Hamburg. Die Arbeitsagentur unterstützt das innovative Projekt. Noch geht die Arbeitslosigkeit in Hamburg zurück – das könnte sich bald ändern.
Um mehr Nachwuchs für die Pflegeberufe zu gewinnen, starten die Arbeitsagentur und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ein neues Projekt. Bewerber, die bisher nicht die Voraussetzungen für eine Ausbildung erfüllt haben, sollen so die Chance auf einen Ausbildungsplatz bekommen. Der Weg führt über ein sechsmonatiges bezahltes Praktikum. „Wer das erfolgreich absolviert, hat einen Ausbildungsplatz im UKE als Pflegefachfrau oder Pflegfachmann sicher“, sagt Helei Djadran, Referentin Bildungsmanagement in der UKE-Akademie für Bildung und Karriere, bei der Vorstellung des Projekts in der Arbeitsagentur.
Die Arbeitsagentur Hamburg unterstützt das Projekt als sogenannte Einstiegsqualifizierung. „Wir wollen auf motivierte Bewerber nicht verzichten, die möglicherweise nur deshalb nicht genommen werden, weil ihre derzeitigen Schulnoten oder Sprachkenntnisse nicht ausreichend sind“, sagt Sönke Fock, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Hamburg.
Diese Einstiegsqualifizierung wurde bisher vor allem für Berufe im Handwerk, der Industrie und im kaufmännischen Bereich eingesetzt. Bundesweit einmalig ist, dass die Einstiegsqualifizierung erstmals auch für den Pflegebereich genutzt wird.
Zu wenig Pflegekräfte: Wie das UKE vorgeht
Die Zahl der Beschäftigten in der Pflege wächst in Hamburg. Verglichen mit 2019 arbeiten jetzt 7,8 Prozent mehr in diesen Berufen. Insgesamt sind es mehr als 45.000. „Wir spüren auch an der Zahl der Bewerbungen, dass das Interesse für den Pflegeberuf gewachsen ist“, sagt Joachim Prölß, Direktor für Patienten- und Pflegemanagement und Mitglied des Vorstandes im UKE. Die Frage, wie viele offene Pflegestellen es im UKE gibt, beantwortete Prölß nicht.
Im Dezember hatten Pflegekräfte der Klinik für Intensivmedizin einen Brandbrief an ihn geschrieben und davon berichtet, dass Patienten nicht mehr ausreichend pflegerisch versorgt würden und dadurch gefährdet seien. Prölß verwies darauf, dass es keine Begrenzungen bei Neueinstellungen gebe. „Wir wollen auch Ältere für den Pflegeberuf gewinnen“, so Prölß. „Die Fachkräftesicherung in der Pflege ist eine bundesweite Herausforderung, die für das UKE schon lange eine strategische Bedeutung hat.“
Hamburger Arbeitsmarkt: Gute Februar-Bilanz
Für das Projekt sollen vor allem Jugendliche im Ausbildungsalter gewonnen werden, die Probleme bei der Suche nach einer Lehrstelle haben. Aber es gibt keine Altersbegrenzung. Das halbjährige Praktikum, das monatlich mit 600 Euro vergütet wird, beginnt am 1. April. Es stehen 15 Plätze zur Verfügung. Voraussetzung ist ein mittlerer Schulabschluss und B2-Sprachkenntnisse, also Deutsch auf fortgeschrittenem Niveau.
Interessenten wenden sich an die UKE-Akademie für Bildung und Karriere, Telefon: 0152 22878452 oder die Jugendberufsagentur. Die Praktikanten erwarten zwei Tage Theorie und drei Tage Praxis in der Woche. Es gehe auch um kulturelle Probleme, die überwunden werden müssten, sagt Djadran. „Patienten zu waschen oder die Haare zu bürsten, das kennen Bewerber aus anderen Ländern nicht, weil das dort die Verwandten im Krankenhaus übernehmen.“
Der Krieg in der Ukraine ist auf dem Hamburger Arbeitsmarkt noch nicht angekommen. „Die monatliche Statistik wurde beendet, bevor Putins Angriff auf die Ukraine begann“, sagt Fock. Aber er ist sicher, dass der Hamburger Arbeitsmarkt die Auswirkungen des Konflikts und der Sanktionen zu spüren bekommen wird. Dagegen fällt die Bilanz für den Februar ungewöhnlich gut aus. Eigentlich sei das der Monat im Jahresverlauf mit den höchsten Zahlen in der Arbeitsmarktstatistik, so Fock. Doch nach einem Anstieg im Januar sank im Februar die Zahl der Jobsuchenden wieder.
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Ukraine: Auswirkungen für Hamburger Arbeitsmarkt
Danach waren im Februar in Hamburg 73.137 Personen arbeitslos gemeldet. Das ist knapp ein Prozent weniger als im Vormonat. Komfortabler fällt der Rückgang gegenüber dem Februar 2021 mit 16 Prozent aus. Vor einem Jahr waren also knapp 14.000 Hamburger mehr arbeitslos. Damals waren Einzelhandel, Gastronomie und Friseure wegen der Corona-Pandemie geschlossen.
Doch jetzt zeichnen sich neue Gefahren für den Arbeitsmarkt ab. „Die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts sind schwer abzuschätzen, aber ich gehe davon aus, dass es auch Hamburg treffen wird“, sagt Fock. Ausbleibende Materialien und Schiffe, die Hamburg nicht mehr anlaufen, könnten zu Produktionsunterbrechungen führen, so Focks Befürchtung. Von dieser Entwicklung wird vor allem das verarbeitende Gewerbe und die Zeitarbeit betroffen sein.
Während sich viele Branchen inzwischen erholt und innerhalb eines Jahres neue Stellen geschaffen haben, weist das verarbeitende Gewerbe bereits einen Rückgang von 1700 Stellen auf. „Die Betriebe können Kurzarbeit nutzen oder Qualifizierungen für ihre Mitarbeiter organisieren, für die bei guter Auftragslage meist keine Zeit bleibt“, sagt Fock. Natürlich stellen sich die Berater der Arbeitsagentur auch auf mehr Arbeitslose ein.
1900 Ukrainer arbeiten in Hamburg
Fock rechnet auch mit mehr ukrainischen Flüchtlingen. „Wir haben Erfahrungen aus 2015 und sind so gut vorbereitet.“ Nach Einschätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bestehen aber Unterschiede in der Qualifizierung. Die vor dem Krieg nach Deutschland gekommenen Ukrainer seien gut ausgebildet und hätten zur Hälfte einen Hochschulabschluss.
Das IAB rechnet damit, dass vor allem Frauen, die jetzt mit ihren Kindern flüchten, in den Dienstleistungssektor gehen werden. Auch im Pflegebereich gibt es Bedarf. Für den Hamburger Arbeitsmarkt mit mehr als einer Million Beschäftigten haben Ukrainer noch keine große Bedeutung. Lediglich 1900 Ukrainer arbeiten hier. Innerhalb eines Jahres ist die Zahl aber um fünf Prozent gestiegen.