Hamburg. Beim 71. Presseball redeten viele über die Bürgerschaftswahl am 23. Februar – aber auch über den Elbschlosskeller auf dem Kiez

Beim 71. Hamburger Presseball am Sonnabend, zu dem sich die Polit- und Medienprominenz im Festsaal des Hotels Atlantic traf, stand die Bürgerschaftswahl 2020 am 23. Februar absolut im Mittelpunkt. Obwohl der Wahlkampf offiziell auf Eis lag, war die politische Farbpalette – und mögliche neue Mischungen – Thema des Abends.

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagte zwar: „Wir machen heute eine Pause vom Wahlkampf.“ Widerworte kamen von Katharina Fegebank (Grüne), Hamburgs Zweiter Bürgermeisterin: „Wenn man ehrlich ist, drehen sich die meisten Gespräche doch um den Wahlkampf. Richtig Pause ist nicht.“ Sie ist Tschentschers Koalitionspartnerin – und Herausforderin.

Die beiden Spitzenpolitiker saßen nicht am selben Tisch. Mit Absicht: „Sicher ist sicher“, sagte Peter Ulrich Meyer, Vorsitzender der Landespressekonferenz Hamburg und Chef der Landespolitik beim Hamburger Abendblatt, mit einem zwinkernden Auge in der Eröffnungsrede. „Der Wahlkampf wird hanseatisch geführt und, ich hoffe, das wird auch so bleiben“, so Meyer.

Tschentscher droht mit Wahlkampf – spricht aber doch lieber über Journalismus

Der Erste Bürgermeister nutze die ausgelassene Stimmung, um selbst mit einem Scherz zu beginnen: „Wer mir mitten im Wahlkampf ein Mikro in die Hand drückt, ist mutig.“ Weitere politische Statements folgten nicht – bis auf die Schlusspointe: „Bis zum nächsten Jahr“. Dazwischen konzentrierte sich Tschentscher auf den Journalismus, lobte dessen gesellschaftliche Relevanz für die Demokratie. „In Hamburg gibt es eine breite Medienlandschaft und das soll so bleiben“, sagte er und sprach sich für den Erhalt der „Hamburger Morgenpost“ aus.

Mit Blick auf die Medienlandschaft rief Presseball-Moderator Yared Dibaba (NDR) zu fundierter Recherche auf. Fernsehmoderator Jörg Pilawa warnte vor Falschmeldungen. „Wir brauchen mehr Infos hinter den Schlagzeilen, gerade in Zeiten von Fake News in den USA, Russland und der Türkei. Wir müssen uns fragen, ‚was ist real?‘ und Archivbilder kenntlich machen“, sagte Pilawa.

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Erich-Klabunde-Preis für "Elbschlosskeller – Hamburgs härteste Kiezkneipe"

Im Fokus des Presseballs steht auch sozialkritischer Journalismus. Jährliches Highlight ist die Verleihung des Erich-Klabunde-Preises. Dieses Mal überreichte Marina Friedt, die Hamburger Vorsitzende des Deutschen Journalisten Verbands (DJV), die Auszeichnung an die Fernsehautoren Katrin Brinkmann und Patrick Wulf. Mit ihrer halbstündigen NDR-Dokumentation „Elbschlosskeller – Hamburgs härteste Kiezkneipe“ gewannen sie das Preisgeld von 2500 Euro. Der Elbschlosskeller gilt seit 1952 als Heimathafen mancher Kiez-Bewohner.

Mit dem Preis ehrte die Jury das Team für ihr einfühlsames Porträt. Die Journalisten würden „auf ganz besondere Weise den sozialen Zusammenhalt auf dem Kiez“ widerspiegeln. Brinkmann dankte in ihrer Dankesrede „den Menschen im Elbschlosskeller, sie haben uns ihr Herz geöffnet.“ Wulf appellierte an die Gäste: „Wir würden uns freuen, wenn wir Sie alle im Elbschlosskeller begrüßen könnten. Mutige vor!“ Die Dokumentation wird am Freitag, dem 7. Februar, um 21.15 Uhr im NDR-Fernsehen wiederholt.

Von den insgesamt 44 Bewerbungen gingen erstmals mehr digitale als Printformate ein. Der Preis geht ins Jahr 1957 und auf Erich Klabunde zurück. Er setzte sich für einen demokratischen Rundfunk ein und baute den DJV mit auf.

Currywurst und vegane Burger

Nach der Preisverleihung und dem Gala-Büfett luden die Debütanten zum Tanz im Großen Festsaal ein. Dann – kurz vor dem Mitternachtssnack mit Currywurst und veganen Burgern – überreichte Moderator Dibaba die Tombola-Gewinne, darunter ein Wempe-Anhänger und eine viertägige Reise nach Budapest. Der Abend wurde musikalisch begleitet vom Galaorchester Soulisten, Stargast Stefan Gwildis und DJ Mats.

"Zeit"-Geschäftsführer Rainer Esser lobte das traditionsreiche Programm: „Hier sind viele nette Menschen vor Ort.“ Auch die Zweite Bürgermeisterin Fegebank war zufrieden, sprach aber einen Wunsch aus: „Ich bin eine Freundin davon, mit der Zeit zu gehen und sich der aktuellen Lage anzupassen.“ Sie begrüße neue Ideen für die Abendgestaltung, sei sich aber bewusst, dass viele Gäste traurig wären, wenn am Programm etwas geändert würde.

Im vergangenen Jahr war lange unklar, ob der Presseball in seiner Form weiterbestehen könnte. Die Veranstalter rangen um finanzielle Unterstützung, die Zukunft war ungewiss. Diese Sorge stellt sich im laufenden Jahr nicht mehr: Dank der breiten Unterstützung seitens der Asklepios Kliniken, von Vattenfall und anderer Geldgeber sei der Presseball vorerst gesichert.