Hamburg. Hauke Heekeren wurde zum Nachfolger von Präsident Dieter Lenzen gewählt. Das Abendblatt sprach mit dem Arzt und Wissenschaftler.

Die Universität Hamburg hat einen neuen Präsidenten gewählt: Hauke Heekeren (50), Vizepräsident für Studium und Lehre der Freien Universität Berlin, wird Nachfolger von Dieter Lenzen. Heekeren wurde am Donnerstag vom Akademischen Senat der Uni gewählt und am Freitag vom Hochschulrat bestätigt.

„Mit Hauke Heekeren übernimmt ein exzellenter Wissenschaftler und gleichermaßen erfahrener sowie zukunftsgewandter Hochschulmanager die Leitung der Universität Hamburg“, sagte Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) nach der Bestätigung durch den Hochschulrat.

Universität Hamburg: Lenzens Amtszeit endet 2022

Nun muss Heekeren noch vom Senat bestellt werden. Professor Lenzens zweite Amtszeit – er kam 2010 ebenfalls von der Freien Universität Berlin in die Hansestadt – endet offiziell am 28. Februar 2022. Das Abendblatt sprach vorab exklusiv mit dem neuen Hochschulpräsidenten.

Hamburger Abendblatt: Herr Heekeren, der Akademische Senat (AS) der Universität Hamburg hat Sie mit großer Mehrheit zum neuen Präsidenten gewählt. Herzlichen Glückwunsch! Wie fühlen Sie sich jetzt?

Hauke Heekeren: Ich bin erleichtert und freue mich über das große Vertrauen der AS-Mitglieder.

Haben Sie damit gerechnet, dass die Wahl so deutlich ausfällt?

Heekeren: Ich hatte darauf gehofft, dass ich, auch durch die Vorgespräche, die stattgefunden haben, viele Mitglieder des AS überzeugen konnte. Das war meine Hoffnung, und die hat sich erfüllt.

Heekeren sieht viele Chancen

Was reizt Sie an Ihrer neuen Position?

Heekeren: Die Uni Hamburg hat sich sehr toll entwickelt. Ich sehe viele Chancen für die Zukunft dieser exzellenten Hochschule, die mich begeistern. Das eine ist die Entwicklung der urbanen Campusstandorte, besonders des Campus Von-Melle-Park und auch die Science City Bahrenfeld. Die Uni ist in das Stadtgefüge verwoben, und das macht die Verbindung zwischen wohnen, leben, arbeiten und forschen einfach viel natürlicher. Was mich an der Aufgabe besonders reizt, ist, die Vernetzung der Uni in die Stadt hinein weiterzuentwickeln und beispielsweise in diesem Zusammenhang das Integrationsmodell mit dem UKE auf die nächste Entwicklungsstufe zu bringen.

Was verändert sich jetzt in Ihrem Aufgabenbereich vom Vizepräsidenten zum Präsidenten?

Heekeren: Als Vizepräsident war ich zuständig für den Bereich Studium und Lehre, eine Zeit lang auch für den Bereich Forschung. Und jetzt als Präsident bin ich natürlich zuständig für alle, der Präsident aller und muss mich um die gesamten Institution kümmern.

Nachhaltigkeit soll im Fokus stehen

Haben Sie vor dieser neuen Aufgabe ­Respekt?

Heekeren: Klar habe ich davor Respekt. Es ist eine große Aufgabe mit vielen Facetten. Ich sehe mich aber gut gerüstet, weil mein Profil als Arzt und interdisziplinärer Wissenschaftler, verbunden mit meiner langjährigen Erfahrung in der Leitung Berlins ältester Exzellenzuniversität, sehr gut zu den Aufgaben als Präsident der Uni Hamburg passt. It’s a match, würde ich sagen.

Was sind Ihre Ziele? Was wollen Sie verändern?

Heekeren: Das Hauptziel ist, das Profil der Universität Hamburg als Universität der Nachhaltigkeit konsequent weiterzuentwickeln, in den Bereichen Forschung, Lehre und Verwaltung, und auch noch sichtbarer zu machen. Des Weiteren möchte ich die Universität Hamburg weiter öffnen in Richtung Gesellschaft. Da sind gute erste Schritte gemacht, auch gerade mit der neu gegründeten Transfer-Agentur. Das müssen wir konsequent weiterentwickeln. Das Ziel wäre, dass noch mehr Bürgerinnen und Bürger und auch die Politik begreifen, dass das ihre Universität ist. Und dass sie stolz darauf sein können.

Sie haben die Uni bislang nur von außen betrachtet. Wie haben Sie sie wahrgenommen?

Heekeren: Von Berlin aus und auch als interessierter Wissenschaftler habe ich gesehen, wie die Uni Hamburg konsequent ihr Forschungsprofil weiterentwickelt hat, was sich dann ja auch mit dem großartigen Erfolg der vier Cluster und der Auszeichnung als Exzellenzuniversität niedergeschlagen hat. Und wenn man hier mit Mitgliedern der Universität spricht, merkt man, dass die Universität im Aufbruch ist. Mein Eindruck ist, dass die Stimmung sich in den vergangenen Jahren sowohl innerhalb der Uni, aber eben auch in der Außensicht auf die Uni deutlich verbessert hat.

Neuer Präsident war schon am Von-Melle-Park

Haben Sie sich schon auf dem Campus umgesehen?

Heekeren: Ich habe mich zur Semestereröffnung am Von-Melle-Park umgesehen und war sehr begeistert, so viele Studis in Präsenz zu sehen, die auf dem Campus waren, sich unterhielten, die in den Cafés im Grindelviertel saßen. Das ist wirklich eine tolle Sache. Und ansonsten kenne ich natürlich das UKE aus der Zusammenarbeit im wissenschaftlichen Bereich.

Sie haben die Präsenz angesprochen. Was halten Sie von der Campus-Pass-Regelung zum Nachweis des 3G-Status?

Heekeren: Die Campus-Pass-Regelung an der Universität Hamburg halte ich für eine ganz vorbildliche Lösung, die ermöglicht, dass man den Präsenzbetrieb sicherstellt und auch für alle Beteiligten sicher gestaltet. Universitäten allgemein stehen in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Präsenzbetrieb weiterlaufen kann. Wir sehen an eigentlich allen Universitätsstandorten eine extrem hohe Impfbereitschaft der Studis. Und deswegen ist es auch schön zu sehen, dass nahezu an allen Unistandorten Präsenz auch konsequent ermöglicht wird.

2019 wurde die Uni Hamburg unter der Führung Ihres Vorgängers zur Exzellenz-Uni gekürt. Wie fühlt es sich an, in so große Fußstapfen zu treten?

Heekeren: Unter Dieter Lenzens Leitung hat sich die Uni Hamburg wirklich enorm entwickelt. Mit einem sehr spannenden Profil was die interdisziplinären Forschungsschwerpunkte angeht, aber auch mit sehr guten Transfer-Aktivitäten – und selbstverständlich auch mit einer sehr guten Lehre und Forschung. Ich sehe mich aufgrund meiner Vorerfahrung sehr gut gerüstet, diese Nachfolge anzutreten. Und ich finde ja hier auch hervorragende Strukturen vor, die mir sicherlich den Einstieg in das Amt erleichtern werden.

Exzellenz-Titel soll verteidigt werden

Wie planen Sie denn den Exzellenz-Titel zu verteidigen?

Heekeren: Ich bin mir sicher: Klar verteidigen wir den. Indem wir den Antrag weiter konsequent abarbeiten. Da ist auch schon sehr viel geschehen: einerseits Aktivitäten im internationalen Bereich, was sichtbare internationale Strategie-Konferenzen angeht und eine Vernetzung mit spannenden internationalen Partner-Universitäten. Aber auch hier in Hamburg durch Transfer-Aktivitäten, die schon begonnen haben.

Ihr Vorgänger sprach einst von „den Ruinen, die sie hier Universität nennen“. Hat er damit recht?

Heekeren: Es gibt an vielen Universitäten in Deutschland einen Sanierungsstau. Das ist in Berlin auch so. Mein Eindruck ist aber auch, dass sich hier in Hamburg schon sehr viel getan hat. Und es ist ja auch so, dass die politische Seite das erkannt hat und ein Sanierungsprogramm aufgesetzt hat, das mit 150 Millionen Euro pro Jahr für die Hochschulen des Landes Hamburg bis 2038 einen erheblichen Umfang bietet. Das zeigt, dass man gewillt ist, es zu lösen. Aber natürlich ist noch viel zu tun.

Die Probleme beim Pferdestall, Philosophenturm oder dem Haus der Erde sind Ihnen bekannt?

Heekeren: Ich habe davon gehört, dass es an der einen oder anderen Stelle Verzögerungen gibt, die ja zum Teil auch pandemiebedingt sind. Ich hoffe sehr, dass wir den Philosophenturm 2022 wiedereröffnen können. Und es wäre schön, wenn das Haus der Erde zur nächsten Runde der Exzellenzstrategie fertig wird.

Hochschulfinanzierung wird Herausforderung

Wo liegen die großen Herausforderungen der kommenden Jahre für Hochschulen im Allgemeinen und die Uni Hamburg im Besonderen?

Heekeren: Ein Thema wird sicherlich die Hochschulfinanzierung bleiben. Man muss auch gucken, wie sich das im Zuge der Pandemiebewältigung gestaltet. Ich bin aber auch da sehr zuversichtlich, da meiner Wahrnehmung nach einige Landesregierungen, auch die hier in Hamburg, verstanden haben, dass Wissenschaftspolitik wichtig ist. Deswegen hoffe ich, dass sich auf vielen Seiten das Verständnis durchsetzt, dass Investitionen in Forschung und Wissenschaft gerade als Vorsorge für die Bewältigung zukünftiger Krisen unverzichtbar sind.

Wir haben über Herausforderungen gesprochen. Worauf freuen Sie sich bei Ihrer neuen Aufgabe am meisten?

Heekeren: Ich freue mich sehr darauf, in der Zeit bis zu meinem Amtsantritt möglichst viele Facetten der Uni Hamburg kennenzulernen und mit möglichst vielen Mitgliedern der Uni ins Gespräch zu kommen. Das ist unglaublich bereichernd an der Aufgabe.

Fällt Ihnen der Abschied aus Berlin schwer?

Heekeren: Natürlich schon ein wenig. Ich war seit 2004 in Berlin mit Stationen an der Charité und am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und seit 2009 an der FU Berlin. In der Zeit ist mir Berlin eine persönliche, berufliche und auch wissenschaftliche Heimat geworden. Aber die beiden Städte liegen ja auch nicht so weit auseinander, und ich freue mich wirklich sehr, diesen nächsten Schritt zu machen in die sehr spannende Wissenschaftsmetropole und weltgewandte Stadt Hamburg. Die Uni mit der spannenden Aufgabe und die tolle Stadt mit ihrer fantastischen Kultur- und Musikszene, diese Kombination lockt mich aus Berlin nach Hamburg.

Wohnungsmarkt so schwierig wie in Berlin

Sie werden ja jetzt auch umziehen. Wie haben Sie den Hamburger Wohnungsmarkt erlebt?

Heekeren: Der ist leider ähnlich schwierig wie der in Berlin. Das wäre auch eine Herausforderung für Unis in Metropolen, die soziale und wirtschaftliche Absicherung der Studis sicherzustellen – und dazu gehört auch das Thema studentisches Wohnen. Das ist sehr dramatisch. Als Uni haben wir da auch die Verantwortung, mit den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft zusammenzuarbeiten.

Was verbindet Sie mit Hamburg?

Heekeren: Es gibt lange bestehende Kooperationen mit Kolleginnen und Kollegen im Bereich der Psychologie der Uni Hamburg und der Neurowissenschaften am UKE. Daher kenne ich Teile der Uni schon recht lange.

Heekeren will die Wahl mit Familie feiern

Ihr Vorgänger sagte einmal, er habe wenig Privatleben während seiner Präsidialzeit gehabt – worauf müssen Sie möglicherweise verzichten?

Heekeren: Man muss in so einem fordernden Job auf sich aufpassen. Ich spiele Saxofon und mache noch gelegentlich Musik. Aber das wird sicherlich nicht mehr so oft möglich sein wie bisher.

In Ihrer Twitter-Biografie ist der Fußballclub Hertha BSC verlinkt. Können Sie sich auch für einen Hamburger Club erwärmen?

Heekeren: Ich bin langjähriges Hertha-Mitglied. Darf man das hier sagen? Ich positioniere mich daher auch nicht zwischen dem HSV und St. Pauli.

Offiziell müssen Sie noch vom Senat bestellt werden. Feiern Sie trotzdem schon ein bisschen?

Heekeren: Meine Familie und ich werden den Anlass angemessen feiern. Auch wenn die Ernennung der Behörde noch aussteht, kann man auf das, was bereits passiert ist, ja schon anstoßen.