Hamburg. Unternehmenschef Haack sprach von einem einmaligen Unglück. Doch ein Hamburger Paar erinnert sich an einen Präzedenzfall.
Die so spektakulären wie schockierenden Bilder verbreiteten sich wie ein Lauffeuer – doch der durch mächtige Wellen am vergangenen stürmischen Donnerstagmorgen verursachte Scheibenbruch an Bord der Hafenfähre „Tollerort“ war offenbar nicht der erste dieser Art für die Hadag.
„So einen Unglücksfall haben wir noch nicht erlebt“, hatte Hadag-Chef Tobias Haack dem Abendblatt kurz nach dem Unglück gesagt. Zumindest habe sich niemand an etwas Vergleichbares erinnern können.
Welle bricht Scheibe von Hadagfähre – Hamburger Ehepaar erinnert sich an 1962
Zwei betagte Hamburger hingegen schon. Ernst August Plötz, 87 Jahre alt, und seine Ehefrau Marlen, 84 Jahre alt, berichten von einem ganz ähnlich Vorfall, der sich am 14. oder 15. Februar 1962 abgespielt habe. „Das war ein oder zwei Tage vor der großen Sturmflut“, sagt Ernst August Plötz.
Damals waren noch nicht die Bügeleisen-Fähren für die Hadag im Einsatz. Die Linie Landungsbrücken–Finkenwerder, die Ernst August und Marlen Plötz praktisch täglich nutzten, um zur Arbeit in die City und wieder nach Hause zu kommen, bediente seit 1953 die MS „Altenwerder“.
Schon in den Tagen zuvor, so die Eheleute zum Abendblatt, sei die Elbe ungewöhnlich rau gewesen. „Dann, auf halber Strecke zwischen Neumühlen und Finkenwerder, es war zwischen 17 und 18 Uhr, gab es einen Knall. Die Scheiben am Bug barsten, und eine riesige Welle ergoss sich ins Schiff, ganz so wie es gerade passiert ist.“
Keine Panik auf der Hadagfähre MS „Altenwerder“
Das Schiff sei, im Gegensatz zur Fähre am Donnerstag, aber „sehr gut gefüllt“ gewesen. Die Fahrgäste seien damals sofort aufs Oberdeck gelaufen. Panik? „Ach was! Vielleicht waren die Leute ein büschen unruhig. Aber wir sind hier ja sturmerprobt“, sagt Herr Plötz.
Der Fährführer sei „ganz sutsche“ längs zur Landseite gefahren, damit das aufgepeitschte Elbwasser nicht weiter durch die geborstenen Scheiben eindringen konnte. Alle Passagiere seien mit dem Schrecken davongekommen. Niemand sei verletzt worden.
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Am vergangenen Donnerstag, als Sturm „Ylenia“ über Hamburg tobte und eine gewaltige Welle ins Schiff schoss, erlitten drei Fahrgäste (leichte) Schnittwunden. Die Wasserschutzpolizei ermittelt.
Die MS „Altenwerder“ wird seit 1988 von einem Förderverein unterhalten und liegt an der Nordpontonanlage am Köhlfleet-Hauptdeich. Sie wird heute als Kultur- und Veranstaltungsort genutzt.