Hamburg. “Die Rechte“ ist erneut vor Gericht gescheitert. Es wurde noch eine Demonstration in Harburg verboten.
Traditionell ist der 1. Mai der Tag der großen Demonstrationen in Hamburg. In diesem Jahr ist es anders. Massenaufmärsche wird es wegen der Coronapandemie nicht geben. So hat der Deutsche Gewerkschaftsbund alle Demonstrationen abgesagt. Allerdings wollen viele Verbände, Institutionen und politische Richtungen den Tag dennoch nutzen, um Präsenz zu zeigen. Insgesamt wurden im Vorfeld des 1. Mai bislang rund 47 Demonstrationen (Stand Mittwoch, 10 Uhr) angemeldet.
Vor allem linke Gruppen, aber auch bürgerliche haben für den 1. Mai im Zusammenhang mit einer geplanten Kundgebung von Rechtsextremen um Neonazi Christian Worch, der in Harburg aufmarschieren will, Protest angekündigt. So soll es 13 Mahnwachen geben. Zehn sind in Harburg geplant, zwei in der Hamburger Innenstadt und eine in Bergedorf, wo ursprünglich die Demonstration der Rechtsextremen stattfinden sollte.
Behörde genehmigte bislang sechs Demonstrationen
Inzwischen ist jedoch klar, die Rechtsextremen dürfen am ZOB in der Hannoverschen Straße in Harburg keine Kundgebung abhalten. Die Versammlungsbehörde hatte zunächst in Rücksprache mit der Gesundheitsbehörde den Aufmarsch der Partei "Die Rechte" mit dem Tenor "Zuwanderung bewirkt Sozialabbau: Gegen die rote und die goldene Internationale – heraus zum 1. Mai!" nicht genehmigt.
Gegen die Verbotsverfügung ging der Veranstalter gerichtlich vor. Am Mittwochnachmittag bestätigte das Verwaltungsgericht die Entscheidung der Behörden. Sowohl Worch wie auch die Innenbehörde hatten zuvor angekündigt, alle Instanzen auszuschöpfen, um jeweils ihre Position durchzusetzen. Am Dienstag sagte Innensenator Andy Grote (SPD) noch: "Wir werden die Untersagung dieser Versammlung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und durch alle Instanzen durchsetzen."
OVG bestätigt Verbot von rechts- und linksextremistischer Kundgebung
Am Donnerstag hat dann auch das Oberverwaltungsgericht Hamburg das von der Stadt aus Gründen des Infektionsschutzes ausgesprochene Verbot zweier von Rechts- und Linksextremisten angemeldeter 1. Mai-Kundgebungen bestätigt. Eilanträge der Anmelder gegen gleichlautende Entscheidungen des Verwaltungsgerichts lehnte das OVG ab. Die Antragsteller hätten nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die wegen der Corona-Pandemie geltenden Kontaktbeschränkungen vorliegen, teilte ein Sprecher mit. Die Entscheidungen seien unanfechtbar. Die Kundgebung der Neonazis war vom Ex-Vorsitzenden der vom Verfassungsschutz beobachteten Partei Die Rechte, Christian Worch, angemeldet worden. Unter dem Titel „Wer lebt eigentlich von deiner Miete? Kapitalismus raus aus den Häusern!“, wollten Linksextremisten ebenfalls im Stadtteil Harburg auf die Straße gehen.
Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde
- Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum, und halten Sie mindestens 1,50 Meter Abstand zu anderen Personen
- Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
- Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
- Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
- Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an Ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden
1. Mai: 47 Demos in Hamburg trotz Corona
Rechtliche Schritte gegen die Verbotsverfügung hat auch der Veranstalter Ali S., angekündigt. Er gilt als führender Kopf beim „Roten Aufbau“, einer kommunistischen Gruppierung. Er will eine „Revolutionäre 1. Mai Demo“ veranstalten, die auf dem Kiez stattfinden soll. In den vergangenen Jahren kam es bei Demonstrationen dieser Gruppierung immer wieder zu Konfrontationen mit der Polizei.
Nach dem Verbot hat der Anmelder bislang keine Rechtsmittel eingelegt, sondern eine neue, fast identische Demonstration angemeldet, die ebenfalls verboten wurde. Die Methode der „Neuanmeldung“ war von der Gruppierung in der Vergangenheit immer wieder angewandt worden.
Bislang wurden von den 47 in Hamburg angemeldeten Demonstrationen vier von den Anmeldern wieder abgesagt. Es sind vor allem kleine Kundgebungen, die coronakonform abgehalten werden, die angemeldet wurden. "Sechs Versammlungen werden nach erfolgreichen Kooperationsverhandlungen unter den genannten Voraussetzungen genehmigt", sagt Polizeisprecherin Evi Theodoridou. 33 Versammlungen werden derzeit noch geprüft oder mit der Gesundheitsbehörde abgestimmt.
Vier Demonstrationen sind untersagt worden
"In vier Fällen sind keine Ausnahmegenehmigungen erteilt worden, weil trotz der durchgeführten Kooperationsgespräche aufgrund der zu erwartenden Teilnehmerzahlen oder der Art der Durchführung ein Infektionsschutz nicht gewährleistet wäre", erklärt Theodoridou.
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Corona-Auflagen schrecken Demonstranten ab
Ob am 1. Mai überhaupt alle bislang angemeldeten Veranstaltungen stattfinden, ist offen. „In den letzten Tagen änderte sich die Zahl der Anmeldungen fast stündlich“, heißt es aus der Polizei. Mit jedem Anmelden wurden Kooperationsgespräche durchgeführt, die es sonst nur im Fall besonders brisanter Demonstrationen gibt.
Alle Demonstrationen sind aktuell mit hohen Auflagen belegt. So müssen Mindestabstände zwischen den Teilnehmer eingehalten und auch eine besonders hohe Zahl von Ordnern gestellt werden. Schon das hatte im Vorfeld zu einigen „Rückziehern“ geführt.
Die Polizei wird für den 1. Mai gut aufgestellt sein. Hamburg kann auch mit Einsatzkräften aus anderen Bundesländern rechnen. So werden Polizeieinheiten aus dem sogenannten „Nordverbund“, aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Niedersachsen kommen. Zusätzlich wurden die Alarmabteilungen der Polizei Hamburg aufgerufen, die aus Polizisten der Wachen zusammengesetzt sind.
Bereits in der Nacht zum 1. Mai werden mehrere Hundertschaften der Bereitschaftspolizei im Bereich Kiez im Einsatz sein, nachdem es in der Vergangenheit in dieser Nacht immer wieder zu Ausschreitungen kam.
Polizei rechnet mit Farbanschlägen auf Gebäude
Am 1. Mai wird sich das Einsatzgeschehen über den ganzen Tag ziehen. Erste Kundgebungen, darunter auch die Versammlung vom „Bündnis 1. Mai, für die weiter mobilisiert wird, sollen bereits am Vormittag stattfinden. Am Abend ab 20 Uhr soll das der „Revolutionäre 1. Mai“ stattfinden, der ebenfalls verboten ist. Die Polizei will Ansammlungen schnell auflösen. Es wird aber damit gerechnet, dass es militante „Ersatzaktionen“, beispielsweise Farbanschläge auf Gebäude, geben wird.
Auch das "1. Mai Bündnis" hat für seine Demonstration mit dem Tenor "Wer lebt eigentlich von deiner Miete? Kapitalismus raus aus den Häusern!" keine Ausnahmegenehmigung erhalten und ebenfalls angekündigt, gerichtlich gegen diese Entscheidung vorzugehen.
Fraglich ist, wie sich die linksextreme Szene verhalten wird, die in den vergangenen Jahren den 1. Mai regelmäßig für Demonstrationen genutzt hatte. Auch der „Schwarzrote 1. Mai“, eine Demonstration der linksautonomen Szene gegen den Noenaziaufmarsch in Harburg, ist verboten worden, weil nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden öffentlich mobilisiert worden war. Auch gegen diese Verbotsverfügung will man rechtlich vorgehen.
Die Polizei wird in jedem Fall mit einem Großaufgebot am 1. Mai und in der Nacht zuvor im Einsatz sein.