Bonn/Hamburg. Der frühere Ex-Finanzsenator Peiner hatte den Ersten Bürgermeister zuvor belastet. Staatsanwaltschaft setzt Warburg-Millionenforderung aus.
Die Staatsanwaltschaft Bonn hat die im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften angekündigte Einziehung von rund 176 Millionen Euro von der Warburg-Bank ausgesetzt. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte am Freitag, das Geldinstitut habe geltend gemacht, diese Zahlungen im Rahmen des Steuerverfahrens bereits an das Finanzamt Hamburg geleistet zu haben. Dies werde jetzt vom Landgericht Bonn geklärt.
Cum-Ex-Skandal: Warburg-Sprecher betont, man habe bereits gezahlt
Mit der Einziehung sollte das erste rechtskräftig gewordene Urteil des Landgerichts Bonn in der „Cum-Ex“-Affäre umgesetzt werden. In dem im Juli 2021 vom Bundesgerichtshof (BGH) bestätigten Urteil war die Bank zur Rückzahlung von mehr als 176 Millionen Euro verpflichtet worden.
Ein Banksprecher betonte, die Bank habe dies bereits getan. „Mit den durch Warburg geleisteten Rückzahlungen an das Finanzamt in Hamburg (im Steuerverfahren) sind die wegen der sogenannten Cum-Ex-Aktiengeschäfte der Warburg Bank für die Jahre 2007 bis 2011 vom Finanzamt festgesetzten Steuern vollständig beglichen.“
Cum-Ex-Skandal: Seit 2012 verboten, seit 2021 eine Straftat
Bei Cum-Ex-Geschäften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz, um den deutschen Staat über Jahre hinweg um Geld zu prellen. Rund um den Dividendenstichtag schoben mehrere Beteiligte Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttungsanspruch hin und her. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand so ein Milliardenschaden. 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen.
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Mehrere Staatsanwaltschaften und Gerichte bundesweit ermitteln seit Jahren, um einen der größten Steuerskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte aufzuklären. Im vergangenen Jahr entschied der Bundesgerichtshof, dass „Cum-Ex“-Geschäfte eine Straftat waren.
Cum-Ex: Fegebank fordert mehr Aufklärung
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) wünscht sich mehr Aufklärung im Cum-Ex-Skandal um die Warburg Bank. Im Sommerinterview von NDR 90,3 und dem Hamburg Journal forderte Fegebank den ehemaligen SPD-Politiker Johannes Kahrs auf, sich zur Herkunft von 214.800 Euro Bargeld in seinem Schließfach zu äußern. „200.000 Euro in einem Schließfach sind erstmal nichts Verbotenes. Aber ich glaube, Herr Kahrs täte gut daran, über die Herkunft des Geldes tatsächlich Auskunft zu geben, um da auch Klarheit zu haben“, sagte Fegebank. Noch gebe es nur Mutmaßungen über das Geld.
Aus Ermittlungsakten geht nach Angaben von Mitgliedern des Untersuchungsausschusses hervor, dass in einem Schließfach von Kahrs mehr als 200.000 Euro Bargeld gefunden wurden. Gegen Kahrs ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft wegen Begünstigung der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit „Cum-Ex“-Geschäften der Warburg Bank.
Über den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der damals Finanzsenator war, sagte Fegebank: „Er hat sehr klargemacht, dass rein juristische Gründe Ausschlag gegeben haben für die Verjährung der Rückzahlungen durch die Warburg Bank und ich verlasse mich da auf sein Wort.“ Die Cum-Ex-Aufklärung liege jetzt ganz in der Hand des Untersuchungsausschusses.
Tschentscher weist Vorwurf der Einflussnahme im „Cum-Ex“-Fall zurück
Tschentscher hat derweil den den gegen ihn erhobenen Vorwurf der Einflussnahme im Steuerfall der in den „Cum-Ex“-Skandal verwickelten Warburg Bank zurückgewiesen. Dass er 2016 noch als Finanzsenator ein Schreiben der Bank, in dem diese eine mögliche Steuerrückforderung über 47 Millionen Euro als ungerechtfertigt dargestellt hatte, an die Finanzverwaltung weitergeleitet und um Informationen zum Sachstand gebeten habe, sei auf Empfehlung der Steuerverwaltung geschehen, sagte er am Freitag im Sommerinterview von NDR 90,3 und Hamburg Journal.
Der frühere Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) hatte das Weiterleiten des Schreibens am Donnerstag vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft zum „Cum-Ex“-Skandal als „Beginn einer Einflussnahme“ bezeichnet. Tschentscher hätte das Schreiben an den Absender, den Warburg Bank-Miteigentümer Christian Olearius, zurückschicken müssen.
Peiners Vorwurf sei falsch, sagte Tschentscher. „Alle Zeugen haben bestätigt, dass es keine politische Einflussnahme gegeben hat. Und deswegen sollte man das irgendwann auch mal zur Kenntnis nehmen.“
Die Steuerverwaltung hatte die Rückforderung über die 47 Millionen Euro 2016 entgegen ursprünglichen Plänen nicht erhoben und in die Verjährung laufen lassen. 2017 war eine Rückforderung über 43 Millionen Euro gegen die Bank erst kurz vor Eintritt der Verjährung nach Intervention des Bundesfinanzministeriums erhoben worden.