Hamburg. Ob vegan oder mit Stoffwindeln: Aktionshelden unternehmen Erstaunliches, um ihren CO2-Fußabdruck zu schmälern.
Wer spart, gewinnt! So könnte das Motto der Aktion „Klimaretter gesucht“ lauten. 21 Hamburger Haushalte haben ihren CO2-Ausstoß von Mitte Februar bis Ende Mai reduziert. Mit 200 Euro wurden sie monatlich belohnt. Die CO2-Challenge wurde von der Umweltbehörde und dem Abendblatt initiiert.
Aus jedem Bezirk sind drei „Klimaretter“ angetreten – bunt gemischt nach Alter, Lebens- und Wohnsituation. Etwa die Hälfte konnte ihren CO2-Fußabdruck um ein Drittel senken, wie die Umweltbehörde mitteilte. Zwei Kandidaten stellen wir vor.
Hamburg: Klimaretter schmälern CO2-Fußabdruck mit Stoffwindeln
Bei Familie Vega-Torres läuft das Leitungswasser durch einen Wassersparaufsatz. Essen- und Gartenabfälle landen in der nagelneuen Biotonne. Saisonales Obst und Gemüse erhält die Familie aus der Biokiste. Geschirrspülpulver und Deo mixt Mutter Maxie Vega-Torres selbst, Baby Luca trägt Stoffwindeln. „Aber wir sind jetzt keine Ober-Ökos“, sagt Mutter Maxie (33). Luca ist ein „Klimaretter“-Baby. Er wurde während der CO2-Challenge im März geboren.
Statt mit Stoffwindeln wurde Sohn Luis (5) noch mit Pampers gewickelt. Einen Unterschied am Babypopo sieht und fühlt Maxie Vega-Torres nicht. Sie fasst aber zusammen: Auf der Haben-Seite der Stoffwindeln steht weniger Müll, auf der Soll-Seite der hohe Anschaffungspreis. Über die Jahre schlage die Öko-Variante die Wegwerfwindel aber im Preis. Auch, weil sie auf Verkaufsportalen und Flohmärkten gefragt sind.
Auf die Frage, wie die Windeln nach dem Gebrauch aussehen, lacht die zweifache Mutter und antwortet: „Es geht ganz gut wieder raus. Wenn dann doch ein Fleckchen da sein sollte, kann man es ganz gut in der Sonne ausbleichen.“ Zuvor müssen die Windeln alle drei Tage erst im Vorwaschprogramm, dann auf 60 Grad gewaschen werden. Klimafreundlich ist das nicht, CO2 spart die Familie trotzdem: Während sie im letzten Jahr 15 Tonnen CO2 verbraucht hat, sind es dieses Jahr zehn Tonnen – trotz Nachwuchs.
Klima-Challenge gemeistert: Ein Drittel weniger CO2-Ausstoß
Der niedrigere Wert liegt auch an der ausbleibenden Flugreise nach Costa Rica, der Heimat von Vater José Vega-Torres (37). Die Corona-Beschränkungen haben damit nichts zu tun. Der Beschluss habe schon vorher festgestanden, sagt die zweifache Mutter. „Wir versuchen, da etwas wettzumachen, um wenigstens jedes zweite Jahr einen grünen Fußabdruck zu haben.“
Um das Ziel zu erreichen, kommt auch weniger und nur Biofleisch auf den Teller. Die Familie hat eine Kuh vom Biobauernhof mitgekauft. „Das ist eine Kuh, die erst geschlachtet wird, wenn die ganze Kuh verkauft ist.“ Mittlerweile haben sich ausreichend Käufer gefunden, sodass die Familie zehn Kilogramm Fleisch in der Tiefkühltruhe lagert.
Veganer plant Zugreise nach Omsk und scheitert an Corona
Fleisch essen Daniel Schenke und Anastasia Kamschilow nicht. Er lebt vegan, sie isst gelegentlich vegetarisch. Das Paar kämpft gegen seine Müllberge an, kauft im Unverpackt-Laden trockene Lebensmittel wie rote Linsen oder Sonnenblumenkerne. Bei veganen Fertigersatzprodukten ist Schenke noch ratlos: „Es ist wirklich schwierig, Plastik zu reduzieren, zum Beispiel bei veganen Würstchen, veganen Fischstäbchen oder veganem Chickenstyle. Wir essen das gerne.“ Um Abfälle wiederzuverwerten, hat er beim Vermieter angefragt, eine Restmülltonne anzuschaffen. Vergebens. Im Abfallkeller sei kein Platz – eine Ausrede, meint Schenke, der hinter diesem Vorwand eher Angst vor Geruchsbildung und Nagetieren vermutet.
Er reist gern und viel im Zug, zum Beispiel mit seiner Freundin nach London. Sie musste arbeitsbedingt mit dem Flieger zurück, er nahm die Bahn. Auf ihrem Weg ins Allgäu musste das Paar in München auf ein Mietauto umsteigen, bevor ab Freiburg der Zug auf die beiden wartete. Der Reisehöhepunkt in 2020 sollte die geplante Zugreise nach Omsk sein. Für die etwa 4500 Kilometer hätten Schenke und Kamschilow, die in Russland geboren ist, drei bis vier Tage gebraucht.
Doch durch die Corona-Pandemie sind die Reisepläne stillgelegt, die Krise beeinflusst die CO2-Bilanz der beiden zusätzlich positiv: Laut Umweltbehörde verbrauchen sie nur noch sieben statt acht Tonnen CO2 pro Jahr. Bei beiden Haushalten hat die Corona-Krise Einfluss auf einen grüneren Fußabdruck gehabt, doch beide Parteien möchten auch nach Corona so weitermachen.
Den eigenen CO2-Fußabdruck berechnen? So geht’s!
Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) hofft, dass die Abendblatt-Aktion "Klimaretter gesucht" mehr Menschen motiviert, ihren Lebensstil klimafreundlicher zu gestalten. „Mit der ‚Klimaretter‘-Aktion wollten wir zeigen, dass Einsparungen in Privathaushalten oft unkompliziert und ohne große Anstrengungen möglich sind. Das ist gelungen“, lobt er. „Ich hoffe, dass möglichst viele Menschen sich mit ihrer persönlichen CO2-Bilanz auseinandersetzen und konkrete Schritte für Einsparungen tun. Die Bandbreite für simple, aber effiziente Einsparungsmöglichkeiten ist groß.“
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