Hamburg. Wirte und Dehoga fordern eine freiwillige Regelung, wie sie auch in Schleswig-Holstein gilt.
Die Hamburger Gastronomie hat sich durch die Corona-Krise verändert. Das Servicepersonal, das die Gäste an den Tischen bedient, muss eine Mund-und-Nasen-Bedeckung tragen – wenn der Mindestabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten wird, und das ist beim Servieren von Essen und Getränken nicht möglich.
Im benachbarten Bundesland Schleswig-Holstein brauchen die Mitarbeiter keine Masken zu tragen – es ist den Gastronomen freigestellt. Eines ist in beiden Ländern gleich: Für die Gäste gilt am Tisch keine Maskenpflicht.
Hamburger Gastronomie leidet unter Corona-Krise
Für die Branche in der Hansestadt ist diese neue Situation eine Herausforderung. Vor einem Monat durften die Lokale in Hamburg wieder öffnen. Zuvor mussten die Restaurants wegen Corona fast zwei Monate schließen, ihnen war nur Außer-Haus-Verkauf erlaubt.
Wegen des Mindestabstands von 1,50 Metern zwischen den Gästen, die nicht an einem Tisch sitzen, haben die Gastronomen zahlreiche Sitzplätze eingebüßt und verzeichnen dadurch hohe Umsatzeinbußen.
Gastronom Petersen ist gegen Maskenpflicht
Die Lage ist angespannt, und im Abendblatt-Interview spricht Peer Petersen jetzt Klartext. Der bekannte Gastronom betreibt in Hamburg sieben Restaurants und hat mehr als 220 Mitarbeiter. Im Alstertal führt Petersen das The Locks, das Wellingten und das Mellinghus.
Außerdem gehören die Neumann’s Weinbistros am Grindelhof und an der Langen Reihe sowie zwei Balducci-Restaurants zu seinem Gastroimperium: „Es ist für unser Servicepersonal eine echte Zumutung, jetzt Tag für Tag eine Maske zu tragen. Die Kollegen sind den ganzen Tag in Bewegung, unter den Masken schwitzt man, kann man sich nur schwer artikulieren und bekommt kaum Luft“, sagt Petersen.
Auch die Gäste seien irritiert, denn sie könnten ja nur noch die Augen sehen, der Rest verschwinde unter der Mund-Nasen-Bedeckung. „In Schleswig-Holstein gibt es keine Pflicht für das Servicepersonal eine Maske zu tragen“, sagt der Gastronom.
Mitarbeiter sollen selbst über Mund-Nasen-Schutz entscheiden
Petersen fordert daher: „Auch der Hamburger Senat soll diesen Maskenzwang für die Mitarbeiter in der Gastronomie aufheben. Dann würde ich meine Angestellten selber entscheiden lassen, ob sie eine Maske tragen oder nicht.“
Der Wirt schlägt vor: „Die zuständigen Politiker sollten mal acht Stunden mit einer Maske bei uns im Service arbeiten, dann würden sie verstehen, dass solch eine Verordnung für die Mitarbeiter eine echte Belastung ist.
Gesundheitsamt kontrolliert wegen Maskenpflicht
Die Gäste zumindest betonen häufiger, dass sie lieber ohne Maske bedient würden.“ Vor Kurzem hatte er in einem seiner Lokale eine Kontrolle des Gesundheitsamts. „Wir waren offensichtlich denunziert worden, dass einer unserer Mitarbeiter ohne Maske gesehen wurde. Das stimmte natürlich nicht, aber trotzdem gab es eine Kontrolle vor Ort, bei der wir dann nachweisen konnten, dass wir uns an die Regelungen halten. Aber das hat wieder für zusätzliche Arbeit gesorgt“, sagt Petersen.
Dehoga-Präsident setzt auf Freiwilligkeit
Eine klare Position zur Mund-Nasen-Bedeckung im Service hat auch Dehoga-Präsident Franz Klein: „Die Maskenpflicht ist eine Beeinträchtigung für das Personal, und es schreckt auch Gäste vom Restaurantbesuch ab. Denn zu einem entspannten Essen gehört auch die Konversation mit den Mitarbeitern im Service. Man freut sich, wenn man mit einem Lächeln empfangen wird, aber das kann man nur schwer erkennen, wenn das Gegenüber eine Mund-Nasen-Bedeckung trägt. Natürlich würden wir uns wünschen, dass diese Maskenpflicht für die Servicekräfte in der Gastronomie abgeschafft würde beziehungsweise auf freiwilliger Basis erfolgt.“
Auch er verweist auf die Vorgaben in Schleswig-Holstein. Der Branchenexperte betont aber auch: „Wir machen die Verordnungen nicht, die macht der Hamburger Senat, und in dessen Verantwortung würde es auch liegen, diese Verordnung zur Mund-Nasen-Bedeckung wieder zurückzunehmen.“
Henriks-Besitzer: Mund-Nasen-Bedeckung ist große Belastung
Für Claas-Henrik Anklam, der das Szenerestaurant Henriks an der Tesdorpfstraße führt, steht fest. „Es ist für das Personal eine große Belastung, diese Mund-Nasen-Bedeckung im Service zu tragen.
Es ist nur schwer nachvollziehbar, dass in Schleswig-Holstein andere Regeln in der Gastronomie gelten. Es wäre wünschenswert, dass der Hamburger Senat prüft, ob die Maskenpflicht für die Servicekräfte aufgehoben werden kann.“ Allerdings hat der Gastronom momentan noch eine weitere Sorge.
Nach einem durch einen technischen Defekt in der Showküche ausgelösten Brand muss das Lokal nun renoviert und eine neue Küche eingebaut werden. Die Wiedereröffnung ist für Mitte August geplant – vielleicht ist ja bis dahin die Maskenpflicht bereits aufgehoben.
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Masken mit Visieren für Servicepersonal geplant
Auch Stephan von Bülow, Vorsitzender der Geschäftsführung der Block Gruppe, die die 14 Block Häuser in Hamburg betreibt, beschäftigt das Maskenthema. „Es ist eine zusätzliche Belastung für unsere Mitarbeiter und auch unschön für die Gäste, das Lächeln der Servicekräfte nicht zu sehen. Wir arbeiten zurzeit daran, unsere Mitarbeiter mit Visieren auszustatten, dann sind die Gesichter wenigstens wieder zu sehen.“
Keinen Anlass für Lockerungen sieht dagegen CDU-Fraktionschef Dennis Thering: „Niemand trägt gerne Masken. Aber fast alle Fachleute sind sich einig, dass die Maskenpflicht maßgeblich zur erfolgreichen Eindämmung des Coronavirus beiträgt, und deshalb sollte diese auch vorerst weiter für die Servicekräfte in der Gastronomie gelten.“
Masken können Sicherheitsgefühl vermitteln
Sophia Behr, Inhaberin des Bistros eisundsalzig in Langenhorn, hält das Tragen von Masken derzeit ebenfalls für alternativlos. „Es ist für uns alle anstrengend, aber wir nehmen das als notwendige Maßnahme hin.“
Masken zu tragen und Abstand zu halten sei in den allermeisten Fällen nicht schwer umzusetzen – zudem würde es den Gästen ein gewisses Sicherheitsgefühl vermitteln. „Solange die Virologen nicht sagen, dass wir darauf verzichten können, sollten wir das trotz Umsatzeinbußen beibehalten. Es wäre doch schade, wenn die Gastronomie durch ein steigendes Infektionsgeschehen wieder schließen müsste.“
In Hamburg gilt für die Fahrgäste in den Bussen und Bahnen sowie im Einzelhandel eine Maskenpflicht. Die Mitarbeiter in den Geschäften sind nicht verpflichtet eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.