Hamburg. Nicht nur im Miniatur Wunderland gehen die Umsätze zurück – auch Elbphilharmonie und Alsterschiffe haben große Schwierigkeiten.
Könnte sich die Stadt Hamburg am Miniatur Wunderland beteiligen? Wie berichtet, fährt die größte Modelleisenbahn der Welt durch die coronabedingte Reduzierung der Besucherzahl hohe Verluste ein. Auf der Landespressekonferenz brachte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) eine städtische Beteiligung ins Spiel: Neben Überbrückungshilfen und Zuschüssen erwähnte er – mit dem Verweis auf den „kulturellen und touristischen Zweck“ des Miniatur Wunderlandes – „Beteiligungsinstrumente“, die man nutzen wolle. „Ob eine Beteiligung in diesem Fall das Richtige ist, werden wir aber erst beurteilen können, wenn nach der Sommerpause der Wirtschaftsstabilisierungsfonds aufgelebt ist“, sagte er auf Abendblatt-Nachfrage.
Bei den Betreibern des Miniatur Wunderlands, den Brüdern Frederik und Gerrit Braun, lösen die Gedanken an finanzielle Hilfen durch die Stadt gemischte Gefühle aus. „Wir stehen vor der Entscheidung, entweder wie bisher im Notbetrieb weiterzumachen, mit nur 200 statt 1000 Besuchern, den Mitarbeitern in Kurzarbeit und ,nur‘ 300.000 statt 400.000 Euro Verlust im Monat. Oder uns hoch zu verschulden und weiterzubauen“, sagt Frederik Braun. Tatsächlich reiche das finanzielle Polster des Unternehmens im Notbetrieb noch für ein Jahr. Ob eine städtische Beteiligung am Miniatur Wunderland eine Option für ihn sei, könne er momentan noch nicht sagen.
„Wir sind ja nicht insolvent oder pleite – uns ist mit einer Beteiligung eigentlich nicht geholfen. Dabei geht es ja nicht um Geldgeschenke, sondern das muss alles zurückgezahlt werden.“ Was dem Miniatur Wunderland wirklich helfen würde, wäre, wenn die Stadt die Miete reduzieren statt stunden würde und der bereits festgelegte Mietbeginn für den Erweiterungsbau verschoben würde. „Und“, so Frederik Braun, „wenn die Stadt am Jahresende, wenn es wirklich hart auf hart kommt, sagt: ,Wir helfen euch!‘“
Auch andere touristische Attraktionen in der Hansestadt kämpfen derzeit ums Überleben:
Die Roten Doppeldecker
Die Roten Doppeldecker etwa fahren derzeit nur mit sechs statt den zwölf Bussen, die normalerweise im Sommer im Einsatz sind. „Anders als die öffentlichen Linienbusse dürfen wir nur noch die Hälfte der Fahrgäste mitnehmen“, so Geschäftsführerin Katharina Fest. Wenn diese Regelung nicht, ebenso wie die in den Bussen geltende Maskenpflicht, bald gekippt werde, bringe das ernste Probleme mit sich. „Die Umsätze sind um 90 Prozent zurückgegangen.“ Unter der Woche würde die 50-Prozent-Auslastung wegen der wenigen Touristen, die sich in Hamburg befänden, erst gar nicht erreicht. Nur am vergangenen Freitag, der in manchen Bundesländern ein Feiertag ist, sei die Nachfrage vorübergehend gestiegen. Um bis zur nächsten Saison mit dem Ersparten durchhalten zu können, würden momentan Kosten gesenkt. „Fünf Busse sind abgemeldet und alle 50 Mitarbeiter in Kurzarbeit“, so die Geschäftsführerin. Auch ein KfW-Kredit über 600.000 Euro habe geholfen.
Miniatur Wunderland - Finanzsenator spricht von Beteiligung
Elbphilharmonie
Das Konzerthaus an der Hafenkante besteht aus zwei Gesellschaften: der Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft, die die Räumlichkeiten vermietet, und dem Konzertveranstalter Hamburg Musik. Die Corona-Krise trifft sie ganz unterschiedlich. „Hamburg Musik bekommt ungeachtet der Corona-Krise Subventionen durch die Stadt“, sagt Sprecher Tom R. Schulz. „Die Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft dagegen ist völlig auf null gefallen.“ Dank eines Hilfsfonds für freiberufliche Musiker, der durch den Verzicht der Kartenkäufer auf Erstattung sowie dem Freundeskreis Elbphilharmonie zustande kam, habe man immerhin einen sechsstelligen Betrag an Künstler weitergeben können. Wie es weitergehe, sei völlig unklar. „Es gibt noch keine Anweisungen. Fest steht nur, dass bis zu Beginn der nächsten Spielzeit weder Konzerte noch Veranstaltungen stattfinden.“
Das Planetarium
Obwohl es ein städtischer Betrieb ist, finanziert sich das Planetarium zum Großteil über die Einnahmen aus Ticketverkäufen. „Aktuell fehlen uns hier rund 200.000 Euro im Monat. Und selbst wenn wir am 1. Juli wieder öffnen dürfen, wird sich die finanzielle Situation aufgrund der rigiden Abstandsregeln nicht ausschlaggebend ändern“, so Planetariumsleiter Thomas Kraupe. Durch die Sicherheitsmaßnahmen sowie Betriebs- und Personalkosten stiegen die Ausgaben sogar – während im Sternensaal aber nur maximal 80 Personen sitzen könnten, weniger als ein Drittel der Kapazität. Annähernd wirtschaftlich zu sein, sei so nicht möglich, die Zukunft abhängig von den Etats der Kulturbehörde. Deren Zuschüsse müssten über einen längeren Zeitraum erheblich erhöht werden.
Die Alsterschiffe
Durch das im Winter ohnehin eingeschränkte Programm, das Arrangement, viele Mitarbeiter an andere Unternehmen ausleihen zu können und dreiwöchige Betriebsferien musste die Alstertouristik niemanden in Kurzarbeit schicken. Nachdem vor gut einem Monat der Betrieb wieder aufgenommen wurde, verzeichne man seit zwei Wochen wieder eine große Nachfrage, so Geschäftsführer Tobias Haack. „Da wir die Schiffe aber nur zur Hälfte besetzen dürfen, fahren wir weiterhin keine Gewinne ein.“ Da momentan wenig Touristen in der Stadt seien, wolle man den Hamburgern mit einer Saisonkarte (79 Euro) Lust auf Alsterkreuzfahrten zwischen Jungfernstieg und Winterhude machen.
„König der Löwen“
Das „König der Löwen“-Musical ist mit mehr als 14 Millionen Besuchern die erfolgreichste Stage-Produktion, die es in Hamburg je gegeben hat. Rund 1000 Mitarbeiter sind in Hamburg derzeit in Kurzarbeit. Wie Uschi Neuss, Chefin des Musicalkonzerns Stage Entertainment, kürzlich dem Abendblatt sagte, werde das Programm derzeit „in die Zukunft verschoben“. Man habe die Planungen so weit verschoben, dass man ab September wieder spielen könnte. Eine definitive Entscheidung der Behörden dazu steht allerdings noch aus. Laut Uschi Neuss ist für einen Neustart allerdings entscheidend, dass die 1,5 Meter Abstandsregelung im Zuschauerraum nicht gilt. Könnte man nur deutlich weniger Publikum empfangen, würde es sich nicht mehr lohnen.
Die Kunsthalle
Das Jahr startete gut für die Hamburger Kunsthalle. Bis zur Museumsschließung am 14. März besuchten 102.487 Menschen das Haus. Nach Angaben der Kunsthalle müsse für 2020 durch die coronabedingte Schließung und ein derzeit noch verhaltenes Besucheraufkommen die Erwartung an die Zahlen drastisch angepasst werden. Viele Veranstaltungen könnten zudem aufgrund des Verbots von Großveranstaltungen bis zum 31. August 2020 nicht stattfinden und somit keine Erträge generieren. „Wir gehen zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, circa zwei Millionen Euro weniger an Erträgen zu erwirtschaften – die überwiegende Summe aufgrund der reduzierten Erlöse aus dem Museumsbetrieb.“
2000 Euro für jeden Künstler in Hamburg – so geht's
St. Michaelis
Das Hamburger Wahrzeichen schlechthin: die Hauptkirche St. Michaelis (kurz: Michel genannt). Doch laut Hauptpastor Alexander Röder ist die finanzielle Lage „sehr angespannt“. Viele Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Die Zahl der Besucher ist zudem in den vergangenen Monaten eingebrochen – und damit auch die Einnahmen. Auch fehlen die Erlöse aus dem Veranstaltungsbetrieb, etwa Konzerte. Laut Röder gehe es um eine Finanzierungslücke von rund 40.000 Euro pro Monat. Mit der neuen Aktion „Rettungsringe für den Michel“ will die Stiftung St. Michaelis in den nächsten Monaten Spenden sammeln. (Weitere Informationen: www.st-michaelis.de)
Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde
- Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
- Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
- Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
- Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
- Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden