Hamburg. Die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete kritisiert Parteichef Michael Kruse, den Senat und spricht über Defizite der Bundesregierung.
Nach dem Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde war Anna von Treuenfels-Frowein als direkt gewählte Abgeordnete die einzige Liberale in der Bürgerschaft. Inzwischen ist der von der SPD übergetretene Sami Musa hinzugekommen. Im Interview spricht Treuenfels-Frowein über die schwierige Lage in der FDP und Defizite des rot-grünen Senats.
Hamburger Abendblatt: Die Hamburger FDP leistet sich seit Monaten einen heftigen internen Konflikt. Der Streit zwischen der Parteispitze um Michael Kruse und vier Jungen Liberalen wird eventuell vor dem Schiedsgericht ausgetragen. Warum gelingt keine politische Lösung?
Anna von Treuenfels-Frowein: Das ist eine gute Frage. Es erfüllt mich mit Sorge, dass der Landesvorstand und besonders der Landesvorsitzende diesen Konflikt ein halbes Jahr lang nicht befrieden konnten. So ist die Auseinandersetzung über die JuLis hinaus in die Partei gezogen worden, bis hin zum Rücktritt Carl Jarchows aus dem Landesvorstand.
Es geht um den Vorwurf der „inhaltlichen Gleichschaltung“ und „politischen Säuberung“ gegen die Parteispitze. Zwar haben sich die JuLis für die Wortwahl längst entschuldigt, aber der Landesvorstand hat erst jetzt die komplette Rücknahme eines Antrags auf Parteiausschluss gegen die vier beschlossen, begleitet von erneuter Kritik an deren Verhalten. Was muss jetzt geschehen?
von Treuenfels-Frowein: Meiner Ansicht nach muss unverzüglich eine Konfliktlösung her. Und zwar eine ehrliche und nachhaltige. Die Parteiführung darf nicht nur von einer ausgestreckten Hand reden, sie muss auch handeln. Ich finde, dass die vier betroffenen JuLis erwarten dürfen, dass sie öffentlich rehabilitiert werden. Fehler muss man korrigieren, besonders wenn sie so massive Auswirkungen haben. Es gibt Anzeichen dafür, dass diese Erkenntnis auch im Landesvorstand wächst, nachdem Frau Bardenhewer als Landesvorsitzende der JuLis zurückgetreten ist. Mich hat wirklich schockiert, wie frustriert und alleingelassen sie sich gefühlt hat.
Theresa Bardenhewer hat zur Begründung gesagt, sie sei von Parteichef Kruse und Vize-Parteichefin Ria Schröder massiv unter Druck gesetzt worden. Es sei das Ziel gewesen, sie politisch zu zerstören. Wie kann es in einer Partei so weit kommen?
von Treuenfels-Frowein: Mir ist das so unbegreiflich wie unerklärlich. Sie sollten das den Landesvorsitzenden fragen.
Sie kennen die Partei doch auch.
von Treuenfels-Frowein: Ja, ich kenne die Partei natürlich. Mich hat hier besonders betroffen, dass eine politisch so begabte junge Frau mit vollem Elan und Überzeugung in der Politik gestartet ist und sich dann so unter Druck gesetzt fühlte, dass sie alles hingeschmissen hat. Durch diesen Umgang von Herrn Kruse und Frau Schröder. Ich finde es erschreckend, solche Vorgänge sehen zu müssen. So weit darf es einfach nicht kommen. Auch nicht in der Politik, in der es, wie jeder weiß, nicht gerade zimperlich zugeht. Die Hamburger FDP braucht dringend die Wiederherstellung einer offenen Debattenkultur.
Das ist ja auch die Aufgabe des Parteichefs. Ist Michael Kruse noch der richtige Parteichef?
von Treuenfels-Frowein: Das muss er selbst entscheiden und natürlich die Partei. Mehr will ich dazu nicht sagen.
Michael Kruse kann sich auf eine große Mehrheit im Landesvorstand stützen. Sie gehören einer Minderheit an, die ein Ende dieses Konflikts fordert. Fühlen Sie sich in diesem Landesverband jetzt noch wohl?
von Treuenfels-Frowein: Das ist schon eine sehr schwierige Situation. Ich stehe in der Bürgerschaft meine Frau, und tue das wirklich mit aller Energie und aller Kraft. Und dann zerlegen sich parallel Teile der Partei. Und im Übrigen sind Mehrheiten im Landesvorstand nicht zwingend Mehrheiten in der Partei. Ich habe sehr frühzeitig im Landesvorstand gesagt, ihr dürft dieses Ausschlussverfahren gegen die vier JuLis auf keinen Fall beschließen, und später gefordert, es zurückzunehmen. Aber es gab darauf keine Reaktion, es war so, als ob man in einen Echoraum spricht. Carl Jarchow, ein prominenter ehemaliger Abgeordneter und keiner, der zu emotionalen Überreaktionen neigt, ist deswegen aus dem Landesvorstand zurückgetreten. Und nun Frau Bardenhewer. Ich bin mir nicht sicher, ob das die letzten Rücktritte bleiben werden.
Michael Kruse hat ja dafür gesorgt, dass Sie aus formalen Gründen nicht mehr der engeren Parteiführung, dem Präsidium, angehören. Wie würden Sie denn Ihr persönliches Verhältnis zu Herrn Kruse heute beschreiben?
von Treuenfels-Frowein: Wir hatten schon immer ein sachliches Arbeitsverhältnis. Ich habe es nicht persönlich genommen, aber für einen politischen Fehler gehalten, mich aus dem Präsidium herauszuhalten, weil ich damals die einzige und bekannte FDP-Abgeordnete war. Gerade die Zusammenarbeit zwischen Präsidium und den Bürgerschaftsabgeordneten ist wichtig und hatte bis dahin deshalb ja Tradition.
Sie sind sehr zurückhaltend. Wir reden über einen schwerwiegenden Konflikt in der Partei, der sich seit Monaten hinzieht. Warum beziehen Sie nicht klar Position?
von Treuenfels-Frowein: Ich beziehe schon klar Position und das nicht zum ersten Mal. Mir geht es darum, unsere Debattenkultur zu stärken. Gerade die JuLis haben nicht nur das Recht, sondern die Pflicht kritische Meinungen zu vertreten. Das muss der Partei nicht immer in den Kram passen. Gerade in einer liberalen Partei sind Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit von grundlegender Bedeutung.
Die Hamburger FDP ist ja nicht nur die kleinste unter den etablierten Parteien, sondern auch die zerstrittenste. Heftige interne Auseinandersetzungen prägen mindestens die vergangenen zwei Jahrzehnte. Warum ist das gerade in der FDP so?
von Treuenfels-Frowein: Sieben Jahre lang war die Partei ja unter Katja Suding befriedet. Aber sicher gibt es in der FDP mehr Freidenker als in anderen Parteien. Die Grenzen der Auseinandersetzung sind jedenfalls überschritten bei ungerechtfertigten Ausschlussverfahren, die im Handumdrehen ohne politisches Gespür losgetreten werden.
Die Hälfte der Legislaturperiode ist vorbei. Was haben Sie erreicht für die FDP?
von Treuenfels-Frowein: Ich denke, dass ich die überfürsorgliche Hamburger Coronapolitik wirksam kritisiert habe. Viele Bürger haben sich deshalb an mich gewandt. Da hat sich eine kritisch- standhafte Linie „Im Zweifel für die Freiheit“ bewährt. Das gilt besonders für Schüler und Eltern, für Gastronomen oder Freiberufler, die sehr stark unter der Überregulierung gelitten haben.
Welches Zeugnis stellen Sie der rot-grünen Koalition zur Halbzeit aus?
von Treuenfels-Frowein: Die sind sehr uneinig und haben immer mehr Mühe, das zu kaschieren. Was man sowohl am Beispiel der Klima- als auch der Wirtschaftspolitik, da besonders der Vernachlässigung des Hafens, sehen kann. Senator Westhagemann auf der einen, Senator Kerstan auf der anderen Seite und nebendran ein Bürgermeister. Dann gibt es einige Senatoren, die zu Recht kritisiert werden, zum Beispiel Justizsenatorin Anna Gallina, die bislang noch keine relevante justizpolitische Initiative vorzuweisen hat. Hamburg könnte mit einem einigen und entschlossenen Senat viel besser vorankommen.
Der Klimabeirat hat gerade kritisiert, dass der Senat die Zusagen beim Klimaschutz nicht einhält. Was läuft da konkret falsch?
von Treuenfels-Frowein: Beim Klimaschutz läuft ziemlich viel falsch. Vom Klimaschutzplan des Senats, der kaum nach Verkündung ja schon nachgebessert werden musste, ist das Allerwenigste umgesetzt. Wenn man sich so viel auf die Fahnen schreibt, muss man einfach mehr liefern. Da müssen wir sehr, sehr schnell Tempo vorlegen und nicht ständig neue Gutachten abwarten oder die langwierige Abstimmung zwischen den Behörden.
Kommen wir zur Verkehrspolitik: Etliche Straßen werden jetzt saniert, aber die vielen Baustellen führen auch zu Staus. Mit der neuen Verbindungsbahn bekommen wir zusätzlich zur U5 noch eine Riesenbaustelle dazu. Gleichzeitig soll Hamburg noch zur Fahrradstadt umgebaut werden. Wie bewerten Sie in diesem ganzen Kontext die Arbeit von Verkehrssenator Anjes Tjarks?
von Treuenfels-Frowein: Ich finde eine Mobilitätswende wichtig für die Stadt, das ist völlig unstrittig. Aber Senator Tjarks setzt sie schlecht um. Er macht den dritten Schritt vor dem ersten. Meiner Ansicht nach wäre es sehr viel sinnvoller, wenn der ÖPNV mit Tempo sehr viel besser ausgebaut würde, gerade in den Randgebieten. Statt die ganze Stadt mit Baustellen zu überziehen und Fahrradstraßen einzurichten. Ich fahre übrigens sehr gerne Fahrrad. Ich finde es nur politisch einseitig und falsch, den Fokus nur aufs Fahrrad zu legen. Es gibt eben auch viele Menschen, die das gar nicht können. Ältere Herrschaften zum Beispiel. Es ist nahezu unsozial, sie derart zu ignorieren. Eine moderne Verkehrspolitik sieht anders aus.
Ist denn das Auto die Alternative oder eher der Öffentliche Personennahverkehr, der ÖPNV?
von Treuenfels-Frowein: Der ÖPNV ist die Alternative. Ich würde wie viele Menschen sofort umsteigen, aber auch bei mir in der Ecke gibt es keine gute Anbindung. Wir brauchen dringend einen besser ausgebauten ÖPNV. Das angekündigte Milliarden-Programm von Herrn Tjarks ist seit Jahren überfällig. Solange der Ausbau auf sich warten lässt, darf man den Menschen aber nicht überall die Parkplätze wegnehmen. Dann sind die Leute verständlicherweise nur noch genervt.
Was halten Sie von einer möglichen Fortsetzung bzw. Erneuerung des 9-Euro-Tickets? Die FDP-Minister im Bund sind davon ja nicht so begeistert.
von Treuenfels-Frowein: Ich bin für eine Fortsetzung eines solchen Tickets, das aber bezahlbar sein muss – für die Bürger und den Staat. Da kursieren unterschiedliche Modelle, etwa mit 49 oder 69 Euro. Man muss das genau berechnen. Ich finde es wirklich notwendig, das weiterzuführen. Es muss bundesweit gelten, vor allem hier im Norden kompatibel sein. Und mindestens genauso wichtig ist ein überschaubares Tarifsystem mit der Möglichkeit zur digitalen Nutzung. Bei uns muss man vielfach immer noch ein Ticket aus dem Automaten ziehen. Da fragt man sich, in welchem Jahrhundert wir leben.
Wie schwer fällt es Ihnen eigentlich jetzt, der Politik von Olaf Scholz zustimmen zu müssen, weil die FDP mit am Kabinettstisch in Berlin sitzt?
von Treuenfels-Frowein: Also ich würde jetzt nicht Olaf Scholz persönlich besonders kritisieren. Aber einige Punkte der Ampel-Politik sind schon noch optimierbar.
Was fällt Ihnen schwer?
von Treuenfels-Frowein: Es war für mich schwer erträglich, dass der Kanzler anfänglich nur sehr zögerlich Waffenlieferungen für die Ukraine unterstützt hat. Dann finde ich natürlich seinen Auftritt hier im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Cum Ex schwierig. Und ich finde, seine angeblichen Gedächtnislücken machen ihn unglaubwürdig. Er hätte ja sofort offen sagen können, welche Treffen in Sachen Warburg-Bank es gab und dass dabei keine politische Einflussnahme stattgefunden hat. Aber sich hinzusetzen und Erinnerungslücken aneinanderzureihen, das finde ich gar nicht gut. Diese Taktik, die er da fährt, mindert die Glaubwürdigkeit von Politik generell und schadet letztlich der Demokratie.
Was halten Sie von seiner Performance als Bundeskanzler, um noch mal auf den ersten Kritikpunkt zu kommen?
von Treuenfels-Frowein: Man kennt Scholz in Hamburg ja. Er ist einfach ein zurückhaltender Typ. Mit dieser Ruhe wird er, glaube ich, auch vieles austarieren können, was manche mit einem anderen Temperament wahrscheinlich nicht so gut könnten. Und es gibt gute Entwicklungen, etwa die Unterstützung von Scholz für Christian Lindners Pläne zur Abschaffung der kalten Progression. Generell gilt aber für die Kommunikation des Bundeskanzlers: Da ist noch Luft nach oben.
Droht die FDP hinten rüber zufallen in der Koalition, das war ja mal ein bisschen auch die Sorge der Partei am Anfang?
von Treuenfels-Frowein: Das glaube ich nicht. Die Umfragewerte gehen immer etwas rauf und runter. In einer so einer schnelllebigen Zeit, sollte man Hochs und Tiefs nicht überbewerten. Unsere Minister stellen durch klare Profile sicher, dass die FDP sichtbar bleibt
Zu einem landespolitischen Thema: Der Senat hat mit Unterstützung des Bundes massiv in die Digitalisierung der Schulen investiert. So haben alle Lehrer mittlerweile einen Dienstlaptop und in fast jedem Klassenraum gibt es ein Smartboard. Das dürfte eigentlich einer langjährigen Forderung von Ihnen entsprechen. Sind Sie zufrieden?
von Treuenfels-Frowein: Also zufrieden bin ich in Sachen Digitalisierung längst noch nicht. Aber immerhin sehe ich eine gute Tendenz. Es reicht allerdings nicht, sich dafür zu feiern, dass es in den meisten Klassenräumen jetzt WLAN gibt. Zum Fortschritt gehört nicht nur Hardware. Was für mich jetzt am allerwichtigsten ist, ist das Umdenken in den Schulen. Und dazu kann die Schulbehörde wesentlich beitragen. Dazu braucht es nicht nur einen Beamer an der Wand und ein paar Laptops, sondern dazu gehört ein funktionierender digitaler Unterricht. Die Lehrer müssen dafür qualifiziert werden und es muss ein anderer Geist wehen, ein Aufbruchsgeist. Es geht bisher überall zu langsam mit der Digitalisierung. Das gilt übrigens auch im juristischen Bereich. Jeder Student oder Referendar fasst sich an den Kopf, dass er keine digitale Klausur schreiben darf. Diese Papierwirtschaft ist doch Steinzeit.
Die Zusage aus dem Onlinezugangsgesetz, bis Ende 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen von Bund und Ländern onlinefür die Bürger verfügbar zu machen, wird wohl auch nicht eingehalten.
von Treuenfels-Frowein: Es ist wirklich dringend notwendig, dass wir da Gas geben. Das sieht man doch auch im Gesundheitswesen. Woran ist denn so viel bei Corona gescheitert? Weil unsere papierenen Gesundheitsämter überlastet waren.
Halten Sie es für sinnvoll, dass Informatik wieder ein Pflichtfach wird?
von Treuenfels-Frowein: Ja, absolut. Man muss Dinge auch einfach mal verankern, damit was in Gang kommt.
Der Entwurf zu den neuen Bildungsplänen, den Schulsenator Rabe vorgelegt hat, sieht eine stärkere Leistungsorientierung vor, mehr verpflichtende Inhalte im sogenannten Kernbereich. Dieser Entwurf wurde auch deswegen zum Teil heftig kritisiert. Sehen Sie das Ziel jetzt in Gefahr?
von Treuenfels-Frowein: Herr Rabe geht erfreulich konsequent vor. Ich habe den Schulfrieden ja damals mitverhandeln dürfen. Viele Dinge, die nun in der Debatte stehen, sind FDP-Forderungen. Es geht jetzt nicht darum, den Schülern ein sorgenfrei-kuscheliges Schulerlebnis zu verschaffen. Wir müssen sie für die Realität nach der Schule wappnen, für die realen Anforderungen der Arbeitswelt. Das kommt den Schülern zugute, niemand anderem.
Rabe sagt aber auch: Nichts ist in Stein gemeißelt. Er will sich jetzt im September auch mit den Schulleitern zusammensetzen. Und dann wird es einen Kompromiss geben.
von Treuenfels-Frowein: Da hat er Recht. Wer den Schulalltag kennt, der weiß, dass ohne die Akteure vor Ort gar nichts geht. Also ist der Senator gut beraten, Gespräche zu suchen. Solange er das wesentliche Ziel der Leistungssteigerung nicht aus den Augen verliert, hat er meine Unterstützung.
Haben Sie ein Beispielparat?
von Treuenfels-Frowein: Beispiel Präsentationen: Meine Kinder absolvierten die Schule, als Präsentationen im mündlichen Abi den größten Teil ausmachten. Manche in der Klasse haben sich die dann einfach gegen Bezahlung anfertigen lassen. Viele Schüler können sich so was aber nicht leisten. Das ist doch ungerecht.
Die Hälfte der Wahlperiode ist vorbei. Was nehmen Sie sich speziell vor für die zweite Halbzeit?
von Treuenfels-Frowein: Während der Corona-Jahre bestimmte die Pandemie die Agenda. Nun ist es höchste Zeit, die Kernthemen der Stadt wieder intensiver anzugehen. Die Schul- Verkehrs- und Wirtschaftspolitik, die Energiefragen und innenpolitische Themen wie etwa die Evaluierung der Staatsverträge mit DITIB und Schura. Bei letzterem sind wir gerade in einer sehr entscheidenden Phase. Die Evaluierung der Verträge versucht der Senat zu schönen, das ist inakzeptabel.
Der Senat hat beteuert, alle Abgeordneten seien zum Auftakt der Evaluation vor knapp zwei Wochen eingeladen gewesen. Haben Sie eine Einladung bekommen?
von Treuenfels-Frowein: Nein.
Aber ist die Position der FDP nicht von vornherein klar? Sie sind doch grundsätzlich gegen solche Verträge, auch mit den Kirchen.
von Treuenfels-Frowein: Ich finde die Staatsverträge mit Religionsgemeinschaften nicht notwendig, um einen Dialog zu führen. Aber in diesem Fall ist meine Kritik noch eine andere: DITIB und das IZH als Teil der Schura können keine Vertragspartner der Stadt sein, solange sie sich als langer Arm Erdogans oder als Antisemiten gerieren.
Aber die Zusammenarbeit mit der Schura war in der Regel gut. Die Schura hat sich auch neu aufgestellt, sie hat jetzt einen neuen, sehr moderaten Vorstand. Das Problem war in der Regel das aus dem Iran gesteuerte IZH, das ja Mitglied in der Schura ist. Wenn man einen Vertrag will, dann braucht man auch organisierte Partner. Man kann ja nicht mit jeder einzelnen Moschee einen Vertrag machen, macht man ja auch nicht mit jeder einzelnen Kirchengemeinde.
von Treuenfels-Frowein: Ja, das stimmt. Aber wenn ein Teil des Ganzen dauerhaft verfassungsfeindlich ist, dann steht das Ganze in Frage. Auch die insgesamt moderate Schura duldet weiter das IZH in ihren Reihen.
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Derzeit ruht dessen Mitgliedschaft immerhin.
von Treuenfels-Frowein: So oder so: Jetzt ist die Gelegenheit sich kritisch mit den Vertragspartner auseinanderzusetzen, statt eine Pseudo-Evaluation der Staatsverträge anzuschieben. Mir sagen viele muslimische Bürger: Wir wollen einen modernen Islam leben und wir fühlen uns durch die Verbände nicht vertreten. Schwierig ist da insbesondere deren rückwärtsgewandtes Frauenbild. Ich finde, das ist eine Ohrfeige für jede moderne Frau, die hier in Deutschland lebt.
Werden Sie 2025 erneut für die Bürgerschaft kandidieren?
von Treuenfels-Frowein: Das kann ich mir gut vorstellen.
Als Spitzenkandidatin?
von Treuenfels-Frowein: Das entscheiden die Partei und ich im passenden Moment. Allerdings müsste derzeit noch einiges passieren, bevor ich mir das überlegen würde.
Wäre das überhaupt möglich? Jetzt mit dieser Konstellation, in der Herr Kruse fast allmächtig ist im Landesvorstand?
von Treuenfels-Frowein: Allmächtig ist kein Landesvorsitzender. Wie sich die Mehrheiten in der Partei in zwei Jahren gestalten, das kann man heute nicht vorhersagen.