Hamburg. Pflegekräfte demonstrieren für bessere Arbeitsbedingungen. Neue Zahlen zu Überlastungsanzeigen auf der Intensivstation.

Pflegekräfte des Hamburger Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) haben am Freitag für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert. Vor dem Haupteingang versammelten sich rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Mitglieder des Bündnisses für mehr Personal im Krankenhaus, Gewerkschafter von Ver.di und Vertreter der Poliklinik auf der Veddel. Zu ihnen gesellten sich auch Anwohner („Solidarische Nachbarschaft“), die jeden Dienstagmittag am UKE-Haupteingang auf die Situation in der Pflege aufmerksam machen.

Die Demonstranten verlasen Erlebnisberichte, in denen Pflegerinnen und Pfleger schilderten, dass ihnen sogar die Zeit fehle, etwas zu essen oder auf die Toilette zu gehen. Nach einem sogenannten „Belastungs-Check“ von Ver.di, einer Umfrage unter 400 Mitarbeitern, empfinden vier von fünf eine „ständige Überlastung“ am Arbeitsplatz. Drei von vier sahen ihre oder die Gesundheit der Patienten gefährdet. Eine Pflegerin sprach am Freitag von „emotionaler Erpressung“, wenn der Arbeitgeber sie dränge, auch aus der Freizeit bei Unterbesetzung zu kommen, um die überlasteten Kolleginnen zu unterstützen.

Pflege-Protest am UKE: 161 Überlastungsanzeigen

Das UKE hatte erklärt, die Belastung in der Intensivpflege vor allem durch die Corona-Patienten habe schon reduziert werden können, indem sich Pflegekräfte und Ärzte täglich abstimmten. „Wir befinden uns seit längerer Zeit mit allen Beteiligten weiterhin in intensiven Gesprächen. Auch zum Thema Entlastung haben bereits Gespräche stattgefunden.“ Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und die Versorgung der Patientinnen und Patienten stehe im Vordergrund.

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An der Kundgebung nahm auch der Linken-Gesundheitsexperte Deniz Celik teil. Er hatte durch eine Anfrage an den Senat herausgefunden, dass die Intensivpflegekräfte im Jahr 2021 insgesamt 161 Überlastungsanzeigen geschrieben hätten. Im Jahr davor seien es 74 gewesen. Auch in der Notaufnahme sei die Situation in den ersten beiden Monaten 2022 ähnlich bedrohlich. „In praktisch jeder Corona-Debatte in der Bürgerschaft wird anerkennend auf den Einsatz der Pflegekräfte hingewiesen. Und trotzdem nimmt der Senat die Überlastung der Pflegekräfte einfach so hin und beobachtet den Konflikt vom Spielfeldrand aus“, sagte Celik.

Was "Belastungspunkte" bringen sollen

Die Pflegekräfte schlagen ihrem Arbeitgeber vor, nach dem Vorbild unter anderem der Charité in Berlin sogenannte „Belastungspunkte“ einzuführen. Die bekäme eine Pflegekraft dann zum Beispiel gutgeschrieben, wenn sie an einem Tag arbeite, an dem die vorgeschriebene Personalzahl nicht eingehalten werden könne. Diese Punkte würden sich dann zu einem Anspruch auf freie Tage summieren. Auch in anderen deutschen Städten gibt es solche Regelungen.

Aus dem UKE hatten sich auch prominente Ärzte wie der Intensivmediziner Prof. Stefan Kluge oder der Herzspezialist Prof. Hermann Reichenspurner für die Pflegekräfte eingesetzt. Reichenspurner hatte selbst während des Studiums als Pfleger gearbeitet. Er forderte bessere Arbeitsbedingungen für die Pflege und eine höhere Bezahlung.