Hamburg. Vergebens hatte eine Anwohner-Initiative für den Erhalt des Gebäudes gekämpft. Im März wird das Domizil komplett abgerissen.
Die Entscheidung ist gefallen, auch wenn der offizielle Baubescheid noch aussteht: Der für Alsterdorf zuständige Unterausschuss des Bezirks Nord hat auf einen Einspruch gegen den geplanten Bau von sechs Stadthäusern auf dem Gelände der Villa an der Alsterdorfer Straße 386 verzichtet. Das Schicksal des 1905 errichteten Prachtbaus war schon zuvor so gut wie besiegelt: Bereits im Juni gab es einen Teilabriss.
Wie das Abendblatt berichtete, hatte der Eigentümer die Villa (Wohnfläche 294 Quadratmeter) noch 2018 über einen Makler in einem 21-seitigen Exposé mit dem Titel „Herrschaftliches Familienidyll“ für 1,75 Millionen Euro zum Verkauf angeboten. Für den Käufer war am Ende das Grundstück von 1328 Quadratmetern interessanter. Als bekannt wurde, dass der Bauträger Tomczak die Villa abreißen will, um in bester Lage sieben Stadthäuser zu errichten, war der Unmut nicht nur im Quartier groß. „Hamburgs Qualitäten dürfen und müssen nicht der Quantität im Wohnungsbau geopfert werden“, sagte Kristina Sassenscheidt, Geschäftsführerin des Denkmalvereins.
Anwohner-Initiative kämpfte über Monate für den Erhalt der Villa
Über Monate kämpfte eine Anwohner-Initiative für den Erhalt der Villa, einst im Besitz der Evangelischen Stiftung Alsterdorf. Auch das Denkmalschutzamt wurde eingeschaltet. Vergebens. Das Haus habe zu viele Veränderungen erfahren, um noch als Denkmal gewertet werden zu können, entschied das Amt: „So sind nicht nur alle Fenster und Türen erneuert, es hat auch zur Straße und zur Rückseite überdimensionierte Gauben erhalten, an der Rückseite wurden zudem Fenster zu Fenstertüren erweitert.
Offenbar ist das Gebäude zudem mindestens in Teilen neu und ohne Rücksicht auf historische Oberflächen verputzt worden.“ Für das Bezirksamt Nord war der Fall damit klar: „Es gelten kein Denkmalschutz und keine städtebauliche Erhaltungsverordnung, die gegen einen Abbruch sprächen.“ Doch auch nach dem Teilabriss im Sommer gingen die Proteste weiter. Das Gebäude sei viel zu groß. Der Investor baut zwar jetzt sechs statt sieben Stadthäuser, hält aber an dem dreigeschossigen Bau plus Staffel fest.
Kein akzeptabler Kompromiss für die Anwohner
Aus Sicht der Anwohner kein akzeptabler Kompromiss: „Der vorgeschlagene Baukörper ist im Verhältnis zur gesamten Nachbarbebauung unmaßstäblich groß und fügt sich deshalb nicht in die in der gesamten Nachbarschaft vorhandene städtebauliche Struktur von Einzel- und Doppelhäusern mit Privatgärten ein“, schrieb die Initiative im November an das Bezirksamt Nord. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Der Abstand mag baurechtlich ausreichend sein, qualitätsvoller Außenraum oder ein attraktiver Ausblick aus den Wohnungen entstehen da aber nicht.“
Zudem erfahre „der Straßenraum Kiefernhain durch die Planung eine stark negative Veränderung“. Die Spielstraße werde durch weitere Grundstückseinfahrten übermäßig belastet. Henning Witt, Prokurist des Bauträgers, sieht das völlig anders: „Das kann ich nicht nachvollziehen. Wir schaffen hier auch architektonisch sehr ansprechende Stadthäuser. Diese Häuser werden das Quartier bereichern.“
Vom zuständigen Bauausschuss bekam der Investor nun grünes Licht. Nach der wie immer nicht öffentlichen Sitzung mailte die Ausschussvorsitzende Katrin Hofmann (Grüne) an die Initiative, dass man sich „ausführlich mit dem Bauvorhaben beschäftigt“ habe. Die zuständigen Mitarbeiter des Bezirksamtes hätten „den Sachverhalt erläutert und unsere Fragen beantwortet. Damit sind wir als Abgeordnete unserer Aufgabe nachgekommen, die Verwaltung zu kontrollieren.“ Die Mail schließt mit dem Satz: „Im Namen aller Fraktionen darf ich Ihnen zurückmelden, dass wir die Argumente des Bezirksamtes nachvollziehen konnten und die Entscheidung zur Kenntnis genommen haben.“
Investor sieht großes Interesse für die Stadthäuser
Die Enttäuschung der Anwohner ist groß. Die Visualisierung des Bauträgers von der Gartenseite schöne das Bauvorhaben. Für die Initiative entsteht ein „Fremdkörper“ im Quartier. Der Bauträger spricht von einer enormen Nachfrage. Obwohl man die Stadthäuser mit Wohnflächen zwischen 200 und 250 Quadratmetern (Kaufpreis ab 1,5 Millionen Euro) noch nicht vermarkte, gebe es bereits 40 vorgemerkte Interessenten, sagt Witt.
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Offenbar steigern auch die Auswirkungen von Corona die Begehrlichkeiten: „Die Pandemie hat die Nachfrage nach Wohnraum verändert. Ein Garten ist viel wichtiger geworden. Daher sind Stadthäuser so begehrt.“ Im März will der Bauträger die Villa komplett abreißen, dann mit dem Bau beginnen. Im Frühjahr 2022 sollen die Häuser bezugsfertig sein.