Hamburg. Touristen fehlen und Hamburger zeigen sich noch zurückhaltend bei Restaurantbesuchen. Abstandsregeln kosten zudem viele Plätze.

Die Gastronomie in Hamburg darf seit einem Monat wieder öffnen. Zuvor mussten die Lokale wegen der Corona-Krise fast zwei Monate geschlossen bleiben, es war nur Außer-Haus-Verkauf erlaubt. Allerdings gelten weiterhin strenge Auflagen, wie zum Beispiel der Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen den Gästen, die nicht an einem Tisch sitzen. Das Personal muss Masken tragen, die Kontaktdaten der Gäste müssen aufgenommen werden. Nicht die besten Voraussetzungen für einen entspannten Restaurantbesuch.

Wie dramatisch die Lage ist, schildert Franz Klein. Der Dehoga-Präsident sagte dem Abendblatt: „Nach der Wiedereröffnung laufen die Geschäfte im Gastgewerbe äußerst schleppend. Kein Betrieb ist mit den aktuellen Umsätzen in der Lage, seine Kosten zu decken.“ Die Umsätze in der Gastronomie lägen bestenfalls bei 50 Prozent im Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie. Und die Zukunft sehe düster aus. Klein sagte: „Da bis Ende des Jahres so gut wie alle Veranstaltungen im Bereich Messen, Kongresse, Sport, Kultur, Musicals, Ausstellungen, also die üblichen Reiseanlässe für Hamburg-Besucher, nicht stattfinden, wird sich die Lage bis auf Weiteres nicht merkbar verbessern.“ Die Auslastung in der Hotellerie liege bei 20 Prozent.

Corona-Krise: Umsatzeinbrüche bei Hamburgs Gastronomen

Karlheinz Hauser, Sternekoch auf dem Süllberg, setzen insbesondere die Veranstaltungsabsagen zu.
Karlheinz Hauser, Sternekoch auf dem Süllberg, setzen insbesondere die Veranstaltungsabsagen zu. © Roland Magunia/Funke Foto Services | Roland Magunia

Das Abendblatt hat sich in der Branche umgehört. Um bis zu 70 Prozent sei der Umsatz eingebrochen, sagt Karlheinz Hauser, der auf dem Süllberg in Blankenese das Deck 7 und das mit zwei Sternen dekorierte Seven Seas betreibt. Das Gourmetrestaurant ist noch geschlossen. „Unter Einhaltung der Abstandsregelungen könnte ich dort maximal zehn Gäste bewirten, das rechnet sich einfach nicht.“ Bei sonnigem Wetter und an Feiertagen ziehe es zwar zunehmend Gäste auf die große Terrasse mit Elbblick und in den Biergarten, aber unter der Woche sei das Geschäft sehr ruhig. Deshalb hat der Starkoch auch noch nicht alle Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückgeholt. „Was uns richtig zusetzt, ist die Absage der ganzen Veranstaltungen“, sagt Karlheinz Hauser. Hochzeiten, Geburtstage, Firmenfeiern – alles storniert. Dabei hätten allein im Juni/Juli noch 26 Festlichkeiten im Kalender gestanden.

Ein Gastro-Hotspot unweit vom Rathaus ist das Café Paris. Doch die goldenen Zeiten sind auch hier vorbei. „Wir haben etwa die Hälfte unseres Umsatzes. Das liegt daran, das wir nur etwa 100 unserer 200 Plätze nutzen können. Und vor allem in den späten Abendstunden bleiben die Gäste weg, die ansonsten nach einem Theater- oder Konzertbesuch noch zum Essen oder auf ein Glas Wein vorbeigekommen sind. Deshalb schließen wir jetzt meist schon gegen 22 Uhr“, sagte der geschäftsführende Gesellschafter Holger Sturm. Sein Fazit: „Wirtschaftlich arbeiten können wir unter diesen Bedingungen aktuell nicht. Eine Lockerung der Abstandsregelung würde uns helfen.“

Das Coronavirus in Deutschland und weltweit:

Ziel ist es, aus der Verlustzone zu kommen

In Hamburg gilt zurzeit, dass nur zwei Haushalte mit maximal zehn Personen zusammen essen gehen dürfen. In Schleswig-Holstein dürfen zehn Personen, egal aus wie vielen Haushalten, wieder zusammen ausgehen. „Es würde uns helfen, wenn diese Regelung auch in Hamburg gelockert würde, das würde wieder mehr Gäste in die Gastronomie locken und unsere Umsätze erhöhen“, sagte Peer Petersen, der unter anderem die Neumann’s Weinbistros an der Langen Reihe und am Grindelhof sowie das Wellingten und das Locks im Alstertal betreibt. Zurzeit hat der Gastronom etwa 40 bis 60 Prozent der Umsätze, die er vor der Corona-Krise verzeichnete. „Ich denke momentan nicht an Gewinn, sondern Ziel ist es, aus der Verlustzone zu kommen und eine schwarze Null zu erreichen.“

Auch bei der Block Gruppe ist die Lage angespannt. „Der Umsatz der 14 Block Häuser in Hamburg liegt bei etwa 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Während es in den Stadtteilen wieder gut anläuft, ist die Nachfrage an unseren Standorten in der Innenstadt eher gering, hier fehlen uns definitiv die Touristen“, sagt Stephan von Bülow, Vorsitzender der Geschäftsführung. Die fehlen auch im Blockbräu an den Landungsbrücken: „Dort haben wir einen Umsatzeinbruch von 80 Prozent. Das ist wirklich dramatisch. Wir müssen die Kosten für Miete und Strom für unsere Flächen zahlen, auch wenn wir deutlich weniger einnehmen.“

Erfreulicher sei die Situation der neun Jim-Block-Filialen. In den Burgerlokalen liegt der Umsatz bei etwa 70 Prozent Auch das Luxushotel Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee gehört zur Block Gruppe. In dem Fünf-Sterne-Haus ist das italienische Restaurant Piazza Romana nach wie vor geschlossen, in der Brasserie ist die Nachfrage sehr verhalten. „Normalerweise essen auch viele Hotelgäste in unseren Restaurants, aber bei einer Zimmerauslastung von zehn Prozent und keinem Tagungsgeschäft fehlen diese Gäste.“ Aber es gibt einen Lichtblick. Das exklusive Steak-Restaurant Theos im Haus sei gut nachgefragt, und deshalb „öffnen wir jetzt auch an den Sonntagen“, so von Bülow.

Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

  • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum, und halten Sie mindestens 1,50 Meter Abstand zu anderen Personen
  • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
  • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
  • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
  • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an Ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden

Gastronomie: Hamburger sind noch vorsichtig

Auch Leslie Lenz Himmelheber, Gastgeber im Lenz in Duvenstedt, spürt die Zurückhaltung der Gäste: „Sonnabends sind wir ganz gut gebucht, und die Stammgäste halten uns die Treue, aber grundsätzlich sind die Menschen noch vorsichtig.“ Was den Gastronomen zusätzlich umtreibt, sind die bevorstehenden Sommerferien und die Sorge, dass sich das Alstertal dann merklich leere: „Mag sein, dass man in diesem Sommer nicht in die Ferne fliegt, aber nach Sylt und an die deutsche Küste wird es viele ziehen.“ Die finanziellen Einbußen seien deutlich spürbar, und Himmelheber fürchtet eine „Pleitewelle in der Branche“.

In den beiden Vlet-Restaurants an der Alster und in der Speicherstadt ist das Geschäft nach der Öffnung auch eher ruhig angelaufen. „Gerade in der Speicherstadt sind wir freitags und sonnabends zwar wirklich gut gebucht, aber die Auslastung ist natürlich gar nicht mit der Zeit vor dem Lockdown zu vergleichen“, sagt Marco Buße, der als Food & Beverage Director für beide Restaurants verantwortlich zeichnet. Man achte selbstverständlich exakt auf die Einhaltung aller Hygieneregeln, aber die Gäste seien trotzdem noch zögerlich. Für den Sommer ist Buße aber optimistisch: „Viele verbringen ihren Urlaub in Deutschland, und Hamburg ist auch bei Touristen aus Deutschland als Ziel einer Städtereise beliebt.“

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Unterdessen gibt es Lokale, die noch gar nicht wieder geöffnet haben. Im Empire Riverside Hotel am Hafen werden das Fischrestaurant Waterkant und die David’s Lounge und Bar vorerst geschlossen bleiben. Zeit lässt sich auch das Tortue in den Stadthöfen. Das Bou­tique­hotel mit den Restaurants Brasserie und Jin Gui wird erst Ende Juli öffnen.