Hamburg. Erstaunliche Absteiger in der Spitzengastronomie. Grund zur Freude gibt es aber bei Kevin Fehling (The Table) und Milliardär Kühne.
In der Hamburger Spitzengastronomie sind in diesem Jahr vier Michelin-Sterne verglüht – und das trifft ausgerechnet zwei langjährige Top-Köche der Stadt. Sowohl das Jacobs Restaurant an der Elbchaussee unter Leitung von Thomas Martin als auch das SevenSeas auf dem Süllberg von Karlheinz Hauser verlieren ihre Auszeichnungen im Guide Michelin 2021.
Das Lakeside im Hotel Fontenay mit Küchenchef Julian Stowasser darf sich neu über einen Stern freuen, während Le Canard Nouveau mit Küchenchef Felix Becker an der Elbchaussee seinen wieder abgeben muss. Das teilte der Gastro-Führer am Freitag mit.
Guide Michelin: Drei Sterne für Kevin Fehling (The Table)
The Table bleibt das einzige Drei-Sterne-Restaurant der Stadt. "Wir freuen uns, dass wir die drei Sterne halten konnten. Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist das eine noch schönere Auszeichnung als sonst", sagt Küchenchef Kevin Fehling dem Abendblatt. "Unsere Kreativität und ewige Suche nach Perfektion wird damit wieder bestätigt und motiviert uns, so weiter zu machen."
Nur zehn Restaurants in Deutschland durften sich über die Höchstwertung freuen. Die deutsche Gastronomie habe trotz Covid-19-Krise mit erstklassigem kulinarischem Niveau überzeugt, hieß es weiter. Wegen der Pandemie fand die Verleihung der Michelin-Sterne ausschließlich digital statt. Getestet wurden die Restaurants außerhalb der Lockdown-Zeit.
Lakeside im Fontenay gewinnt Stern zurück
Unverändert sind in Hamburg auch das Haerlin (Christoph Rüffer) und das Bianc (Matteo Ferrantino) mit jeweils zwei Sternen. Einen Stern tragen weiterhin Landhaus Scherrer (Heinz O. Wehmann), das Petit Amour (Boris Kasprik), das Piment von Wahabi Nouri, das Se7en Oceans (Stefan Beiter) sowie das 100/220 (Thomas Imbusch).
Einen Stern zurückgewonnen hat das Lakeside im Hotel Fontenay von HSV-Investor Klaus-Michael Kühne. Vor einem Jahr hat Julian Stowasser als neuer Küchenchef im siebten Stock des Hotels an der Außenalster angefangen. „Es ist großartig, dass wir in nur so kurzer Zeit unsere Leistung präsentieren konnten, und wir sind sehr glücklich, dass diese mit einem Stern honoriert wurde“, so der Koch, der bei seinen Gerichten einen weltoffenen Stil mit französischen Wurzeln pflegt.
Im Herbst 2019 hatte Spitzenkoch Cornelius Speinle das Restaurant verlassen. Das Lakeside verlor damit damals auch den Michelin-Stern, den Stowasser nun wieder erkocht hat.
Thomas Martin (Jacobs): "Entscheidung schmerzt"
Besonders unglücklich gelaufen ist es für das Jacobs. Das Restaurant an der Elbchaussee musste nach mehr als zehn Jahren gleich beide Sterne abgeben. "Wir bedauern dies sehr", teilt das Management mit und erklärt dies mit den "besonderen Rahmenbedingungen" des vergangenen Jahres. Seit dem ersten Lockdown sei das Jacobs bewusst nur für Hotelgäste und nicht als Zwei-Sterne-Restaurant geöffnet gewesen.
Um den vorgeschriebenen Mindestabstand einzuhalten, habe man die Räumlichkeiten des Gourmetrestaurants für die Hotelgäste – und kurzzeitig für alle Gäste – geöffnet, "um diesen in lockerer Atmosphäre und bei einer reduzierten Karte den schönsten Blick auf die Elbe ermöglichen zu können". Küchenchef Thomas Martin habe in den Sommermonaten intensiv an einer neuen Ausrichtung gearbeitet, die kurz vor der Umsetzung stand. "Wegen des erneuten Lockdowns im November war dies jedoch nicht möglich."
"Natürlich schmerzt mich die Entscheidung des Guide Michelin sehr, wenngleich mir bewusst ist, dass die Entscheidung der besonderen Situation geschuldet ist", sagt Thomas Martin, der dort seit mehr als 20 Jahren kocht. Er blicke nun positiv in die Zukunft und sehne sich danach, endlich wieder kreativ in der Küche sein zu dürfen.
Guide Michelin 2021: Die Sterne in Hamburg
- The Table, Kevin Fehling (3)
- Haerlin, Christoph Rüffer (2)
- Bianc, Matteo Ferrantino (2)
- Lakeside, Julian Stowasser (1)
- Landhaus Scherrer, Heinz O. Wehmann (1)
- Petit Amour, Boris Kasprik (1)
- Piment, Wahabi Nouri (1)
- Se7en Oceans, Stefan Beiter (1)
- 100/200 Kitchen, Thomas Imbusch (1)
Süllberg: Karlheinz Hauser hat Verlust erwartet
Süllberg-Patron Karlheinz Hauser hatte den Verlust der zwei Michelin-Sterne bereits erwartet. „Das Gourmet-Restaurant war das ganze Jahr 2020 geschlossen, also konnte auch niemand zum Testen kommen“, so der Küchenchef zum Abendblatt. „Deshalb bin ich jetzt nicht sehr erschüttert.“ Wie berichtet, gibt Hauser das Hotel und die Gastronomie in Blankenese zum Jahresende auf.
Feiern kann dagegen Christoph Rüffer vom Haerlin im Hotel Vier Jahreszeiten. "Meine Mannschaft und ich freuen uns über die wieder erhaltenen zwei Sterne und darüber, dass wir in diesen schwierigen Zeiten genauso gut gekocht und geliefert haben wie vorher. Ich danke meinem Traum-Team und wünsche mir, dass wir bald wieder loslegen können", sagt der Küchenchef von der Alster dem Abendblatt.
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Doch auch bei ihm schwingt Wehmut mit: "Traurig bin ich, dass meine Freunde Karlheinz Hauser und Thomas Martin die Sterne für ihre Betriebe verloren haben. Wir haben immer sehr gut zusammen gearbeitet. Sehr schade für den Gastronomie-Standort Hamburg."
Petit Amour: Sterne-Küche gibt's in der Box
Angesichts der besonderen Umstände freut sich Boris Kasprik vom Petit Amour am Spritzenplatz über den verteidigten Stern im Guide Michelin. „Ich bin einfach sehr froh, dass wir unseren Stern in diesen schwierigen Zeiten behalten konnten", räumt der Küchenchef ein. "Im Augenblick bieten wir ein Drei-Sterne-Menü in der Box an, das die Kunden zu Hause fertig kochen können. Das wird ausgesprochen gut angenommen, die Kunden kommen vor allem aus Hamburg. Wir planen aber nun auch, dieses Angebot mit einem Partner bundesweit auszuweiten.“
Ganz ähnlich äußert sich Jaffar Saidolzakerin vom Se7en Oceans in der Europa Passage: „Wir haben im vergangenen Jahr ja nur drei bis vier Monate überhaupt arbeiten können, insofern sind wir schon sehr glücklich, dass wir den Stern behalten haben", sagte der Restaurant-Geschäftsführer. Vom Boxen-Prinzip ist er aber nicht überzeugt. "Im Moment haben wir geschlossen, hoffen aber, möglichst bald wieder unsere Gäste bewirten zu können. Boxen zu verschicken, wie es andere Kollegen tun, kommt für uns nicht infrage, da Sternegastronomie für uns immer auch etwas mit Erlebnis zu tun hat.“
Landhaus Scherrer mit grünem Michelin-Stern
Das Landhaus Scherrer kann sich über einen ganz besonderen Michelin-Stern freuen. "Ich bin begeistert, dass wir den grünen Stern bekommen haben. Nachhaltigkeit wird belohnt. Generell muss ein Umdenken stattfinden, wir müssen mit Ressourcen anders umgehen", sagt Küchenchef Heinz O. Wehmann. Im Landhaus Scherrer werden zum Beispiel schon lange Bio-Gänse und Demeter-zertifizierter Rotkohl zubereitet.
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Nur wenige Schritte weiter herrscht dagegen Enttäuschung. Das Le Canard Nouveau an der Elbchaussee musste seinen Stern abgeben: “Es ist natürlich sehr schade, dass wir unseren Stern verloren haben, aber das war letztlich auch schon absehbar", sagt Küchenchef Felix Becker. "Die Corona-Pandemie hat uns mitten einer Phase erwischt, in der wir unser Konzept geändert haben, um die Gourmetküche für neue Zielgruppen zugänglicher zu machen. Es kommen aber auch sicher wieder bessere Zeiten für uns und die Spitzengastronomie.“
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