Hamburg. Der geplante Stabilisierungsfonds macht das möglich. Die CDU begrüßt ihn, fürchtet aber den staatlichen Einfluss. Die Hintergründe.
Im Kampf gegen die Corona-Krise hat die Stadt Hamburg bislang keinen Aufwand gescheut. Sie hat direkte Hilfen an Selbstständige vergeben (die sehr gefragt waren), sie bietet den Firmen Kredite an (die nicht so gefragt sind), sie stundet Steuern und vieles mehr. Im Herbst soll nun ein weiteres schweres Geschütz aufgefahren werden: der „Hamburg Stabilisierungsfonds“. Bis zu einer Milliarde Euro stehen zur Verfügung, damit die Stadt sich an in Not geratenen Unternehmen beteiligen kann.
Angesichts einer geplanten Mindest-Investitionssumme von 800.000 Euro würde das Geld reichen, um bei mehr als 1000 Firmen einzusteigen, als realistisch gelten aber eher 100. Zum Vergleich: Ende 2018 war die Stadt an 106 Unternehmen beteiligt – vom Flughafen über das UKE bis zur Staatsoper.
Opposition: Grundsätze nicht aus den Augen verlieren
Auch die oppositionelle CDU-Fraktion in der Bürgerschaft unterstützt den Aufbau des Fonds im Grundsatz. Ihrem Wirtschaftsexperten Götz Wiese bereitet das Thema dennoch Kopfzerbrechen. Nachdem die Stadt sogar den Modekonzern Tom Tailor mit einer Millionen-Bürgerschaft gestützt hat, obwohl dieser unabhängig von Corona Probleme hatte, sorgt er sich, dass weitere umstrittene Rettungsmaßnahmen den Populismus stärken könnten. In einem ausführlichen Antrag an die Bürgerschaft, der dem Abendblatt exklusiv vorliegt, wirft er daher Fragen auf wie: Wer entscheidet über eine Beteiligung? Und wie kann das Parlament den Fonds kontrollieren?
„Auch und gerade in Zeiten von Corona darf der Senat haushalts- und ordnungspolitische Grundsätze nicht aus den Augen verlieren“, sagt Wiese. „Wenn die Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft nicht eingehalten werden, geht es schief.“ Das könne zu einer Überforderung des Staates und einer Verzerrung des Wettbewerbs führen. Im Übrigen brauche der Senat schnell ein kompetentes Team für den Fonds, fordert der CDU-Abgeordnete: „Die Beteiligungen des Fonds müssen fortlaufend professionell überwacht und bei geeigneter Gelegenheit auch wieder veräußert werden.“
Ähnliche Sorgen formuliert auch der CDU-nahe Wirtschaftsrat: Der Fonds schließe eine Unterstützungslücke und könne „zu einem wirksamen Hebel werden, um die mittelständische Unternehmensstruktur in Hamburg abzusichern“, sagt der Landesvorsitzende Henneke Lütgerath zwar. Dennoch sei Zurückhaltung des Staates bei Eingriffen in die Eigentumsordnung geboten: „Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Die Entscheidung, welchem Unternehmen Hilfe gewährt wird, darf keine politische sein, sondern muss ausschließlich auf den Vergabekriterien beruhen.“
Dressel: Corona muss Unterstützungsursache sein
Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) hält die Sorgen für unbegründet. Wie er dem Abendblatt sagte, werde sich der Gesetzentwurf, den der Senat in Kürze beschließen werde, eng an den Anforderungen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes orientieren. Im Fokus stünden mittlere Unternehmen, die nicht von der Bundeshilfe profitieren – also solche mit 50 bis 250 Mitarbeitern und einem Umsatz in Höhe von zehn bis 50 Millionen Euro. „Es muss sich also um ein Unternehmen handeln, das sich in Schwierigkeiten befindet und dessen anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind“, sagte Dressel.
Die Stützungsnotwendigkeit müsse sich zudem klar aus der Corona-Pandemie ergeben: „Das Unternehmen darf sich also nicht bereits Ende 2019 in Schwierigkeiten befunden haben.“ Wenn es zudem eine positive Fortführungsprognose gebe, sei eine stille Beteiligung möglich: „Dies beinhaltet also, dass der Staat keinen Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen anstrebt“, stellte der Finanzsenator klar. Die Rekapitalisierung könne auch durch Sicherheitsleistungen wie Bürgschaften ergänzt werden.
Kammer und Verbände signalisieren Interesse
Angesiedelt werde der Fonds vermutlich als „unselbständiges Sondervermögen“ der Stadt bei der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB). Über die Arbeits des Fonds soll das Parlament vierteljährlich informiert werden, die Kreditkommission der Stadt monatlich. Sie soll zudem auch bei wichtigen Entscheidungen beteiligt werden. Der Gesetzentwurf werde aber nicht vor Ende Oktober durch die Bürgerschaft verabschiedet.
Konkrete Anfragen von Unternehmen zu einer Beteiligung lägen zwar noch nicht vor, heißt es in der Finanzbehörde. Aber: „Grundsätzliches Interesse ist von Kammern und Verbänden uns mehrfach signalisiert worden.“
Miniatur Wunderland als Profiteur?
Als ein Unternehmen, für das theoretisch Hilfe vom Stabilisierungsfonds infrage komme, hatte Dressel früher einmal das Miniatur Wunderland genannt: eigentlich kerngesund, aber durch die Corona-Beschränkungen vorübergehend in Schwierigkeiten geraten. Wie Gründer Frederik Braun dem Abendblatt sagte, sei die Lage zwar über den Sommer etwas besser geworden, aber noch lange nicht gut. Nach wie vor dürfe man nur 25 Prozent der normalen Besucherkapazitäten nutzen.
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Dass man im August immerhin 32 Prozent der Auslastung des Vorjahresmonats erreicht habe, sei nur der Ausdehnung der Öffnungszeiten auf täglich 7 Uhr morgens bis 1 Uhr in der Nacht zu verdanken. „Das geht nur mit einem wahnsinnig tollen Team“, sagte Braun und hofft: „Wenn es keinen zweiten Lockdown gibt, kommen wir so mindestens bis Ostern durch.“ Eventuell werde man erstmals einen Kredit aufnehmen, aber im Prinzip sei das Ziel: „Wir wollen es aus eigener Kraft schaffen.“