Hamburg. Die sechs Kilometer lange Strecke soll 2,6 Milliarden Euro kosten. Wo sie entlangführen und wann die Bauarbeiten beginnen könnten.
Es ist eine der meistbefahrenen Bahnstrecken im Norden: Rund 300 Fernzüge und 900 S-Bahnen verkehren laut Senat durchschnittlich auf der so genannten Verbindungsbahn, die den Hauptbahnhof und den Bahnhof Altona verbindet – und damit den Schienenverkehr aus dem Norden und Westen mit dem aus dem Süden und Osten. Bisher teilen sich Fern- und S-Bahn auf der Strecke vier Gleise, was mittlerweile zu einer deutlichen Überlastung führt.
Um mehr Platz für die Fernbahnzüge zu schaffen, wollen Hamburg und die Deutsche Bahn nun einen neuen Tunnel auf dieser Strecke bauen, in dem künftig die S-Bahn fahren soll. So entsteht mehr Platz für die weiter oberirdisch auf der Verbindungsbahn verkehrenden Fernzüge, die alle vier statt bisher zwei Gleise nutzen können. Das haben Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) und die Bahnführung am Donnerstag mitgeteilt.
Sechs Kilometer langer Tunnel soll 2,6 Milliarden Euro kosten
Der neue Bau trägt derzeit den schönen Arbeitsnamen „Verbindungsbahn-Entlastungstunnel“, kurz: VET. Dass ein neuer Tunnel zwischen Hauptbahnhof und Altona kommen sollte, war bereits seit Längerem diskutiert worden. Denn die Entlastung des Nadelöhrs mitten in Hamburg gilt als eine Voraussetzung für den bundesweit angestrebten „Deutschlandtakt“ der Bahn, durch den deutsche Städte schneller und zuverlässiger verbunden werden sollen.
Zunächst wurde geprüft, ob im neuen Tunnel die Fernbahnzüge oder die S-Bahn fahren solle. Nun hat man sich für die S-Bahn entschieden – weil diese einen weniger großen Tunnel benötigt. Bis Anfang 2023 soll nun zunächst eine 1,5 Millionen Euro teure Machbarkeitsstudie klären, ob, wie und auf welcher Strecke der VET gebaut werden kann. Die Kosten der Studie teilen sich Hamburg und der Bund.
Hamburg: Bund soll Kosten für Tunnel allein tragen
Wann der neue Tunnel fertig sein könnte, ist unklar. Laut Bahn nahmen derartige Großprojekte zuletzt stets um die 20 Jahre in Anspruch – man wolle aber schneller werden, hieß es. Unklar ist auch, was der Tunnel kosten könnte und wie die Kosten verteilt werden. Zuletzt ging man von etwa 2,6 Milliarden Euro aus.
Nach Ansicht von Hamburgs Verkehrssenator Tjarks müsste der Bund die Kosten allein tragen, da es sich beim Deutschlandtakt um ein Bundesprojekt handle. Allerdings machte Tjarks bei der Vorstellung des Projekts deutlich, dass man zur Kostenfrage wohl noch allerlei Verhandlungen führen müsse.
Hier könnte der neue Hamburger S-Bahn-Tunnel verlaufen
Auch der genaue Verlauf des Tunnels ist noch nicht klar. Laut Tjarks werden drei Varianten geprüft: eine nördliche, eine südliche und eine etwa im Verlauf der Verbindungsbahn. Er gehe davon aus, dass es „im Groben“ bei den drei bisherigen S-Bahn-Haltestellen auf der Strecke bleibe, nämlich Dammtor, Sternschanze und Holstenstraße, so Tjarks. Details soll nun die Machbarkeitsuntersuchung liefern.
„Der neue Tunnel ist ein zentraler Schlüssel für den Deutschlandtakt an einem der wichtigsten Eisenbahnknoten“, sagte Tjarks, der das Vorhaben am Donnerstagabend auch im Verkehrsausschuss der Bürgerschaft vorstellte. „Mit dem Deutschlandtakt verbessern wir die nationale und internationale Erreichbarkeit Hamburgs deutlich. Die Hamburgerinnen und Hamburger selbst profitieren von mehr überregionalen Verbindungen, die alle Reiseziele in Deutschland deutlich schneller erreichen. Der Tunnel wird gleichzeitig auch den Regionalverkehr stärken und damit die Metropolregion enger zusammenwachsen lassen.“
Neuer Tunnel soll Verkehrswende in Hamburg beschleunigten
Ein so großes Bauvorhaben mitten in der Stadt wird natürlich zu zahlreichen Verkehrsbehinderungen und auch zu Belastungen für Anwohner führen. Deswegen betonte Tjarks, es sei ihm besonders wichtig, „die Menschen an diesem für Hamburg zentralen Projekt zu beteiligen“. Bahn und Stadt würde bereits dieser Tage eine Informations- und Beteiligungsoffensive starten.
Bahnvorstand Ronald Pofalla betonte, dass der Abschnitt zwischen den beiden Bahnhöfen eine der am stärksten belasteten Strecken Deutschlands sei. „Mit dem Tunnel möchten wir noch mehr Verkehr auf die umweltfreundliche Schiene bringen“, so Pofalla. „Er schafft Platz für den Fernverkehr und entlastet das Bahnnetz. Das ist nicht nur wichtig für den Deutschlandtakt, sondern auch von zentraler Bedeutung für die Verkehrswende in Hamburg.“ Die Menschen im Norden profitierten ganz konkret, so der Bahnvorstand. „Denn Hamburg ist der zentrale Schienen-Knotenpunkt Norddeutschlands. Und mit den Fehmarnbelt-Gleisen wird die Hansestadt bald auch das Tor nach Skandinavien.“
Der Deutschlandtakt soll Städte in einem festen Takt, etwa alle 30 Minuten, verbinden. Bei der Entwicklung sollen zunächst Zielfahrpläne aufgestellt werden, auf deren Grundlage dann die nötige Infrastruktur gebaut wird. Durch „abgestimmte, verlässlicher Verbindungen“ soll die Bahn zum wichtigsten Verkehrsmittel werden.
Von Hamburg aus verkürzen sich die Fahrzeiten in andere Metropolen dabei deutlich. Die Bahnfahrt nach München soll nur noch 4:45 Stunden dauern, die nach Frankfurt gut drei und eine Reise nach Kopenhagen nur noch etwa zweieinhalb Stunden.
Wissenswertes zu den S-Bahn-Linien in Hamburg
- Die S-Bahn Hamburg ist ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn AG und Teil des HVV
- Die ersten S-Bahnen fuhren schon 1907 durch Hamburg
- Es gibt in Hamburg vier Haupt- (S1, S21, S3, S31) und zwei nur zeitweise verkehrende Verstärkerlinien (S11, S2)
- Am Wochenende verkehrt die S-Bahn rund um die Uhr
- Unter der Woche verkehren zwischen etwa 1 Uhr und 4 Uhr keine Züge
- Das gesamte S-Bahn-Streckennetz umfasst rund 144 Kilometer und 68 Haltestellen
- Die meisten Haltestellen der S-Bahn in Hamburg haben ein funktionsbetontes Design mit offenem Bahnsteig und Flachdach