerdings wies die Fluggesellschaft zurück. Eine 250 Euro pauschal in Rechnung gestellte Summe für den Kauf des Nötigsten während der Reise in England könne nicht erstattet werden, die Posten müssten einzeln mit Kassenbons belegt werden. Dazu sei man vom Gesetzgeber angehalten, so die Lufthansa.
Montgomery: „Dieser Umgang mit Kunden geht gar nicht“
„Wir haben immer wieder Kleinigkeiten gekauft – in der Erwartung, dass unser Gepäck in Kürze kommt. Ich habe nicht jede Rechnung für eine Tube Zahnpasta aufgehoben“, sagt Montgomery. Nach der Reise zu Hause gekaufter Ersatz für Hygieneartikel, die sich in den verspäteten Koffern befanden, seien nicht erstattbar – zumal ohne Kassenbon, so die Lufthansa, die dann noch eine Bitte hatte: „Wir freuen uns, wenn Sie uns Gelegenheit geben, Ihr Vertrauen in die Zuverlässigkeit von Lufthansa vollständig wiederherzustellen.“
Nach etlichen Mails, die hin und her gingen, verwies Lufthansa Anfang September darauf, dass bei der USA-Reise ein Teil des Fluges von Austrian Airlines ausgeführt worden war und forderte das Paar auf, dort ihre Ansprüche geltend zu machen. Das sieht Montgomery nicht ein, zumal Austrian Airlines zur Lufthansa-Gruppe gehört. Er habe einen Beförderungsvertrag mit der Lufthansa abgeschlossen, die ihn dann auf die Austrian gebucht habe. Sein Fazit: „Dieser Umgang mit Kunden geht gar nicht.“
Lufthansa bricht Korrespondenz ab
Die Lufthansa ist es nach diversen Mails der Beschwerden nun leid und hat den Kontakt zu Montgomery und seiner Frau abgebrochen. Die Folgen der Corona-Pandemie stelle die Fluggesellschaften vor besondere Herausforderungen und jeder Fluggast habe eine zügige und gut recherchierte Antwort verdient, heißt es in der letzten Mail von Lufthansa Customer Relations am 9. September. Man sei aber der Auffassung, Montgomery und seiner Frau „in ihren Angelegenheiten umfassend geantwortet zu haben“. Und weiter: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir die Korrespondenz hiermit abschließen und keine Antwort mehr erfolgen wird.“