Hamburg. Weiterhin Platzmangel bei der Unterbringung von Menschen nicht nur aus der Ukraine. Einige Pläne sorgen für Missstimmung.
Die Frage ist einfach, aber eine Antwort schwer: Wo in Hamburg ist noch Platz für Geflüchtete? Eilig sucht die Stadt derzeit nach Flächen, da weiterhin täglich mehrere Dutzend Menschen aus der Ukraine die Hansestadt erreichen. Die Sozialbehörde konnte gestern auf Anfrage noch keinen Fortschritt verkünden. Geplant ist, fünf Turnhallen kurzfristig für Notunterkünfte herzurichten. Jedoch Flächen zu finden, die zumindest mittelfristig für Unterkünfte geeignet sind, ist „sehr anspruchsvoll“, wie es der Behördensprecher Martin Helfrich formuliert.
Bereits in der vergangenen Woche wurden alle sieben Bezirke aufgefordert, weitere Vorschläge zu machen. Das Problem: Alle nahe liegenden und auch fast alle nicht so nahe liegenden Immobilien wie das ehemalige Sofitel in der City wurden bereits geprüft und belegt, wo immer es ging.
Geflüchtete in Hamburg kommen auch aus Syrien
„Binnen kürzester Zeit wurden unter anderem auf den von den Bezirken benannten Flächen mehr als 13.000 neue Plätze geschaffen“, so Helfrich. „Wegen der weiterhin hohen täglichen Zugangszahlen nicht nur im Bereich der ukrainischen Schutzsuchenden reichen diese Kapazitäten nicht aus.“ Auch Geflüchtete aus Afghanistan oder Syrien werden in Hamburg weiterhin vorstellig.
Die Schwierigkeit, überhaupt noch geeignete Flächen zu finden, ist den Bezirken schon bereits aus dem Wohnungsbau bekannt. Bei der Unterbringung von Geflüchteten kommt hinzu, dass die Standorte nicht nur etwa Versorgungs- und Brandschutzauflagen erfüllen müssen, sondern auch Rücksicht auf die Nachbarschaften vor Ort genommen werden muss. So ist etwa eine unzumutbare Lärmbelastung laut Sozialbehörde ein Grund, warum Planungen wieder verworfen werden. Man müsse jetzt kreativ werden, heißt es in der Verwaltung.
Grünen-Fraktionschefin ist selbst überrascht worden
Schon die akuten Notmaßnahmen sorgen etwa im Bezirk Wandsbek für Wirbel. „Wir sind selber davon überrascht worden, dass in Hamburg wieder Turnhallen für Geflüchtete vorbereitet werden“, sagt Julia Chiandone, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksversammlung Wandsbek. „Eigentlich haben wir ja sitzungsfreie Zeit, nun mussten wir aber schnell handeln.“
Am Montag tagte der Hauptausschuss dennoch. Dort wurde über die geplanten Standorte Am Luisenhof (Farmsen) und Puckaffer Weg (Duvenstedt) beraten. Die Stimmung sei aufgeheizt gewesen. Viele Anwohnerinnen und Anwohner hätten ihren Unmut über die geplanten Unterbringungen geäußert.
Reserveflächen müssen aktiviert werden
„Beides sind Standortreserveflächen, die normalerweise abgelehnt werden, weil sie nicht ideal sind“, sagt Chiandone. „Jetzt ist es aber so, dass wir den Auftrag bekommen haben, die Flächen zur Verfügung zu stellen.“ Die Not sei aktuell so groß, dass Reserveflächen wie diese aktiviert werden müssten. Ideal seien die Unterkünfte nicht, da in Farmsen bereits drei Unterkünfte dicht beieinander lägen.
„Wir wollen die Unterkünfte in allen Stadtteilen gerecht platzieren, aber das ist nicht möglich, weil manche Stadtteile keine Flächen haben“, gibt Chiandone zu bedenken. „Es müssen ja auch Flächen sein, die der Stadt gehören.“ Den Standort Duvenstedt halte sie nicht für ideal, „weil es am Stadtrand ist, nicht sonderlich gut angebunden und weit weg von allen Ämtern“.
Bisher kein Widerstand von Anwohnern
Laut Chiandone werden vereint Flächen für die Unterbringung von Geflüchteten gesucht und geprüft, man gehe damit auf die Bezirksamtsleitung zu. „Für uns als Bezirkspolitiker geht es darum, das gut zu begleiten und zu gucken, was es für Angebote vor Ort gibt und was es braucht, die Menschen gut zu integrieren.“
Aus dem Bezirk Mitte heißt es, dort gebe es keinen Widerstand von Anwohnern gegen weitere Unterkünfte für Geflüchtete. „Uns liegen derzeit keine Meldungen zu Ablehnung oder Protesten von Anwohnerinnen oder Anwohnern zu neuen bzw. geplanten Unterkünften in Hamburg-Mitte vor“, sagt eine Sprecherin des Bezirksamts auf Abendblatt-Anfrage.
Schwarzenbergplatz soll wieder genutzt werden
Zu der Frage, wo noch weitere Standorte entstehen könnten, wird hier wie in allen anderen Bezirken aber wiederum auf die Stadt verwiesen. Die Bedarfsplanung obliege der Sozialbehörde, sagt Dennis Imhäuser, Sprecher des Bezirksamts Harburg. „Die Bezirksämter benennen Flächen und unterstützen die Sozialbehörde bei der Suche nach geeigneten Standorten.“
Nach Abendblatt-Informationen umfasste die Liste der Flächen, die geprüft werden, zwischenzeitlich nahezu 100 Orte in der Stadt. Viele wurden aber bereits verworfen. In Harburg, wo zuletzt der ehemalige Fegro-Großmarkt als provisorische Unterkunft wieder geöffnet worden war, soll nun auch wie in der Flüchtlingskrise 2015/2016 der Schwarzenbergplatz ebenfalls für Unterbringungsmöglichkeiten genutzt werden.
„Das Signal ist angekommen“
In Altona hat die Sozialbehörde laut Stefanie Wolpert (Grüne), Vorsitzende der Bezirksversammlung Altona, im letzten Hauptausschuss den aktuellen Stand bezüglich der Unterbringung am Standort Schnackenburgallee 81–83 gegeben. „Das ist der größte Interimsstandort, den wir haben. Es entsteht ein kleines Quartier, das auf die Bedürfnisse der Geflüchteten abgestimmt ist, im Vergleich zu 2015 und 2016 sind wir besser aufgestellt.“
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Dass aber Bilder wie damals vermieden werden können, in denen Geflüchtete auch in Zelten oder sogar unter freiem Himmel übernachten mussten, kann die Sozialbehörde bislang nicht versprechen. Bereits in der vergangenen Woche hat die Stadt auch dem Bund signalisiert, dass die Kapazität sich rapide dem Ende zuneige. „Das Signal ist angekommen“, sagt der Behördensprecher Martin Helfrich.
Geflüchtete in Hamburg: Anzahl wird weiter steigen
Man befinde sich in der weiteren Abstimmung. „Die Zugangszahlen werden aber absehbar nicht auf null sinken“, sagt Helfrich. Denn täglich würden auch Geflüchtete registriert, die nach ihrer Flucht direkt Hamburg ansteuerten und zumindest zeitweise untergebracht werden müssen.